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Erstes Konzert der Renninger Bow-Tie Bigband seit zehn Monaten

Renningen: Bow-Tie Bigband im Rankbachstadion

Von Matthias Haug

Renningen - Die Renninger Bow-Tie Bigband hat ihr erstes Konzert seit zehn Monaten gegeben. Im Rankbachstadion, wo sonst gesprintet, gelaufen, geworfen oder gekickt wird, sorgten die Musiker für Jubelstürme – und spielten erfolgreich gegen jegliche Missstimmung an, die der Corona-Blues in den letzten Monaten hinterlassen hatte.

Die Band nahm auf zwei miteinander verbundenen Bühnen Platz, um die Abstandsregeln einzuhalten. Doch gerade das sorgte für ein schönes Gesamtbild. Nicht zuletzt wegen der Beleuchtung, die insbesondere nach 20 Uhr ihre Wirkung zeigte. Und wegen des Sounds, der sich unter dem Stadiondach in die Gehörgänge der nicht ganz 200 Besucher windete. Mehr durften es gemäß Verordnung nämlich nicht sein. „Wir sind der Stadt sehr dankbar, dass Sie uns dieses Konzert ermöglicht hat. Die Leute wollen raus und wieder Musik genießen – das hat man heute gespürt“, sagte Matthias Hartmann, Manager der Bow-Tie Bigband.

Die Spielfreude der Band tat ihr Übriges dazu. Zum Auftakt gab es den druckvollen Jazz-Shuffle „Groovin‘ Hard“ von Don Menza auf die Ohren. Damit einher gingen gleich eine Reihe Soli: Thomas Schöck (Bassposaune), Christoph Back (Posaune), Oli Schulz (Trompete), Markus Keller (Piano) und der komplette Saxophonsatz um Stefan Schreiber, der an diesem Abend die musikalische Leitung innehatte. Klassisch be“swingt“ ging es mit „Quincy & The Count“ weiter, einer Hommage des kürzlich verstorbenen Arrangeurs Sammy Nestico an Quincy Jones und Count Basie. Alex Salden (Posaune) und abermals Oli Schulz (Trompete) glänzten als Solisten.

„Don’t Let Me Be Misunderstood“ hatte schon eine Reihe fantastischer Künstler zu einer Interpretation inspiriert. Die Bow-Tie Bigband spielte es an diesem Abend in der Version von Jamie Cullum und Gregory Porter. Der Stevie-Wonder-Gassenhauer „Isn’t She Lovely“ kam anschließend im Mittelteil mit Swing-Attitüde daher, was dem Stück merklich guttat. Wie schon das vorherige Stück wurde der Gesang von Stefan Eitel vorgetragen. Fabian Pfeifroth-Brumm an der Gitarre machte bei diesem Song erstmals von sich hören, was sich im Laufe des Abends noch wiederholen sollte. Mit „Comecar de Novo“, einer Latin-Ballade von Ivan Lins, und „Bewitched / Can’t Help Lovin‘ Dat Man“ folgten zwei Songs, die auch auf der Bow-Tie-Scheibe „Privileged“ aus dem Jahr 2014 zu hören sind.

Bei ersterem brillierten die Solisten Stefan Kuhr am Bariton-Saxophon und Oli Schulz am Flügelhorn, beim zweiten Stück (einer Verschmelzung zweier klassischer Jazz-Songs) stand Sängerin Beata Ruxton erstmals auf der Bühne. Ihre Stimme schmiegte sich zunächst an das behutsame, balladeske „Bewitched“, ehe es mit dem zweiten Teil flott und energetisch mit „Can’t Help Lovin‘ Dat Man“ weiterging.

Das schnelle und gewitzte Sinatra-Stück „I Won’t Dance“ regte das Publikum sichtlich zu eben jenen Bewegungen an, wenngleich die Abstandsregel wiederum maximal ein Wippen und leichtes Oberkörper-Schaukeln hergab. „Country Road“, eine Jazzballade des Grammy-Gewinners Maynard Ferguson, wurde auch dank der Soli von Axel Salden (Posaune) und Fabian Pfeifroth-Brumm (Gitarre) zum Genuss. Mit dem Jazz-Klassiker „On Broadway“ ging es binnen Sekunden nochmal kurz in die Ostküstenmetropole der USA und anschließend in die Pause.

