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Ein ungewöhnlicher Lebensweg

Deutschlands berühmteste Notärztin in Schönaich

Wirtin, Politikerin, Mutter von vier Kindern. Lisa Federle hat schon viele Stationen abgearbeitet. In ihrer neu erschienenen Biografie erzählt sie von einem Leben, dass nicht immer so verlief, wie sie es sich gewünscht hat.
Von Celine Imensek
Lisa Federle, Dieter Thomas Kug´hn, Philipp Feldtkeller und Bürgermeisterin Anna Walther (von rechts)  bei der Lesung in der Schönaicher Gemeindehalle. Bild Imensek

Lisa Federle, Dieter Thomas Kug´hn, Philipp Feldtkeller und Bürgermeisterin Anna Walther (von rechts) bei der Lesung in der Schönaicher Gemeindehalle. Bild Imensek

Schönaich. Die Inhaberinnen der Schönaicher Buchhandlung Colibri, Anne Lösch und Conny Benning, haben in die Gemeindehalle Schönaich zu einer Buchlesung geladen. Dr. Lisa Federle ist die wohl bekannteste Notärztin Deutschlands und las an diesem Abend aus ihrer Biografie „Auf krummen Wegen gerade aus“ vor. Musikalisch begleitet wurde die gebürtige Tübingerin dabei von ihren langjährigen Freunden Dieter Thomas Kuhn und Philipp Feldtkeller.

Die Schönaicher Bürgermeisterin Anna Walther hat die Veranstaltung eröffnet und kündigte mit Federle eine Frau an, die als Notärztin „mehr einer Berufung, als einem Beruf“ nachgeht und „wie selbstverständlich erkennt, wo Menschen Hilfe brauchen.“

Während der Pandemie rüstet Lisa Federle ihre rollende Arztpraxis, in der sie normalerweise Geflüchtete und Obdachlose versorgt, zur ambulanten Teststation um. Bei dieser ehrenamtlichen Arbeit unterstützen sie die beiden durch Corona eingeschränkten Musiker Kuhn und Feldtkeller tatkräftig. Das schweißt die drei noch stärker zusammen. Mit ihrer frühzeitig eingeführten Teststrategie spielte Federle eine tragende Rolle beim „Tübinger Modell“. Vom 16. März bis 25. April 2021 durfte man in Tübingen mit einem Tages-Pass Einzelhandel und Gastronomie besuchen. Und das während in der restlichen Bundesrepublik alle Einrichtungen aufgrund der Pandemiebeschränkungen geschlossen sein mussten.

Stehlen aus der Not heraus

Doch Federle war nicht immer eine erfolgreiche und angesehene Frau. Mit 17 wurde sie das erste Mal schwanger, hatte einen Partner, der nachts an ihre Tür poltert und sie bedrohte. Zeitweise geht es ihr so schlecht, dass sie in den frühen Morgenstunden einen Supermarkt aufsucht, um Lebensmitteln für sich und ihre Kinder zu stehlen. Frischkäse und Schwarzbrot. „Den Käse kann ich bis heute nicht sehen“, gibt Federle zu. Doch schon seit sie vier Jahre alt ist, hat sie ein klares Ziel vor Augen. Sie will Notärztin werden. Dieses Ziel verliert sie auch dann nicht aus den Augen, als sie verbotenerweise in einem Park eine kleine Fichte fällt, um für ihre Kinder ein Weihnachtsfest mit geschmücktem Baum zu ermöglichen.

290 Besucher in der Schönaicher Gemeindehalle Auf dem zweiten Bildungsweg macht sie ihr Abitur nach, studiert und geht sogar in die Politik. Sie ist beim Grünen-Politiker Boris Palmer auf den Geburtstag eingeladen und findet dort an Getränken nur alkoholfreies Weizenbier vor. Humorvoll beschreibt sie ihren krummen Lebensweg, der sie letztendlich dort hingebracht hat, wo sie schon als Kind sein wollte.

Für die Menschen da

Denn in den schwierigen Phasen ihres Lebens hat sie sich eines versprochen: „Sollte es mir mal besser gehen, werde ich Menschen in Not helfen und diese Zeit nie vergessen.“ Mit ihrem unterhaltsamen Schreibstil reißt sie ihre Leser und auch ihre Zuhörer in Schönaich mit. Die 290 Besucher lachen und singen spätestens beim Klassiker „Über den Wolken“ kräftig mit. Die Stimmung ist ausgelassen und auch die drei auf der Bühne haben ihren Spaß. So verspricht auch Kuhn, sollte er irgendwann sein eigenes Buch zu Papier bringen, er würde für eine Lesung wieder nach Schönaich kommen.