Großer Bahnhof für Hans-Jörg Zürn
Sindelfingen. Die letzten Sätze gehören Hans-Jörg Zürn. Er hat einmal gelernt, wichtige Botschaften in Ich-Form zu übermitteln. Zur Belegschaft sagt er: „Ich wünsche euch allen, dass ihr später so wie ich sagen könnt: 'Ich war immer gerne ein Röhmer'.“ Dr. Christian und Dr. Andreas Röhm wünscht er Geschick bei der Leitung des Unternehmens, damit dieses familiengeführt und selbstständig bleibt und auch die Werte erhalten bleiben. Und er wünscht, dass sich die beiden auch weiterhin auf kreative und loyale Mitarbeiter verlassen können.
Es sind gute Wünsche vor dem Buffet mit Pulled Pork und Cevapcici. Schon zuvor hatte es viele warme Worte gegeben, die den Chefredakteur der SZ/BZ und Verlagsleiter von Röhm-Medien, Jahrgang 1957, in den Ruhestand begleiten. Wobei Ruhestand die halbe Wahrheit ist. Weiterhin wird er Messen verantworten, als Moderator auftreten und für Regio-TV Stadtgespräche führen. Sehr sanft ausgedrückt: Eine Zäsur ist es dennoch. In 44 Jahren führt sein Weg im Haus Röhm vom Sportvolontär zum Verlagsleiter und vom jüngsten zum ältesten Angestellten. Redaktionsleiter Tim Schweiker, der für die Freitagausgabe den jetzt ehemaligen Chef porträtierte und die Feier moderiert, spricht passend gar von einem „historischen Moment zum Ende einer alles andere als alltäglichen Karriere“.
Drei Generationen Röhm als Verleger hat Hans-Jörg Zürn erlebt. Eingestellt von Werner Röhm, über Jahre gefördert und gefordert von Dr. Wolfgang Röhm, schließlich an der Seite von Dr. Christian Röhm auf dem Weg von der „Verlagstante SZ/BZ zum modernen Medienhaus“.
So beschreibt es der Geschäftsführer des Verbands deutscher Lokalzeitungen, Martin Wieske. Für diesen Tag ist er extra mit seiner rechten Hand Daniela Braun aus Berlin eingeflogen. Dass Hans-Jörg Zürn im Verband den Digitalausschuss leitet, ist für manchen Gast eine Nachricht wert.
"Hartnäckig" und "unbeirrbar"
Digital ist auch die Botschaft von Dr. Wolfgang Röhm, der krankheitsbedingt nicht vor Ort sein kann, aber per Videobotschaft beste Grüße, Lob, Dank und Anerkennung ausspricht und vor allem Hans-Jörg Zürns Innovationskraft und Ideenfreude unterstreicht. Das Haus Röhm habe auch deshalb viel erreicht, weil Hans-Jörg Zürn sich mit dem Erreichten nicht zufrieden gegeben hat.
Der heutige Verleger Dr. Christian Röhm findet ähnliche Worte. „Hartnäckig“, „unbeirrbar“ sind beschreibende Vokabeln. Dabei sei der Kern eines Menschen aber im Detail zu finden. Zum Beispiel in einer Szene im August bei den Livekonzerten von „Sindelfingen rockt“, als Hans-Jörg Zürn mit seinem typischen Grinsen einen Stapel Probeabos aus der Tasche zieht. „Gespräche führen, das Letzte für das Produkt gewinnen, höchste Identifikation“, schätzt Dr. Christian Röhm auch diese Eigenschaften besonders. Oder anders: „Wo Hans-Jörg Zürn ist, ist die SZ/BZ. Man kommt an ihm nicht vorbei – höchstens mit einem Probe-Abo.“
Landrat Roland Bernhard unterstreicht den Wert des Lokaljournalismus und die Bedeutung eines Journalisten wie Hans-Jörg Zürn, der „immer knitz aussieht und doch so zielstrebig unterwegs ist. Kritische Nähe, kritische Distanz, das hat ihn immer ausgezeichnet und zu einer kritisch-konstruktive Begleitung geführt.“ Dafür bedankt sich der Chef der Landkreis-Verwaltung, „und das behalte ich in bester Erinnerung“.
Doch was schenkt man einem, der so viel erreicht hat? Von der Geschäftsführung gibt es das Golf-Wochenende und mit SZ/BZ gebrandete Golfbälle. 44 an der Zahl, für jedes Dienstjahr einer. Die Kollegen haben süße Schokoladengrüße, die Azubis Kim Bukovac, Emily-Sophie Henne und Emma Beelmann überreichen Dominosteine in der Mega-Schachtel – auch dieser Mann hat seine Schwächen. Es gibt ein Quiz und Zeitungswerfen, und dann noch eine Rede wie eine schwäbische Liebeserklärung von Hanno Kluge, zehn Jahre lang Autor der Käsreiter-Geschichten, die so viel Heimat bündeln und immer mit einem „Ha, no“ beginnen.
Damals, 2005, habe Hans-Jörg Zürn den Käsreiter und damit Hanno Kluge über das Taufbecken gehalten und ins kalte Wasser fallen lassen. Ein Dank, wie es nur ein Schwabe formulieren kann. Und dann sagt der Käsreiter: „Der Hans-Jörg isch mei' Papa“.