

Böblingen/ Schönaich . Donnerstagabend, 16. März: Blaulicht auf der Panzerstraße von Schönaich in Richtung Böblingen. Vor einem Auto liegt ein Reh. Es ist bei vollem Bewusstsein, aber schwer verletzt und kann nicht mehr flüchten. Die Polizei informiert den zuständigen Jagdpächter (Name der SZ/BZ bekannt), dieser muss anrücken und das Tier mit einem Messer von dem Leid erlösen. Tragisch: Es trägt zu diesem Zeitpunkt zwei Junge im Bauch. Auch diese überleben den Unfall nicht.
Es ist nur ein Beispiel von mehreren Wildunfällen, die es an dieser Stelle gibt. Auch eine Woche später, in den Morgenstunden des 22. März, verlor ein Reh auf diese Weise sein Leben. Im Januar war es ein Rehkitz. Nun macht eine Online-Petition zu dieser Thematik im Internet die Runde: „Stoppt die tödlichen Wildtierunfälle an der Panzerstraße“, fordert Initiatorin Nina Warga. Mit Unterschriften (Stand 2. April: 318) wolle man sich gemeinsam für die Rehe des Böblinger Stadtwaldes einsetzen. Zudem wird im Rahmen dessen ein Wildzaun, eine Geschwindigkeitsbegrenzung und die Platzierung mehrerer Warnschilder gefordert.
Kein Wildzaun an dieser Stelle
In den Kommentaren der Petition kommt unter anderem zur Sprache, ob nicht ein Wildzaun hätte installiert werden können. Im Zuge des Radwegeneubaus wäre dies aber abgelehnt worden: „Das Thema Wildwechsel entlang der Panzerstraße war ausführlich zwischen den zuständigen Behörden im Landratsamt, bei der Stadt, der Jägerschaft und der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) erörtert worden“, sagt Benjamin Lutsch, Pressesprecher des Landratsamts Böblingen. So einigte man sich darauf, den Radweg mit einer Böschung zu bauen, damit das Wild weiterhin die Möglichkeit habe, die Straße zu überqueren. Auch Krötenschutzmauern und Amphibientunnel wurden gebaut. „Über Wildtierzäune im Bereich der Unterführung wurde diskutiert, aber von der Wildtierforschung der FVA als nicht zielführend angesehen. Nach Abwägung der verschiedenen betroffenen Belange wurde letztendlich darauf verzichtet.“ Nach der Bauphase haben die Revierpächter auf eigene Kosten die von Wildtieren genutzte Unterführung mit der Pflanzung neuer Sträucher optimiert – in der Hoffnung, dass diese dann bevorzugt den Weg unter der Brücke gehen.
„Jeder Unfall ist einer zu viel“, sagt der Jagdpächter. In den letzten 12 Monaten wären drei Rehe, eins davon trächtig, auf diese Weise zu Tode gekommen. „Das hätte man mit der Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verhindern können.“
Aktuell Tempo 100 erlaubt
Die Hauptunfallstelle befindet sich zwischen Tor 4 der Panzerkaserne und dem Kreisverkehr am Ortseingang von Schönaich. „Wir reden hier von einem Kilometer Strecke und einem Abschnitt von 200 bis 300 Metern, auf dem das Wild die Straße wechselt“, sagt der zuständige Jäger. Hier gelte für Verkehrsteilnehmer eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde. Auf der weiteren Panzerstraße gilt 70.
Wenn in 60 Metern Entfernung ein Reh auftaucht, kann laut Informationen des Deutschen Jagdverbands ein Autofahrer mit Tempo 80 gerade noch stoppen. Mit 100 Kilometern pro Stunde ist der Zusammenstoß nicht zu vermeiden. Bei diesem hat das Auto noch mehr als Tempo 60 drauf. Das Aufprallgewicht eines 25 Kilogramm schweren Rehbocks beträgt dann 800 Kilogramm.
Das Landratsamt sieht auf Nachfrage der SZ/BZ aktuell keinen Handlungsbedarf. „Da es im vergangenen Jahr lediglich drei Unfälle mit Wildtieren entlang der Panzerstraße gab, sind die damals mit allen Beteiligten abgestimmten Maßnahmen wirkungsvoll“, sagt Benjamin Lutsch. Hier wäre kein Unfallschwerpunkt in Bezug auf Wildunfälle erkennbar.
Wie kann ein Wildunfall am besten verhindert werden?
Was ist nach einem Zusammenstoß zu tun?