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Böblingen: Zwei junge Amerikanerinnen nehmen am Austauschprogramm des Bundestags teil

„Hier wird mehr diskutiert als in den USA“

Sechs Monate sind Paige Joyce und Lauren Traversa jetzt in Deutschland. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz hat die beiden als Pate für alle im Landkreis untergebrachten Stipendiaten zum Frühstück ins Café Schilling eingeladen. Es wurde ein reger Austausch über die Unterschiede in der Sprache, in der Kultur, in der Politik und beim Kochen.
Von unserem Mitarbeiter Andreas Denner
Lauren Traversa (links) und Paige Joyce berichten Marc Biadacz über ihre Erfahrungen in Deutschland. Bild: Denner

Lauren Traversa (links) und Paige Joyce berichten Marc Biadacz über ihre Erfahrungen in Deutschland. Bild: Denner

Die blonde Paige Joyce ist 18 Jahre alt. Sie stammt aus Florida und will irgendwann Politikwissenschaft studieren. Da trifft es sich gut, dass sie zunächst für ein SPD-Büro in Stuttgart tätig war und seit drei Monaten im Jugendhaus in Untertürkheim arbeitet. Sie habe vor ihrer Abreise von Deutschland nur wenig gewusst, „wie die meisten Amerikaner“, erklärt sie. Jetzt ist sie beeindruckt von der kulturellen Vielfalt. Nachdem sie erst einmal die Sprachhürde genommen hatte („Deutsch ist eine sehr schwierige Sprache“), hat sie gelernt, dass in Deutschland viele Menschen mit Migrationshintergrund leben.

Lauren Traversa ist 20 und Auszubildende. Sie stammt aus Virginia, hat aber nach ihrem Studium der Ernährungswissenschaften in New York ein paar Monate in der Disneyworld in Orlando gearbeitet. Ihre ersten Stationen waren im Café Schall und bei Frech. Da hat sie auch Schwäbisch gelernt. Das sei für Amerikaner viel einfacher als Hochdeutsch, weil die Aussprache nicht so hart ist. Nun arbeitet sie im Marriott Hotel in Sindelfingen.

Was halten die jungen Amerikanerinnen für den größten Unterschied in der Politik und im Leben zwischen den USA und der Bundesrepublik? „Bei uns gibt es nur zwei Parteien,“ fällt Joyce auf, „hier gibt es viel mehr.“ Es werde viel mehr diskutiert, als in den USA. Für junge Leute sei es hier viel einfacher in die Politik zu kommen. Besonders aufgefallen ist ihr das Recycling Programm. Diese Mentalität der Nachhaltigkeit habe nach ihren Beobachtungen auch Auswirkungen auf das tägliche Leben.

Traversa pflichtet ihr bei, denn als Köchin hat sie bemerkt: „Hier gibt es viel Gemüse zu kaufen, es ist viel leichter, gesund zu kochen.“ Ihre Erfahrungen will sie irgendwann einmal in ein Schulungsprogramm für benachteiligte Kinder einfließen lassen, denen sie gern zeigen würde, wie gesunde Ernährung zu schaffen ist.

Lieblingsessen: Maultaschen

Welches Essen lieben die beiden denn? „Maultaschen“, kommt es spontan bei Joyce. Köchin Lauren ist da differenzierter: „Schupfnudeln“, das liebt sie. Mit oder ohne Sauerkraut? „Natürlich mit Sauerkraut“, stellt sie unmissverständlich klar.

Natürlich kommt auch die Frage an die Girls nach dem Präsidenten der USA. Beide erklären „nicht unbedingt Trump-Unterstützer“ zu sein. Paige Joyce wird konkreter: Hierzulande werde über politische Sachthemen diskutiert, in Amerika würde vor allem eine moralische Auseinandersetzung geführt. Das werde auch durch das System gefördert, das dazu führe, dass die Stimmen der Wähler, die den Präsidenten nicht gewählt haben, unter den Tisch fallen.

Wie wichtig denn soziale Medien sind, will Biadacz wissen. Erstaunlicherweise seien Facebook, Twitter und Co hierzulande wichtiger für die Amerikanerinnen, um zu wissen was die Freunde so tun, aber auch um Kontakt mit der Heimat zu halten. Lauren Traversa sieht aber auch die Gefahren, das hat sie bei einem Medien-Seminar in Nürnberg gelernt. Viele Menschen in den Staaten würden sich nur noch in den Medien informieren, die ihnen genehme Dinge berichten. Ein Austausch mit Andersdenkenden finde so nicht mehr statt.

Was er als Bundestagsabgeordneter denn tun könne, fragt Marc Biadacz. Paige Joyce weiß etwas: In Amerika werde das Austauschprogramm immer wieder mal infrage gestellt, besonders die Finanzierung sei immer gefährdet. Biadacz solle sich doch dafür einsetzen, dass das Programm weiterläuft. Biadacz verspricht das und geht noch weiter: „Der Schüleraustausch ist weithin bekannt, ich möchte aber, dass auch viele Azubis teilnehmen.“

So lernen Paige Joyce und Lauren Traversa, dass es viel leichter ist, mit einem Bundestagsabgeordneten ins Gespräch zu kommen, als mit einem US-Kongressabgeordneten. Noch liegen sechs Monate vor den beiden. Gelegenheit, noch viel mehr zu lernen.