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Prävention sexueller Gewalt

Böblingen bekommt eine Citykirche und eine Segensstelle für Stadt und Bezirk

Die Bezirkssynode im evangelischen Kirchenbezirk hat sich mit dem Zielstellenplan 2030 beschäftigt und die Konsequenzen daraus gezogen.
Von Peter Maier
Die Leiterin der kirchlichen Verwaltungsstelle Cornelia Reinhardt, Kirchenbezirksrechnerin Maren Stepan, der Vorsitzende der Bezirkssynode Arnd Rehn und Dekan Markus Frasch (von links) bei der Bezirkssynode.

Die Leiterin der kirchlichen Verwaltungsstelle Cornelia Reinhardt, Kirchenbezirksrechnerin Maren Stepan, der Vorsitzende der Bezirkssynode Arnd Rehn und Dekan Markus Frasch (von links) bei der Bezirkssynode.

Bild: Kobler

Kreis Böblingen. Die Bezirkssynode im Evangelischen Kirchenbezirk Böblingen weitreichende Entscheidungen zu Kooperationsräumen, Betriebsseelsorge und Prävention sexualisierter Gewalt gefällt. Der Beschluss über den Zielstellenplan 2030 für die verbleibenden Pfarrstellen im Kirchenbezirk war in einem breiten Diskussionsprozess unter Beteiligung aller Kirchengemeinden vorbereitet worden.

Seit Herbst 2022 arbeiteten die Gemeinden an der Frage, wie sie die hohe Pfarrstellenkürzungsvorgabe aus Stuttgart vor Ort umsetzen können. Weil eine Reduzierung der Pfarrstellen um rund ein Drittel dazu führen wird, dass sich die Arbeit in den Pfarrämtern grundlegend verändern muss, entschied die Synode, im Bezirk sechs Kooperationsräume zu bilden. In diesen überschaubaren Bereichen werden die Kirchengemeinden und Pfarrämter zukünftig sehr eng zusammenarbeiten. Durch die Teamarbeit kann dann manches ausgeglichen werden. Aber es wird in diesen Nachbarschaftsräumen nicht mehr in jedem Ort alle kirchlichen Angebote geben. Nur so wird es möglich sein, die schrumpfende Zahl an Gemeindegliedern in einer realistischen Struktur abzubilden. Wie die verbleibenden Pfarrstellen in diesen Kooperationsräumen verortet werden, musste in der Synode entschieden werden. Da zeigte sich, dass die Gespräche trotz der Frustration über die hohen Kürzungsvorgaben überall sehr konstruktiv verlaufen waren.

Abschließend gab es in der Synode nun keine lange Debatte mehr. Mit großer Mehrheit bestätigte die Synode den Antrag des Kirchenbezirksausschusses, der die Ergebnisse aus den Kooperationsräumen zusammengetragen hatte. Im Rahmen des Zielstellenplans wurde von der Synode auch entschieden, dass die sogenannte Transformationsstelle mit einem zweigeteilten Dienstauftrag versehen wird. Mit 50% sollen von dieser Stelle Vertretungsdienste im ganzen Kirchenbezirk erledigt werden. Die zweite Hälfte der Stelle wird die Arbeit der Betriebsseelsorge fortsetzen. Die 100%ige Pfarrstelle für Betriebsseelsorge entfällt spätestens am Jahresende 2024.

Mit dem Einsatz der Transformationsstelle kann diese Arbeit nun immerhin mit einer halben Pfarrstelle fortgesetzt werden. Außerdem wurde im Zielstellenplan 2030 von der Synode festgelegt, dass die Pfarrstelle an der Böblinger Stadtkirche mit einem besonderen Dienstauftrag „Citykirche und Segensstelle für Stadt und Bezirk“ versehen wird. Sie soll sich verstärkt um neue Formen der Begleitung von Menschen in besonderen Lebenslagen kümmern und damit über die Stadt Böblingen hinaus in den ganzen Kirchenbezirk wirken. Nachdem die Synode den Zielstellenplan mit großer Mehrheit bestätigt hatte, bedankte sich Dekan Frasch bei allen Beteiligten für die konstruktiven Gespräche und die bemerkenswerte Kompromissbereitschaft. Das zweite große Thema des Abends war die Prävention sexualisierter Gewalt. Miriam Günderoth, Referentin für Prävention in der Fachstelle sexualisierte Gewalt im evangelischen Oberkirchenrat, führte ausführlich in die Thematik ein und regte die Synodalen auch zu Gesprächen über Fallbeispiele sexualisierter Gewalt aus dem Gemeindealltag an. Das Gewaltschutzgesetz der Landeskirche, das seit November 2022 in Kraft ist, verpflichtet alle Dienststellenleitungen, Menschen in kirchlichen Räumen vor sexualisierter Gewalt zu schützen, unabhängig davon, ob sie Angebote in der Kirche wahrnehmen oder in ihr mitarbeiten.

Das ist ein hoher und neu festgeschriebener Anspruch, der weit über den Schutz von Kindern und Jugendlichen hinaus geht, der schon seit zehn Jahren fest in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit verankert ist. Pfarrerin Dr. Beate Kobler, Referentin bei Dekan Markus Frasch, erläuterte der Synode, wie der Kirchenbezirk Böblingen diesem Anspruch nachkommen wird. Im kommenden Jahr wird in einer Gruppe ein Schutzkonzept für den Kirchenbezirk erarbeitet. Darin werden sowohl die vorhandenen Risiken für sexualisierte Gewalt als auch die schon erfolgten Schritte der Prävention in den Blick genommen. Zudem werden in diesem Schutzkonzept Präventionsmaßnahmen festgelegt und Interventionspläne erarbeitet, nach denen bei Verdachtsfällen gehandelt werden muss. Wenn dieses Schutzkonzept fertiggestellt und verabschiedet ist, kann es von den Kirchengemeinden des Bezirks als Orientierungshilfe für ihre eigenen Schutzkonzepte verwendet werden.

Im Jahr 2024 wird es zunächst fünf Präventions-Schulungen für alle Hauptamtlichen geben. Eingeladen sind Pfarrerinnen und Pfarrer, Jugendreferentinnen und Jugendreferenten und alle Mitarbeitenden in den unterschiedlichen Chören. Im kommenden Jahr sollen dann alle Ehrenamtlichen in den Gemeinden geschult werden, sofern sie bisher noch keine Schulung im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit durchlaufen haben. Durch diese umfassenden Maßnahmen sollen die Risiken sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche minimiert und die Chancen erhöht werden, dass Betroffenen geglaubt und geholfen wird. Einmütig setzte die Synode ein Zeichen dafür, dass sie Verantwortung übernehmen wird für den Schutz und die Sicherheit aller, die im Raum der Kirche zusammenkommen.