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Kreis Böblingen: Bei der Deutschen Bahn denkt man über Video-Reisezentren an den Bahnhöfen in Böblingen und Herrenberg nach / Regionalverband ist optimistisch

Fahrplan-Beratung via Bildschirm

Der Kunde spricht mit einem Mitarbeiter der Deutschen Bahn – allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern via Videoübertragung: Was bislang eher in ländlichen Regionen praktiziert wurde, könnte nun auch im Ballungsraum eingeführt werden – und zwar unter anderem in Herrenberg und in Böblingen. Damit einhergehen könnten reduzierte Öffnungszeiten an den Schaltern.
Von unserem Mitarbeiter Konrad Buck

Der Verband Region Stuttgart, der Besteller der S-Bahn-Leistungen, will ein zukunftsfähiges Mobilitätsangebot einrichten. Zu diesem Zukunftsthema gehört auch der Wandel, dem die Vertriebswege unterworfen sind: Immer mehr Fahrscheine werden auf digitalem Wege verkauft.

Der Regionalverband hat die DB Regio AG im Verkehrsvertrag verpflichtet, entsprechende Vorschläge vorzulegen, wie man den Vertrieb unter dieser Prämisse weiterentwickeln könnte. Ein mögliches Szenario sind Video-Reisezentren. Eingeführt im Jahre 2013 mit einem Pilotprojekt im Schwarzwald, wird diese neue Form des Vertriebs mittlerweile auch bundesweit eingesetzt.

Die DB hat solche Video-Reisezentren an solchen Bahnhöfen installiert, an denen sie ihr örtliches Personal abgezogen hat – die mit Personen besetzten Schalter sind also geschlossen worden, beispielsweise an einigen Stationen entlang der Schwarzwaldbahn oder in Riedlingen (Landkreis Biberach). In den Video-Reisezentren stellt der Kunde über eine Ruftaste den Kontakt zu einem Reiseberater in der Zentrale her.

Der Berater schaltet sich via Kamera und Mikrofon auf den jeweiligen Bildschirm. Der Kunde kann die Aktivitäten seines Gegenübers auf einem Monitor neben dem Bildschirm verfolgen. Abschließend zahlt der Kunde am modifizierten Fahrkartenautomaten in der Seitenwand des Video-Reisezentrums mit Bargeld oder Karte.

In Baden-Württemberg finden sich solche Video-Reisezentren bislang vor allem entlang der Schwarzwaldbahn, in Tübingen auch als Ergänzung zu den mit leibhaftigen Personen besetzten Schaltern. Laut DB-Angaben kann man an den Video-Reisezentren die gleichen Leistungen in Anspruch nehmen wie an den herkömmlichen Schaltern. Als Vorteil benennt die DB den Umstand, dass es keine Schließzeiten wegen Krankheiten oder Pausen gibt. Die Mitarbeiter, die sich zuschalten, sollen in der Region stationiert sein, um die Kunden auch mit regionalen Angeboten beraten zu können. Als möglicher Standort wird Ludwigsburg gehandelt.

In Herrenberg und Böblingen sollen die mit Personen besetzten Schalter aber nicht geschlossen, sondern allenfalls die Öffnungszeiten reduziert werden. „Das hängt von den Umsatzzahlen ab“, erklärt DB-Pressesprecher Werner Graf. Reduziert werden könnten die Öffnungszeiten (in Herrenberg derzeit werktags von 6.50 bis 18 Uhr und samstags von 8.30 bis 13 Uhr) zu nachfrageschwächeren Zeiten. Das Video-Reisezentrum könnte in Herrenberg und Böblingen also den personenbedienten Verkauf ergänzen – dabei handelt es sich um ein sogenanntes „Hybridmodell“, das sogar einen 24-Stunden-Service beinhalten könnte.

Neben Böblingen und Stuttgart sind auch Städte wie Leonberg, Backnang und Waiblingen als „Hybridstandorte“ vorgesehen. In kleineren Städten wie Fellbach oder Marbach sollen die Video-Reisezentren die Schalter allerdings komplett ersetzen.

Beim Regionalverband steht man den Plänen wohlwollend gegenüber. „Das ist eine Chance, weil das Video-Reisezentrum nicht viel anders als ein Schalter ist“, meint Dr. Jürgen Wurmthaler, Leitender Direktor für Wirtschaft und Infrastruktur beim Verband Region Stuttgart.

Die möglichen 24-Stunden-Servicezeiten könnten sich aus seiner Sicht auch deshalb positiv auswirken, weil die nächtliche Betriebspause an Werktagen künftig deutlich kürzer sein wird als bisher, denn der Regionalverband bestellt zusätzliche Fahrten. So könnten sich die Kunden auch außerhalb der Schalteröffnungszeiten an eine Servicekraft wenden.

Der Verkehrsausschuss des Regionalparlaments hat die Geschäftsstelle des Regionalverbands beauftragt, ein Modell zu erarbeiten, wie man diese Vertriebswege weiterentwickeln könnte. Der Verkehrsausschuss befürwortete den Prüfauftrag, forderte aber, die ergänzenden Video-Reisezentren zunächst dort zu testen, wo noch Personal vor Ort ist – also als Ergänzung zu den personenbedienten Verkaufsstellen.

Ein solches Video-Reisezentrum wie hier in Fallingbostel könnte es künftig auch in Herrenberg und Böblingen geben. Bild: DB