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Böblingen/Sindelfingen: Die italienische Automobil-Edelmarke Pagani öffnet auf dem Flugfeld einen Showroom / Selbst auf der Warteliste ist kein Platz mehr frei

PS-Träume, die keiner kaufen kann

Von unserem Redakteur Jürgen Wegner
Dieser Zonda F gehört zur persönlichen Sammlung von Horacio Pagani. Nur kurz durfte er raus auf den Gehweg an der Wolfgang-Brumme-Allee. Wert: nicht zu beziffern. PS: wahrscheinlich ein paar mehr als die 650, die dieses Modell normalerweise hat (Bild: Wegner).

Dieser Zonda F gehört zur persönlichen Sammlung von Horacio Pagani. Nur kurz durfte er raus auf den Gehweg an der Wolfgang-Brumme-Allee. Wert: nicht zu beziffern. PS: wahrscheinlich ein paar mehr als die 650, die dieses Modell normalerweise hat (Bild: Wegner).

Keiner kann dieses Auto kaufen. Genau genommen gilt das für alle Pagani, die in den nächsten drei Jahren produziert werden. Besonders aber für diesen weißen Zonda im neuen Showroom in der Motorworld. „Er gehört zur persönlichen Sammlung von Horacio Pagani“, sagt General-Manager Andrew Skey, der sich in Böblingen um den Showroom der italienischen Edelmarke kümmert. Selten trägt ein Showroom seinen Namen mit solch einer Berechtigung.

Einladend steht das Zig-Millionen-Euro-Modell mit seinen ausladenden Hüften da. Ein Zonda F mit seinem charakteristischen Auspuff-Quartett. 12 Zylinder aus der Affalterbacher AMG-Schmiede stecken unter der eleganten Motorhaube. In jedes Schräubchen ist der Name Pagani gelasert. Eigentlich sollte das 7,3-Liter-Modell 650 PS haben, doch weil es dem Meister selbst gehört, könnten es auch ein paar mehr sein. So genau weiß man das nicht.

Er brüllt wie ein Löwe

Für die SZ/BZ startet Andrew Skey den ausnahmsweise den Motor. Der Mann weiß genau, was er tut, nicht umsonst betreut der Engländer seit Jahren den McLaren-Standort der Dörr-Group auf dem Flugfeld, die jetzt um die italienische Edelmarke reicher ist. Sanft drückt er aufs Gas und der Pagani brüllt wie ein Löwe. Härchen stellen sich auf.

Vor einer Woche war es sogar noch eine Spur emotionaler. Da hatte sich der exclusive Showroom in das Wohnzimmer von Horacio Pagani verwandelt. Der Argentinier, Gründer des Supersportwagen-Herstellers Pagani Automobili, feierte seinen 63. Geburtstag. Gastgeber Rainer Dörr, der schon die anderen großen Namen McLaren, Lamborghini, Lotus und Bugatti unter seinen Fittichen hat, sagte: „Wir fühlen uns sehr geehrt, dass wir ein Teil der Familie Pagani sind und freuen uns, dass Pagani nun ein Teil vom Team Dörr ist.“

Die 60 Gäste, alles liebe Bekannte, Kunden und enge Freunde der Familie, genossen die Pastinakencreme-Suppe mit Trüffel, Thunfisch mit Quinoa und zweierlei Rind, die Vincenzo Paradiso als Küchenchef der Genussakademie Targa Florio kredenzte. Sie lauschten zur glutenfreien Geburtstagstorte der Piano-Untermalung auf dem Steinway & Sons-Flügel. Dann öffnete sich der Vorhang und ein Huayra Roadster tauchte unterm Trockeneis-Vorhang für eine kurze Stippvisite auf dem Flugfeld auf, bevor es wieder zurück in die Emilia Romagna ging. Anders als der Zonda wird dieser Wagen noch gebaut – die Chance, einen jemals zu besitzen, ist aber gering.

Noch nicht gebaut und schon verkauft

„Alle 100 Exemplare, die in der Manufaktur in Modena bis in die Jahre 2020/21 entstehen, sind reserviert und verkauft“, sagt Andrew Skey. Weitere 40 Huayra folgen danach – noch exklusiver und auch schon versprochen. Es geht freundlich und familiär zu. Man kennt sich und man schätzt sich.

Auch die ganz Reichen brauchen Glück, den richtigen Riecher und ein gutes Händchen, um vielleicht einen Wagen zu ergattern, den es noch gar nicht gibt. „Unseren Kundenstamm halten wir auf dem Laufenden. Vielleicht können wir 2019 kommunizieren, was nach dem aktuellen Huayra kommt“, sagt Andrew Skey, der ein bisschen andeutet, wie so ein Kauf abläuft. „Das kann man sich nicht wie in einem üblichen Automobil-Zentrum vorstellen. Bei den Kundengesprächen geht es vor allem ums Kennenlernen. Das ist fast so wie ein Tanz.“

Die Kunden selbst halten sich bedeckt, und Andrew Skey möchte keine Namen nennen. Dass Lewis Hamilton einen Pagani fährt, ist kein Geheimnis. Ansonsten gilt: Über den Pagani spricht man nicht, den fährt man, wenn man kann. Auch der Chef persönlich legt großen Wert darauf, jeden Kunden persönlich zu kennen. Schließlich verkauft Horacio Pagani keine Autos, sondern individuelle Kunstwerke – die enorme Wertsteigerung erfahren.

15 Millionen Euro

Die ursprünglichen Modelle wechseln so gut wie nie den Besitzer. Falls doch, schießen die Preise in den Himmel. Hatte ein Zonda in den 90ern 300 000 bis 400 000 Euro gekostet, geht es auf dem Gebrauchtwagenmarkt in die Millionen. Und der Pagani Zonda HP Barchetta ist mit 15 Millionen Euro so schon der vielleicht teuerste Neuwagen der Welt.

Für Rainer Dörr ist der jüngste Schachzug ein Kunstgriff. „Als wir bei einem Besuch im Firmensitz in San Cesario sul Panaro Horacio persönlich kennenlernten, wusste ich sofort, dass diese Marke einfach zu uns passt“, verriet er bei der Geburtstagsfeier seinen Gästen. 2011 hatte er die erste eigene McLaren-Dependance in Frankfurt eröffnet, 2013 kam der Showroom auf dem Charles-Lindbergh-Platz 1 hinzu. Noch im selben Jahr beauftragte Lamborghini Automobili Rainer Dörr, gemeinsam die italienische Edelmarke nach Frankfurt zu bringen.

Mit der Übernahme von McLaren München in 2014 ist die Dörr Group mit drei Standorten der weltweit größte McLaren-Händler der Carbonschmiede aus Woking bei London. Im Mai kam die Marke Lotus ins Programm, kurz darauf folgten die Werksvertretungen von Bugatti in Frankfurt und München. Und jetzt eben Pagani im Standort mit heute acht Mitarbeitern auf dem ehemaligen Landesflughafen.

PS-geschwängert, ultraleicht, jedes Stück ein Unikat, feinstes Leder, Karbon und Liebe zum Detail: Horacio Pagani ist seiner Idee treu geblieben. Die argentinische Rennfahrerlegende Juan Manuel Fangio hatte den Konstrukteur und Designer einst beraten. Ab 1999 war es der Zonda, der sich auf den argentinischen Föhnwind Zonda bezieht, und jetzt der Windgott Huayra, der ab 1,5 Millionen Euro aufwärts den Besitzer wechselt. Mit seinen Flügeltüren schaffte er Träume – die man sich aber nicht einmal mit einem Sack voll Geld kaufen kann, weil andere schneller waren.