Der zweite Konzertteil begann mit einem Donnerhall aus Schlagzeug- und Percussion-Salven, die sich mal feingliedrig, mal brachial niederließen und in den Marsch „John Browns Other Body“ mündeten. Die als „Glory Halleluja“ bekannte Weise verwandelte sich nach der einleitenden Marschlocke als Funk. Nat King Cole war sicher eine der schillerndsten Figuren in der Jazzszene. „Too Young To Go Steady“ und „Almost Like Being in Love“, beides von Beata Ruxton vorgetragen, erwiesen dem 1965 im Alter von nur 45 Jahren verstorbenen Cole die Ehre. „Broadway“ entführte das Publikum wiederum auf die legendäre Meile nach New York, diesmal als Swing, den das Count Basie Orchestra bekannt gemacht hatte. Alle Saxophone, Oli Schulz (Trompete), Christoph Back (Posaune) und Markus Keller (Piano) zeigten in den Soloparts ihr Können.

Anschließend wurde es kubanisch: Der Buena Vista Social Club mit seinen Musikern ist ein Vertreter des Musikstils „Son Cubano“. 2006 erschien ein Album, das die Kubaner zusammen mit Größen aus Rock und Pop aufgenommen haben. Unter anderem Coldplay, die ihren Welthit „Clocks“ mit dem Buena Vista Social Club auf kubanische Weise interpretierten. Die Bow-Tie Big Band interpretierte den Song überzeugend und hatte in Oli Schulz (Trompete) und Markus Keller (Klavier) abermals tolle Solisten.

Mit Superlativen ist es ja so eine Sache. Dennoch darf „Still Got The Blues“ als Höhepunkt des Abends bezeichnet werden. Weil Fabian Pfeifroth-Brumm das Gary-More-Stück zu einem Fabian-Pfeifroth-Brumm-Stück machte und, begleitet von der Combo um Piano, Bass und Drums, ein echtes Feuerwerk abbrannte. Das Publikum honorierte es mit tosendem Applaus und ließ den Gitarristen zurecht im Jubel baden. Apropos Jubel: Bei Fußballspielen und Toren erklingt häufig „Seven Nation Army“ von den White Stripes. An diesem Abend erklang er im Rahmen des Stadionkonzertes – und die Menge machte mit. Nach dem „Crowdpleaser“ folgte mit „Everyday I Have The Blues“ ein bekannter Blues- und Jazz-Gassenhauer – und zugleich das letzte Stück des Sets.

Jonas Kuhn (Alt-Saxophon), Christoph Back (Posaune), Oli Schulz (Trompete) und Fabian Pfeifroth-Brumm (Gitarre) durften sich noch einmal bei den Soli austoben.

Natürlich ließen die Zuhörer die Band nicht von der Bühne. Zum Abschluss des herrlichen Sommerabends und denkwürdigen Konzertes lieferten sich Stefan Eitel und Beata Ruxton bei „Let’s Call The Whole Thing Off“ noch ein Gesangsduell um die englischen Dialekte, ehe mit „Quando Quando Quando“ zur guten Nacht gebeten wurde: Eine wunderschöne Version von Michael Bublé und Nelly Furtado.

Stefan Eitel, der als Conferencier durch den Abend führte, hätte wahrscheinlich noch etliche weitere Zugaben ansagen können, doch er meinte zurecht: „Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist!“ Der teilweise frenetische Jubel war ein Zeichen, dass die Menschen in Renningen Konzerte vermisst haben – und ein Qualitätsmerkmal für den guten Auftritt der gesamten Band. „Wir sind überglücklich, es war ein herrlicher Abend“, fasste Band-Manager Matthias Hartmann das Konzert zusammen. Trotz einiger Blues-Klassiker: Der Corona-Blues hatte an diesem Abend keine Chance.


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