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Rückblick 2025 - Mobilität/Verkehr

Hinterweil-Radroute: Proteste und Lehren für die Zukunft

Der erste Bauabschnitt der Hauptradroute R5 in Sindelfingen sorgt wegen weggefallener Stellplätze, auffälliger Markierungen und mangelnder Kommunikation für Diskussionen.

 

Von Isabell Gospodarczyk
Die Zahl der Fahrradsymbole wurde in Kommentaren im Netz als übertrieben bezeichnet.

Die Zahl der Fahrradsymbole wurde in Kommentaren im Netz als übertrieben bezeichnet.

Bild: Dettenmeyer

Sindelfingen. Der erste Abschnitt der Hinterweil-Radroute ist seit Juni fertiggestellt – und sorgte von Beginn an für heftige Diskussionen, auf die schließlich die Stadt reagierte. Kaum war die Maichinger Straße nach Abschluss der Bauarbeiten wieder befahrbar, entbrannte vor allem in den sozialen Netzwerken eine kontroverse Debatte über Sinn, Gestaltung und Kommunikation der Hauptradroute R5. Auffällige, als übertrieben viele wahrgenommene Markierungen, der neu gestaltete Kreisverkehr, Fragen der Verkehrssicherheit und mangelnde Kommunikation standen dabei im Mittelpunkt der Kritik.

Bereits vor dem Baustart hatte es Widerstand gegeben. Die Hauptradroute R5, die künftig die Sindelfinger Innenstadt mit Magstadt verbinden soll, führt unter anderem durch den Stadtteil Schleicher, weshalb Parkplätze weichen mussten. Darüber war der Unmut groß bei den Anwohnern der Hirschstraße und Liebenzeller Straße. Denn insgesamt sollten 45 Parkplätze wegfallen – 27 mehr als in der Vorplanung aus dem Jahr 2022 angedacht waren. Besonders ältere Menschen und Gewerbetreibende äußerten Sorgen um Erreichbarkeit, Pflegeversorgung und Kundschaft. Betroffene fühlten sich nicht ausreichend mitgenommen.

Warum mehr Parkplätze wegfallen

Daraufhin erklärte die Stadtverwaltung, wie die Abweichungen zwischen der Vorplanung aus Dezember 2022, die damals Grundlage für den Baubeschluss war, und der Ausführungsplanung zustande kamen. Letztendlich mussten mehr Parkplätze weichen, weil die Ausführungsplanung gegenüber der Vorplanung die aktuellen Vorschriften umsetzt, die für Fahrradstraßen sowie Fahrbahn- und Gehwegbreiten gelten.

Auf Höhe der Liebenzeller Straße 7 beispielsweise reicht der Platz für eine vier Meter breite Fahrradstraße nicht aus, wenn Autos parken: Aufgesetztes Parken auf dem Gehweg scheitert an der vorgeschriebenen Gehwegbreite von 1,80 Metern. Deshalb entfallen dort Stellplätze vollständig, obwohl sie zuvor noch eingeplant waren. Im Knick der Hirschstraße sollten ursprünglich ein Ersatzbaum und eine Sitzbank entstehen, weshalb die dortigen Parkplätze verschwinden sollten; die Stellplätze bleiben nun größtenteils erhalten, nachdem der Technik- und Umweltausschuss einem CDU-Antrag zugestimmt hat.

Der Baustart für den ersten Abschnitt der Hinterweil-Route verzögerte sich mehrfach, unter anderem wegen anderer Maßnahmen und erneutem Abstimmungsbedarf nach den Anwohnerprotesten. Als die Arbeiten schließlich im Februar begannen, blieben die Diskussionen präsent. Nach der Freigabe im Juni erreichte die Kritik einen neuen Höhepunkt. Die Stadtverwaltung reagierte darauf: Anwohner seien vor dem Start des ersten Bauabschnitts per Einwurfschreiben informiert worden, außerdem habe eine digitale Infoveranstaltung stattgefunden. Dennoch betonte sie, dass sie die geäußerte Kritik ernst nehme und mit Blick auf die nächsten Bauabschnitte prüfe. Gleichzeitig verwies die Radinitiative Sindelfingen auf gesetzliche Vorgaben für Markierungen und Beschilderung.

Angebote nicht ausreichend

Die Verwaltung blickte im Sommer selbstkritisch auf das bisherige Vorgehen: Auch, wenn der Prozess und die Umsetzung von unterschiedlichen Formaten der Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit flankiert gewesen sind, seien die Angebote erkennbar nicht ausreichend gewesen, um zu vermitteln, dass die Planungsergebnisse ein gerechtes Abwägungsergebnis zwischen unterschiedlichen Ansprüchen an den Straßenraum darstellen, hieß es in einer Beschlussvorlage zum Radroutennetz. Für kommende Planungen sollen daher Formate geschaffen werden, die Raum zur Äußerung einer uneingeschränkten Bandbreite von Belangen bieten und verschiedene Interessengruppen einbeziehen.