Der Gärtringer Faustball-Schiedsrichter träumt von den World Games in China
Faustball. Eine Gelbe Karte im Faustball? Da muss schon viel passieren. „Ich war der Einzige, der eine gebraucht hat“, sagt Olaf Niemann mit einem Schmunzeln. Nicht, dass er das lustig fände. Viel lieber wäre es ihm gewesen, auch er hätte die Europameisterschaft im schweizerischen Frauenfeld ohne diese Strafe absolviert, aber er greift als Schiedsrichter eben durch, wenn es notwendig ist. Es war im Vorrundenspiel zwischen der Schweiz und Italien. „Ein Spieler der Italiener wollte schon während des Ballwechsels eine Entscheidung von mir nicht akzeptieren. Danach ist er dann auf mich zugestürmt“, erzählt der internationale Schiedsrichter aus Gärtringen. „Dann gibt es eben nichts anderes als die Gelbe Karte.“
Dass es eine heiße Europameisterschaft war, dafür sorgte ansonsten vor allen Dingen das Wetter. Beim Spiel um Platz drei zwischen Italien und der Schweiz zeigte das Thermometer am Nachmittag 33 Grad. Fünf Sätze lang stand Niemann als Hauptschiedsrichter in der Sonne. „Da muss man zwischendurch mal schauen, dass man sich in den Schatten stellt“, meint er. Den Kopf konnte er zumindest mit einer Kappe schützen. „Nur am Fuß habe ich mir einen Sonnenbrand geholt.“
Beim abschließenden Finale, das Deutschland mit 4:3 gegen Österreich gewann, war Niemann dann als Linienrichter im Einsatz. Es war ein packendes Endspiel, in dem der Gärtringer auch als Zuschauer auf seine Kosten gekommen wäre. Den Fan in sich musste er aber ausschalten. „Das funktioniert über die Konzentration“, erklärt er. „Für einen selbst steht immer die eigene Leistung als Schiedsrichter oder Linienrichter im Vordergrund.“ Die passte bei Niemann über die gesamte EM. „Der Schiedsrichter-Beobachter des Weltverbandes hat mir Bestnoten gegeben“, freut sich Niemann. „Und er hat mir ein wenig Honig ums Maul geschmiert.“ Niemann gehöre zur engeren Auswahl jener Referees, die für die World Games im kommenden Jahr in China infrage kommen. „Dafür müsste ich eine komplette Woche Urlaub nehmen, aber das würde ich machen.“
Auf dem Niveau, auf dem sich Niemann bewegt, will in Zukunft auch Lars Mahlitz als Hauptschiedsrichter agieren. Der 45-Jährige vom TSV Gärtringen war in Frauenfeld als Linienrichter im Einsatz. In den deutschen Top-Ligen wird er bereits als Hauptschiedsrichter eingesetzt, die internationale Lizenz ist in Arbeit. Aus der EM hat er viel mitgenommen. „Für mich war das eine spannende Sache, weil ich bei so einem Turnier extrem viel lernen kann“, sagt Mahlitz. Der Tailfinger, der selbst in der dritten Mannschaft des TSV Gärtringen spielt, schaute in Frauenfeld aufmerksam zu, wie die Hauptschiedsrichter agieren.
Der Einsatz auf diesem hohen Niveau bringt ihm einfach auch großen Spaß. Unter anderem bei den World-Tour-Finals war er bereits als Linienrichter im Einsatz. „Die Bälle sind im Männerbereich extrem schnell.“ Die Zeit für solche Turniere muss auch er sich freischaufeln. Mahlitz ist in der Gastronomie tätig. Sein Geld verdient er als Beverage-Manager und Sommelier im Dekra-Congresshotel in Altensteig-Wart. In die Schiedsrichterei ist er mehr oder weniger durch Zufall hineingerutscht. „Ich schaue extrem gerne Faustballspiele an. Bei einem haben sie einen Linienrichter gesucht.“ Mahlitz erklärte sich bereit, den Job zu übernehmen. Damit war die Lunte gelegt. Seit rund vier Jahren hat er die B-Lizenz in der Tasche. Die A-Lizenz, mit der er in Deutschland Bundesligaspiele leiten darf, folgte vor zwei Jahren. „Das Ziel ist es jetzt, internationaler Schiedsrichter zu werden“, sagt er. In Olaf Niemann hat er den richtigen Mann als Abteilungsleiter im Verein. Er ist als Schiedsrichter Mahlitz’ Mentor auf dem Weg zur nächsten Karrierestufe.