„Das kann kein Online-Handel bieten“
Die SZ/BZ hat sich mit Henning Mezger über die Online-Konkurrenz, die Strategien und die Zukunft des Einzelhandels unterhalten.
Schon Wochen vor Weihnachten werden die Verbraucher vor allem online mit Rabatt-Aktionen und Lock-Angeboten überschüttet. Was halten Sie davon?
Henning Mezger: „Im allgemeinen Handel hat sich viel geändert. Den klassischen Sommer- und Winterschlussverkauf gibt es so nicht mehr, die Übergänge sind fließend geworden. Der Verbraucher erwartet ständig Angebote und Neues, das bekommt er auch von allen Händlern.“
Kann oder sollte der kleine Einzelhändler da überhaupt mithalten?
Henning Mezger: „Das ist die zweite Sichtweise auf dieses Thema. Bei Marketing-Strategien wie dem ‘Black Friday’ sind vor allem die großen Händler am Zug. Die müssen hier dranbleiben um konkurrenzfähig zu bleiben. Bei den kleineren Händlern sieht das anders aus. Den Großen an dieser Stelle Konkurrenz zu machen bringt nichts. Wir sollten unabhängig von diesen Aktionen unsere eigenen, individuellen Angebote platzieren, denn in diesem Vergleich können wir nicht mithalten.“
Welche Fallen sehen Sie bei solchen Online-Angeboten?
Henning Mezger: „Die Philosophie solcher Angebote im Online-Geschäft ist es, den Bedarf beim Verbraucher durch das vermeintlich unschlagbare Angebot zu wecken, wo vielleicht bisher noch gar kein Bedarf war. Jeder kann online als Ausgangspreise sogenannte Mondpreise wählen und darauf hohe Rabatte gewähren. Das erweckt spontan den Eindruck, dass die Produkte besonders günstig sind und man schnell zuschlagen muss, bevor das Angebot abgelaufen ist.“
Was halten Sie von diesen Vorgehensweisen?
Henning Mezger: „Jeder kauft gerne mal ein Schnäppchen, da kann man es dem Netz-Handel nicht verübeln, dass er solche Praktiken einsetzt. Denn auch der Online-Handel muss nach seinen Kosten sehen. Vor allem die vielen Retouren und deren Aufbereitung sind dabei ein Problem.“
Was würden Sie den Verbrauchern in Hinblick auf solche Rabatt-Aktionen raten?
Henning Mezger: „Ich kann nur raten vor dem Kauf genau nachzuschauen und zu vergleichen, ob der Preis und der Service tatsächlich so gut ist. Nicht jedes Angebot ist ein gutes Angebot.“
Wäre es für Sie eine Option als Einzelhändler ins Online-Geschäft einzusteigen?
Henning Mezger: „Selbst einen Online-Shop aufzubauen ist ein großer Aufwand. Das rechnet sich gerade für kleine Händler in der Regel nicht. Die Energie, die man dort reinsteckt, fehlt einem dann im Geschäft. Und konkurrenzfähig im Netz ist man zu den Großen meist nicht, da diese speziell in diesem Bereich meist professioneller aufgestellt sind. Ich finde es allerdings wichtig, dass der Innenstadthändler einen guten Internetauftritt hat, der über die Öffnungszeiten, Ansprechpartner und die individuellen Angebote informiert.“
Wie kann sich der Einzelhandel dann von dieser Flut an Online-Angeboten abheben?
Henning Mezger: „Bei Aktionen wie dem ‘Black Friday’ geht es im Online-Handel hauptsächlich darum, Umsatz zu machen. Bei uns kleineren Händlern geht es in erster Linie um den Service-Gedanken und darum, den bereits vorhandenen Bedarf der Verbraucher zu decken. Wir gehen auf die Wünsche der Menschen ein. Die Menschen wissen es zu schätzen, dass man sich um sie kümmert und ihnen fundierte Beratung anbietet. Wenn es Fragen oder Reklamationen gibt, kann man direkt zum Händler vor Ort gehen und hat damit den perfekten Ansprechpartner. Das kann kein Online-Handel so anbieten und genau das ist unsere Chance und Stärke.“
Was würden Sie den Einzelhändlern in Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft noch raten?
Henning Mezger: „Neben gutem Service runden ein schönes Ambiente und ein entsprechend breites und durchdachtes Sortiment das Einkaufserlebnis ab.“
In diesem Jahr gibt es in verschiedenen Geschäften in der Sindelfinger Innenstadt für einen Einkauf ab 10 Euro wieder den Sindelfinger Weihnachtstaler.
Henning Mezger: „Das sind genau die besonderen Aktivitäten und Kleinigkeiten, die wir tun können, um uns vom Online-Handel abzuheben. Die Innenstadt-Händler schließen sich für solche Aktionen zusammen und sorgen für die Gewinne für die Kunden und das City-Marketing Sindelfingen bündelt und optimiert das.“
Das heißt, Sie sehen der Zukunft des Einzelhandels trotz der harten Konkurrenz optimistisch entgegen?
Henning Mezger: „Ich glaube, dass es weiterhin attraktive Geschäfte in Innenstädten geben wird. Allerdings nur solche, die aktiv sind. Da gehört viel Einsatz dazu. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass es eine lebendige Innenstadt nur geben kann, wenn es gute Händler gibt. Wenn der Einzelhandel schließen muss, dann ist die Innenstadt tot. Dem müssen Händler und Stadt gemeinsam mit Engagement entgegenwirken.“
Info
Bis zum 15. Dezember gibt es bei teilnehmenden Händlern in der Sindelfinger Innenstadt für einen Einkauf ab 10 Euro einen Sindelfinger Weihnachtstaler, der im Lostopf landet. Ab dem 17. Dezember werden die von den Händlern und Sponsoren gestellten Preise gezogen.