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„Was zwischen Schwanz und Rüssel ist“

Der dichtende Gastwirt im Böblinger Fleischermuseum

„Was zwischen Schwanz und Rüssel ist“: Am Freitag gibt es in Böblingen ein lyrisches Stelldichein mit Johann Jacob Lehr.
Von Peter Maier
Jan Wiechert schlüpft in die Rolle des dichtenden Wirts. Bild: z

Jan Wiechert schlüpft in die Rolle des dichtenden Wirts. Bild: z

Böblingen. Einen ganzen Abend lang geht’s im „schrägsten Haus der Stadt“ um den dichtenden Gastwirt Johann Jacob Lehr. Jan Wiechert hat seine Gedichte neu herausgebracht und präsentiert sie am Freitag, 22. September, 19 Uhr. Hohe Kunst zum Anbeißen lecker im Deutschen Fleischermuseum (Marktplatz 27) in Böblingen.

Wenn bei Molino, dem Hausverlag des deutschen Fleischermuseums, ein Band mit leckeren, volksnahen und gelegentlich deftigen Versen eines Hohenloher Gastwirts aus dem 19. Jahrhunderts erscheint, dann kommt natürlich der Herausgeber für eine fröhliche Lesung ins schrägste Haus der Stadt.

Worum wird es gehen? Zuerst ein lyrisches ‚Amuse-Bouche‘:

„Der Herr ist mein getreuer Hirt,

Und wird mich nicht verlieren,

Er führet uns zum Adlerwirth,

Der wird uns gut tractiren.“

(Johann Jacob Lehr, 1850)

Fast ein halbes Jahrhundert lang begrüßte Johann Jacob Lehr (1787–1864) seine Gäste im Wirtshaus zum Adler in Pfedelbach. Besondere Bekanntheit erlangte er allerdings nicht als Gastronom, sondern durch seine mehr als 100 humorigen Gedichte. Lehr nutzte sein lyrisches Talent nicht zuletzt, um für sein Wirtshaus zu weben. So ließ er häufig Verse ins Oehringer Intelligenzblatt setzen, um potentielle Gäste auf Metzelsuppen, Kirchweihtanz und andere Festivitäten aufmerksam zu machen.

In anderen Texten erweist sich Lehr als gewitzter, oft spöttischer Erzähler oder gar als dichtender Streithansel, wie mehrere gegen ihn geführte Verleumdungsprozesse belegen. Selbst seine Korrespondenz, bis hin zu einer Bitte um Steuererleichterung, wusste der Adlerwirt in Reime zu kleiden.

„Was zwischen Schwanz und Rüssel ist“ – so heißt das Buch des Herausgebers Jan Wiechert, in das er 65 Gedichte des Adlerwirts, eine ausführliche Biographie und eine profunde Einführung ins Werk hineingepackt hat. Allein der Titel hätte schon gereicht, um mit diesem Werk die offene Museumstüre einzurennen.

Wiechert ist freiberuflicher Autor, Referent und Dozent – ein klassisches Käpsele also. Die Anthologie mit der Lyrik des Adlerwirts ist seine fünfte eigenständige Publikation. Historisches und gelegentlich Abgründiges aus der Hohenlohe ist sozusagen sein Fachgebiet.

Kräftige Verse, ein knackiger Vortrag und einem kleiner thematisch passender Imbiss: Der Eintritt ist frei, für Jan Wiechert geht der Hut rum. Es besteht natürlich die Möglichkeit, druckfrische Bücher zu erwerben und signieren zu lassen.