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Kosten von 47 Millionen Euro

Kreis Böblingen: Meilenstein beim Wiederaufbau der Vergärungsanlage

In Anlehnung an den Automobilbau, in dem die Montage von Antriebseinheit und Karosserie als „Hochzeit“ bezeichnet wird, wird auch die Zusammenführung der Fermenterhülle mit dem Paddelrührwerk ebenso bezeichnet.
Von Peter Maier
Der Geschäfdtsführer der des Herstellers Thöni Industriebetriebe GmbH erklärt Landrat Roland Bernhard die Funktionsweise des Fermenters. Bild: Markus Schwarz

Der Geschäfdtsführer der des Herstellers Thöni Industriebetriebe GmbH erklärt Landrat Roland Bernhard die Funktionsweise des Fermenters. Bild: Markus Schwarz

Kreis Böblingen. Die Rede ist vom Herzstück der Vergärungsanlage – den beiden Fermentern – auf der ehemaligen Deponie Leonberg. Am Montag, ist dieser Meilenstein beim Wiederaufbau der Vergärungsanlage erreicht worden. Die Fermenter sind zwei riesige Behälter, in deren Inneren die biologischen Abfälle vergären und mittels Rührwerke durchmischt werden. Durch den Prozess entsteht Biogas, das als grüne Energiequelle fossile Energieträger ersetzen kann und dem Klimaschutz hilft.

Gebaut und betrieben wird die Vergärungsanlage von der interkommunal getragenen Bioabfallverwertung GmbH Leonberg. Aufsichtsratsvorsitzender ist Landrat Roland Bernhard, der sich über den wichtigen Meilenstein des Bauprojekts freut: „Deutschland hat erkannt, wie sehr es von ausländischem Gas abhängig ist. Wir müssen uns um die eigene Energiesicherheit selber kümmern. Dazu haben wir auf kommunaler Ebene viele Gestaltungsmöglichkeiten. Lokale, regenerative Energiegewinnung bedeutet mehr Sicherheit und mehr Klimaschutz. Mit diesem Projekt werden die Chancen für innovative Technologien bei der Bioabfallvergärung und insbesondere bei der Verwertung des Biogases durch Methanisierung und CO2-Verflüssigung optimal genutzt.“ Der Landrat freut sich besonders über die interkommunale Kooperation mit dem Landkreis Esslingen und den Stadtwerken Sindelfingen.

Das Herzstück der Anlage kommt aus Österreich

Das Herzstück der Anlage, die Vergärungstechnologie, kommt von der Bietergemeinschaft Thöni / Börgel, vertreten durch die Firma. Thöni Industriebetriebe GmbH aus Telfs (Österreich). Die Kosten hierfür sind mit 14,4 Millionen Euro veranschlagt. Es umfasst das Eintrags- und Austragssystem und zwei liegende Fermenter mit jeweils 2250 Kubikmetern Volumen, die mit eine Länge von rund 34 Metern, Breite und Höhe von jeweils ca. 11 Metern direkt im Anschluss an die Aufbereitungshalle gebaut werden. Dazu gehören auch die gesamte Biogastechnik mit Biogasreinigung und Gasspeicher sowie eine dreistufige Gärrestentwässerung und Gärrestkonditionierung. Das Presswasser wird in Zwischenspeichertanks eingeleitet und gesteuert in den Entwässerungskanal zur Kläranlage Leonberg abgeleitet. Der konditionierte beziehungsweise getrocknete Gärrest geht anschließend ins Kompostwerk nach Kirchheim unter Teck zur Herstellung von gütegesichertem Kompost. Bereits im Frühjahr 2019 hatte man einen Kapazitätsausbau der Vergärungsanlage beschlossen. Jedoch war sie im selben Jahr aus ungeklärten Gründen vollständig abgebrannt. Die gesamten Kosten für den Bau der Halle und der Anlagentechnik für Vergärung, Methanisierung und CO2-Verflüssigung einschließlich neues Betriebsgebäude und sonstigen Gewerken belaufen sich voraussichtlich auf rund 47 Millionen Euro.

Die Anlage soll im Herbst 2024 fertiggestellt werden. Der Anlagenteil für die Methaniserung wird nicht bei der Vergärungsanlage, sondern bei der ehemaligen Kreismülldeponie Sindelfingen errichtet. Das Biorohgas wird dazu per Leitung transportiert. Der Vorteil: So kann das Methangas direkt in das Fernwärmenetz der Stadtwerke eingespeist werden. Dieses interkommunale Projekt der beiden Landkreise zusammen mit Stadtwerken leistet einen bedeutenden Beitrag für den Klimaschutz, indem jährlich ca. 12.300 Tonnen Treibhausgase eingespart werden.