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Peter Nill vom Maichinger Multimediafriseur

Maichingen: Multimedial und innovativ in die Zukunft

Vor 30 Jahren, genauer gesagt, am 3. August 1993 hat der frischgebackene Friseurmeister Peter Nill den Maichinger Friseur-Familienbetrieb Widmann mit 3 Mitarbeitern übernommen. Mittlerweile ist Peter Nills Team beim Multimediafriseur auf 28 Menschen angewachsen. Der Friseurmeister hat im Laufe der 30 Jahre 60 junge Menschen zu Friseurinnen und Friseuren ausgebildet.
Von Konrad Schneider
Peter Nill vom Maichinger Multimediafriseur und seine neue Auszubildende Fransiska aus Indonesien.

Peter Nill vom Maichinger Multimediafriseur und seine neue Auszubildende Fransiska aus Indonesien.

Maichingen. „Stillstand ist Rückschritt“: So lautet die Maxime von Peter Nill. Als er 1993 den Maichinger Friseur Widmann übernahm, waren nur kleinere Umbaumaßnahmen möglich, aus finanzieller Sicht. Dies sollte sich acht Jahre später ändern, als er im Jahr 2001 den Salon in der Sindelfinger Straße 40 bis auf die Grundmauern ausbeinte, eine komplette neue Elektroinstallation legte, und von Grund auf neu konzipierte.

Nill hatte in einem Friseurmagazin eine futuristische Grafik entdeckt, wie wohl ein Friseur der Zukunft aussehen könnte. Damals, 2001, gab es noch keine Smartphones, und so war auf dieser Graphikzeichnung zu sehen, wie ein Friseurkunde neben dem Haareschneiden, vor einer Tastatur saß und in einen Bildschirm blickte. Diese Grafik hatte es ihm angetan, und so war die Idee von Deutschlands erstem Multimediafriseur geboren. Peter Nill ließ von der Stuttgarter Einrichtungsfirma Olymp den Salon konzipieren und nach seinen Plänen 3 multimediale Friseurplätze bauen.

„Ein Flachbildschirm war in den Spiegel installiert, eine spritzwassergeschützte Tastatur war auf Brusthöhe der Kunden. Kopfhörer, welche von unten in den Ohren hingen, versorgten die Kunden mit Ton. So konnten die Kundinnen und Kunden, neben dem Haareschneiden einen TV-Sender verfolgen, per Highspeed im Internet surfen oder Mails schreiben. Was heute selbstverständlich klingt, war damals revolutionär“, erinnert sich Peter Nill zurück. Wie gesagt, es gab noch keine Smartphones. Zum Warten, saßen die Kunden in Kinosesseln vor der Rezeption und konnten auf 6 TV-Bildschirmen das Fernsehprogramm ihrer Wahl verfolgen. Auch da kam der Ton aus Kopfhörern, welche an jedem Kinosessel installiert waren. Auch für das erste Terminbuchungsprogramm Deutschlands für Friseure, genannt E-Cut, welches bis heute zu den erfolgreichsten Friseurprogrammen gehört, war Peter Nill unterstützend tätig.

2016 wurde der Salon erneut komplett umgebaut. Mittlerweile gab es Handys und die Internetplätze waren nur noch bei Kindern beliebt, welche neben dem Haareschneiden ein Kinderprogramm anschauen konnten und dadurch stillhielten. Multimedial sollte es weiterhin bleiben, und so wurde der neue Salon wieder modern gestaltet mit Klimaanlage und WLAN. Naturvideos auf 9 Bildschirmen zwischen den Friseurplätzen und Ambiente-Beleuchtung werden je nach Jahreszeit angepasst. Das Team ist mittlerweile auf 18 Menschen gewachsen.

2018 auf 23 Bedienplätze vergrößert

Schon bald kamen die Räumlichkeiten an ihre Belastungsgrenze und so kam es gerade zur richtigen Zeit, dass das Ladengeschäft neben dem Salon leer stand. Die Vermieter beider Geschäfte stimmten zu, und so wurde 2018 ein Durchbruch zwischen den beiden Läden gemacht und der Salon auf insgesamt 240 Quadratmeter und 23 Bedienplätze vergrößert.

Die unmittelbar darauffolgende Corona-Zeit überstand Peter Nill ganz gut und so ging die Entwicklung weiter. Peter Nill hat bis heute über 60 junge Menschen zu Friseurinnen und Friseuren ausgebildet, aber Bewerbungen für den Ausbildungsberuf kamen kaum noch rein. Peter Nill überlegte, warum der Friseurberuf nicht mehr attraktiv war und erinnerte sich noch an die Stimmen und Argumente von damals, als er Friseur werden wollte: man muss samstags arbeiten, wenn die Freunde frei haben, man verdient nicht viel und generell die langen Arbeitszeiten.

„Es gibt nur zwei Möglichkeiten“ so Peter Nill, „entweder man ärgert sich und sucht nach Schuldigen, warum man keine Auszubildenden mehr bekommt oder man muss vielleicht den Beruf neu denken und an die neue Generation anpassen.“ Dies hat er getan und mit durchschlagendem Erfolg. Neben dem weit überdurchschnittlichen Lohn, welchen Nill eh schon seit Jahren bezahlt führte er für sein Team 2023 die Viertagewoche ein, bei gleichem Lohn aber nur noch 36 Wochenarbeitsstunden. Und er schloss samstags den Salon, damit seine Mitarbeiter ein „normales“ Wochenende für ihre Familie und Partner haben. Durch diese Veränderungen und entsprechende Werbung kamen wieder reichlich Bewerbungen, so dass sein Team auf mittlerweile 28 Menschen angewachsen ist.

Diese Werbung um Auszubildende wurde auf Facebook auch einer jungen Frau in Indonesien eingeblendet. „Vor 6 Monaten erhielt ich eine Bewerbung, in perfektem Deutsch, von einer jungen Frau aus Indonesien“, so Peter Nill. „Ich war zuerst etwas misstrauisch, aber nach einigen Face-Time-Gesprächen mit der Dame, ihr Name ist Fransiska, fand ich es eine tolle Sache und Herausforderung, einem Menschen vom anderen Ende der Welt den Wunsch nach einer Friseurausbildung bei uns zu ermöglichen.“

Und so sendete er einen Arbeitsvertrag nach Indonesien womit Fransiska, die keinen Nachnamen hat, da dies in Indonesien lange verboten war, ein Arbeitsvisum beantragen konnte. Und so entwickelte sich die Sache immer weiter, bis die junge Frau schließlich am 1. August in Stuttgart landete und mittlerweile die Ausbildung beim Multimediafriseur begonnen hat. „Fransiska wurde sofort herzlich vom Team und den Kunden aufgenommen und zeigt sehr viel Engagement“, sagt Peter Nill.

Mittlerweile denkt Peter Nill darüber nach, welche Verbesserungen und Neuerungen er noch für seine Mitarbeiter und Kundinnen und Kunden umsetzen kann, denn bald sind auch die vorhandenen Räumlichkeiten in den nächsten Jahren ausgelastet. „Stillstand ist Rückschritt“, so Peter Nill, „und es gibt noch so viel zu tun. Die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende.“