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Die Hochzeit im Jahr 1452

Als in Böblingen der Bär los war

Am Samstag, 16. September 15 Uhr lädt Dr. Günter Scholz zu einem kulturhistorischen Vortrag „Als in Böblingen der Bär los war – der Schlossberg und seine Geschichte“ im Großen Sitzungssaal des Rathauses ein.
Von Peter Maier
Die kolorierte Radierung von G. Ebner zeigt das Böblinger Schloss um das Jahr 1420. Bild: Stadtarchiv Böblingen

Die kolorierte Radierung von G. Ebner zeigt das Böblinger Schloss um das Jahr 1420. Bild: Stadtarchiv Böblingen

Böblingen. Der ehemalige Leiter des Archivs, der Museen und des Amtes für Kultur hat sich als Stadthistoriker viele Jahre mit der Geschichte des Böblinger Schlosses beschäftigt. Im Museum Zehntscheuer hat er zum Thema die Sonderausstellungen „Fürstliche Witwen auf Schloss Böblingen“ (1987) und „Das Schloss sich hoch erhebend“ (1997) organisiert.

Nur noch der Name „Schlossberg“ erinnert heute an das Böblinger Schloss von einst. Dabei hat es ein dreiviertel Jahrtausend lang die Stadtsilhouette von Böblingen geprägt. Als wehrhafte Burganlage des Mittelalters, als Zentrum höfischer Kultur an der Schwelle zur Neuzeit, als städtisches Schulzentrum im bürgerlichen Zeitalter und als Mahnmal der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bildete es ein steinernes Zeugnis der Stadtgeschichte von erstem Rang.

Der Vortrag, ergänzt durch historische Abbildungen, lässt die reiche Geschichte der Böblinger Residenz lebendig werden. Seine bedeutendste Zeit hat das Schloss bereits im 15. Jahrhundert als Witwensitz des Hauses Württemberg erlebt. Die kunstsinnige Gräfin Mechthild von der Pfalz, Witwe von Graf Ludwig I. von Württemberg, führte auf Schloss Böblingen ein für die damalige Zeit ungewöhnlich selbstbestimmtes Leben und scharte Poeten und Künstler um sich. 1452 heiratete sie in Böblingen in zweiter Ehe Erzherzog Albrecht VI. von Österreich, Bruder von Kaiser Friedrich III. Damit wurde sie nach der Kaiserin zur ranghöchsten Dame des Reiches.

Die Böblinger Hochzeit von 1452 steht der prunkvollen „Landshuter Fürstenhochzeit“ von 1475 in nichts nach. In Landshut wird alle vier Jahre in einem prächtigen Event daran erinnert. Im schnelllebigen Böblingen ist das glanzvollste Ereignis der Stadtgeschichte vergessen. Später haben sich um den Ausbau des Schlosses die Herzöge Ulrich und Christoph verdient gemacht. Herzog Karl Alexander schätzte Böblingen als Jagdschloss. An seine Jagdleidenschaft erinnern noch heute die Pirschgänge auf Böblinger Markung.

Herzog Karl Eugen und seine Geliebte und spätere Ehefrau Franziska von Hohenheim machten auf ihren Ausfahrten gern Station auf Schloss Böblingen. Dort redete die sittenstrenge Pietistin dem despotischen Herzog ins Gewissen. Natürlich lüftet der Vortrag auch die Geheimnisse um die mit dem Schloss verbundene Böblinger Bärentradition. Beim verheerenden Luftangriff vom 7./8. Oktober 1943 brannte der bis dahin erhaltene Südflügel des Schlosses aus. Anfang 1950 wurde die Schlossruine abgebrochen, obwohl ein Wiederaufbau möglich gewesen wäre. Seitdem hat Böblingen seine Stadtkrone verloren. Dort klafft bis heute eine schmerzliche Lücke.