Cannabis-Legalisierung: Fluch oder Segen?
Sindelfingen. Die geplante teilweise Freigabe von Cannabis* ist in Deutschland nach wie vor politisch umstritten. Nun hat die Bundesregierung die teilweise Legalisierung auf den Weg gebracht. Nach den Plänen der Ampel-Regierung sollen Kauf und Besitz von Cannabis künftig erlaubt sein, wenn auch stark reglementiert.
PRO: Eine glaubwürdige Drogenpolitik
Von Tobias Bacherle, Bundestagsabgeordneter Bündnis 90/Die Grünen
Die Legalisierung von Cannabis rückt näher – und mit ihr auch ein stärkerer Jugend- und Gesundheitsschutz.Dass Cannabis konsumiert wird, ist schon jetzt trotz Verbot Realität. Allerdings wird es in den allermeisten Fällen auf dem Schwarzmarkt erworben. Das birgt viele Risiken, denn die Produkte können nicht kontrolliert werden. Häufig werden gefährliche Streckmittel eingesetzt, um den Profit zu vergrößern. Unter dieser schlechten und unberechenbaren Qualität leiden am Ende nur die Konsumierenden. Der Kaufprozess auf dem Schwarzmarkt führt zu weiteren Risiken.
Mit der Legalisierung wird der längst stattfindende Konsum endlich sinnvoll reguliert und Konsumierende bekommen legale Alternativen. So verbessern wir den Gesundheits- und Jugendschutz und beenden endlich die massenhafte Kriminalisierung von Erwachsenen. Mit der kontrollierten Abgabe können wir den Verkauf von verunreinigtem und gestrecktem Cannabis verhindern und damit für den bestmöglichen Gesundheitsschutz der Konsumierenden sorgen.
Nicht zuletzt bindet die derzeitige Strafverfolgung große personelle und finanzielle Ressourcen bei Polizei und Justiz, ohne im Ergebnis den Zugang für Jugendliche hinreichend zu verhindern, den Konsum zu verringern oder den Schwarzmarkt zu verdrängen. Die Legalisierung bedeutet nicht, Gefahren des Konsums herunterzuspielen oder zu ignorieren. Mit ihr minimieren wir sie, sorgen für mehr Transparenz, eine bessere Aufklärung und schützen damit Minderjährige.
Das Gesetz zu Legalisierung wird evaluiert und die kommerzielle Abgabe von Cannabis in einem Modellvorhaben wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Wir schaffen so eine glaubwürdige, faktenbasierte Drogenpolitik.
CONTRA: Es gibt kein Recht auf Rausch
Von Marc Biadacz, Bundestagsabgeordneter der CDU
Es gibt kein Recht auf Rausch. Besonders dann nicht, wenn die Gesundheit junger Menschen gefährdet ist. Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nimmt die Zahl an psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren zu.Wie in einer solchen Situation die Minister Karl Lauterbach, Cem Özdemir und die Ampel-Regierung auf die Idee kommen können, den Weg für die Cannabis-Legalisierung freizumachen, ist mir schleierhaft. In nahezu jedem Lebensbereich spricht die Bundesregierung den Bürgern ab, selbst eine mündige Entscheidung zu treffen. Ob bei Werbung für Süßigkeiten oder dem Einbau von Öl- und Gasheizungen – man verweist auf die Wissenschaft und fordert Verbote.
Doch ausgerechnet bei der Cannabis-Legalisierung will man die Wissenschaft nicht hören. Dabei warnen Wissenschaftler beispielsweise der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Kinder- und Jugendärzte vor einer Legalisierung und den Folgen. Der Konsum von Cannabis erhöht bei Jugendlichen die Wahrscheinlichkeit an Psychosen, Depressionen, Angststörungen oder bipolaren Störungen zu erkranken. Die Erfahrung anderer Länder sollte Warnung sein. In den US-Staaten, die Cannabis legalisiert haben, hat die Zahl der regelmäßigen Konsumenten nach der Legalisierung signifikant zugenommen. Außerdem ist dort eine Häufung von Unfällen in Zusammenhang mit Cannabiskonsum zu beobachten.
Doch all das scheint die Ampel-Politiker nicht zu interessieren. „Hört auf die Wissenschaft!“ – möchte man der Regierung zurufen. Statt den Weg für die Legalisierung zu ebnen, sollten Hilfsangebote ausgebaut werden und der starke Rechtsstaat kriminelle Drogendealer konsequenter verfolgen. Daher werde ich im Bundestag gegen die Legalisierung von Cannabis stimmen.
Info
Cannabis ist der Name der indischen Hanfpflanze, die den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) enthält. Bekannt sind zwei Cannabis-Produkte als Rauschmittel: Marihuana und Haschisch. Ersteres bezeichnet die getrockneten Blütenblätter, Stängel und Blätter. Unter Haschisch ist das getrocknete Harz aus den Drüsenhaaren der weiblichen Pflanze.