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VfL Sindelfingen

Erst Asche, dann Rot, jetzt Blau: Die Geschichte des Floschenstadions

Am Wochenende wird die sanierte Arena des VfL Sindelfingen eingeweiht. Die SZ/BZ blickt sieben Jahrzehnte zurück und hat zum Teil alte Bilder eingefärbt.
Von Julia De Melo Coelho Cardoso

Aus Vereinen. Sindelfingen sieht blau und die Sportler kehren zurück. Auch wenn manche Arbeiten noch nicht fertig sind – zum Beispiel draußen vor dem Eingang gibt es noch einiges zu tun – gilt die Sanierung des Floschenstadions offiziell als abgeschlossen. Der VfL feiert mit Musikkapelle, Pauken und Trompeten, mit Fußballspielen und Massenyoga, dazu gibt es sogar Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften mit den Langstaffeln. Und für alle am Sonntagmorgen noch den Tag der offenen Tür mit Mitmachaktionen. Es ist aber auch der richtige Zeitpunkt, das Rad sieben Jahrzehnte zurückzudrehen. Zusammengetragen hat den Rückblick mit Dieter Locher einer der Macher der Sindelfinger Leichtathleten.

Auch wenn sich nur ältere Semester erinnern: Es gab eine Zeit vor dem Floschenstadion. Mit Sportplätzen für Turniere, Wettbewerbe oder Staffelläufe. Geturnt und gelaufen wurde im Eichholzer Täle oder auf dem Gelände des Daimler-Werks parallel zur damaligen Böblinger Allee. Den am 6. August 2023 verstorbenen Alfred Wagner bezeichnet Dieter Locher als „das alleinige Archiv der Leichtathletik-Abteilung in Sindelfingen“. Das Urgestein schrieb einst nieder: „Diese Anlage diente jedoch den Organisationen der NSDAP, also der Hitlerjugend, der SA und der NSKK.“ Den ersten Tennisplatz in Sindelfingen gab es auf dem Sportgelände im Königsknoll. 1920 musste er nach neun Jahren Betrieb wieder schließen. Auch die heutige Stadthalle hat eine sportliche Vergangenheit, auf dem Schnödeneckplatz ging es zur Sache. Und die Fußballer spielten auf der Steige unterhalb des Krankenhauses um Tore und Titel.

Geburtsstunde im Schwarzen Adler

Wo heute das Floschenstadion steht, war vorher ein sumpfiges Gelände. Um es trocken zu legen, fehlten Maschinen, doch die amerikanischen Streitkräfte wollten ihre Freundschaft mit den Sindelfingern beweisen. Und der am 20. Oktober 1945 im Schwarzen Adler neu gegründete VfL Sindelfingen bekam seine sportliche Heimat.

Sie stampften auf diesem sumpfigen Gelände ein Stadion mit Nebenplätzen aus dem Boden. Zur gefühlten Wahrheit gehört aber auch, dass die Amerikaner Problemstoffe am Nebenplatz begraben haben. Dann kam das Wochenende, wie es in Sindelfingen noch keins gegeben hatte. Am 7. und 8. August 1954 wurde das brandneue Stadion eingeweiht, mit einem Rasenspielfeld und einer umliegenden Aschenbahn von 400 Metern Länge.

Mit Fritz Kratschmann, dem damaligen Abteilungsleiter, begann die Zeit der nationalen und internationalen Vergleichskämpfe. Und zur Einweihung gab es gleich den internationalen Vergleich mit der holländischen Mannschaft „Suomi Velsen-Noord“ und der türkischen Nationalmannschaft. Danach wurden jährlich Mannschaftsmeisterschaften der A-Klasse abgehalten. Die Sportler aus Fellbach, Heilbronn und Ulm waren gern gesehene Gäste.

Ein Höhepunkt waren unter anderem die Schwabenkämpfe, die ab 1955 jedes Jahr am Himmelfahrtstag liefen. Dies alles machte Sindelfingen zu einer Leichtathletikhochburg.

Ein wahrer Renner war dann am Sonntag des Festwochenendes das Einweihungsspiel des VfL Sindelfingen gegen die legendären „Clubberer“ des 1. FC Nürnberg. Die Franken traten dabei mit der Reserve an und der VfL Sindelfingen nutzte die Gunst der Stunde. Ernst Flaig schoss zwei Tore, und Erwin Carle hatte das Glück, das Siegtor für Sindelfingen zu schießen. 3:2 gegen den Serienmeister, die 8000 Zuschauer waren aus dem Häuschen.

1972 – ganz modern

Bis 1972 blieb das Stadion in dieser Form ein Magnet, dann wurde es noch attraktiver. Dann folgte die erste Sanierung, und aus der Aschenbahn wurde eine Kunststoffbahn. In sattem Rot und nicht so blau wie heute, aber im gleichen Look wie im brandneuen Olympiastadion von München.

Doch der Zahn der Zeit nagt an der Arena. 2002 wird der Sport- und Freizeit-Park Unterrieden/Floschen geplant, also eine Sanierung und Erweiterung des Floschenstadions. Es wurde über einen Neubau gesprochen, jedoch da die Sanierung genauso viel gekostet hätte wie ein Neubau, hat man sich für die Sanierung entschieden.

Die Pläne landen in der Tonne. 2011 wurde es brenzlig für das Floschenstadion, da Roland Medinger, der damalige Geschäftsführer vom VfL Sindelfingen, am 24. März 2011 ein Konzept für den Ausbau im Maichinger Allmend vorschlug, was gleichzeitig das Aufgeben des Floschenstadions bedeuten würde. Für alte Sindelfinger ist es ein Greuel, aber soweit kommt es nicht.

Der Weg ist frei

Nach einer Haushaltssperre kommt das gesamte Paket wieder auf den Tisch, und der Weg ist frei für das aktuelle Sportstättenkonzept. Der Nebenplatz, der bis heute noch existiert, wurde 2018 aufgehübscht und im Juli eröffnet, er beinhaltet Kunstrasen, Mehrkampfanlagen, Kugelstoßringe und Hammerwurfanlagen. In diesem neuen Abteil des Stadions geht das Landesfinale von „Jugend trainiert“ über die Bühne.

2021 wird der Geräteschuppen Floschen-West gebaut, und die Bauaufträge für die Sanierung werden vergeben.

Mit dem Abriss des alten Hauptgebäudes samt Umkleiden, Gaststätte und Kegelbahn beginnt die Sanierung am 28. April 2022, allerdings ist der Boden lockerer als erwünscht. Die Baustelle am Boden steht, an den Gebäuden machen die Arbeiter weiter. Und dann machen die Leichtathleten 2023 einen bahnbrechenden Vorschlag: Blau statt rot soll die neue Laufbahn werden, Sindelfingen sieht jetzt im wahrsten Wortsinne blau.

Das Programm am Wochenende

Samstag

11 Uhr Eröffnungsfeier

12.30 Uhr Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften der Langstaffeln

18.30 Uhr Yogastunde für alle zum Mitmachen

Sonntag

9 Uhr Tag der offenen Tür mit Mitmachaktionen

13 Uhr Fußball Verbandsliga-Frauen VfL Sindelfingen gegen FV Bellenberg

15.30 Uhr Fußball VfL Sindelfingen gegen GSV Maichingen

? Julia De Melo Coelho Cardoso studiert Media-Publishing und absolviert derzeit ein Praktikum bei der SZ/BZ.