

Sindelfingen. Nach dem folgenschweren Erdbeben in der Türkei und Syrien sammelten Schüler, Eltern und Lehrer des Stiftsgymnasiums Geld, um Betroffenen zu helfen. Insgesamt 2000 Euro wurden von einem Lehrer und der Sozialarbeiterin der Schule persönlich in zentral betroffene Gebiete gebracht. Was sie auf der Reise dorthin erlebten, machte klar: Es darf nicht die letzte Aktion gewesen sein.
Als Michelle Fischer und Deniz Tekin in Pazarcık, dem Epizentrum des Erdbebens ankommen, zeichnet sich ihnen ein Bild kompletter Verwüstung: Von ehemaligen Wohnhäusern ist nichts als Schutt zurückgeblieben. Die Straßen sind voller Gräben. Menschen hausen in kleinen Zelten oder halb zerstörten Gebäuden. Das Ziel der beiden liegt in Pınarbaşı, einem kleinen Dorf in der Nähe. Hier besuchen sie die letzte Schule, die nach der Katastrophe im Februar noch steht.
Den Entschluss, eine Spendenaktion für die betroffenen Regionen des Erdbebens zu starten, fassten Schüler und Eltern des Sindelfinger Stiftsgymnasiums bereits in den ersten Tagen nach dem Ereignis. Mit Kuchenverkäufen und tatkräftiger Unterstützung von Lehrern und Eltern, sammelten die Kinder und Jugendlichen 2000 Euro, um Betroffenen helfen zu können. Von Anfang an sei man jedoch vor der Frage gestanden, auf welche Weise man die Zielgruppe am besten erreichen würde: „Uns war wichtig, dass die Spenden auch dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden“, sagt Deniz Tekin, „da die Familie meiner Frau aus einer Gegend kommt, welche besonders unter den Folgen der Katastrophe leidet, beschlossen wir, diesen persönlichen Kontakt zu nutzen und die Spenden selbst zu überbringen.“
In Pınarbaşı kaufen Michelle Fischer und Deniz Tekin von dem gesammelten Geld Lebensmittel und Hygieneartikel. Zwei Lehrer, zu denen sie Kontakt aufgenommen haben, helfen die Spenden an die Personen zu vermitteln, die sie am meisten brauchen. „Natürlich haben sich die Menschen dort über die Sachspenden und das Geld gefreut“, sagt Deniz Tekin, „was sie aber wirklich bewegt hat, war die Tatsache, dass Schüler aus einem anderen Land Spenden für sie gesammelt haben.“ Eine Mutter habe Tränen in den Augen gehabt, als sie von der Spendenaktion erfuhr.
Auf dem Heimweg können sie einigen Kindern, welche notbedingt in einem Zelt unterrichtet werden, eine kleine Freude machen, indem sie auf deren Wunsch Kuchen und Süßigkeiten besorgen. „Es war schön zu sehen, dass die Kinder dort Kuchen essen konnten, weil Kinder hier in Sindelfingen Kuchen verkauft haben“, sagt Michelle Fischer.
Deniz Tekin und Michelle Fischer ist es wichtig, dass die Schüler sehen können, was sie mit ihrem Engagement erreichen konnten. Daher haben sie ihre Reise genau mithilfe von Bildern und Berichten dokumentiert. Insgesamt konnten mit dem gesammelten Geld 40 Familien in Not unterstützt werden. Was dennoch bleibt, ist das nagende Gefühl, dass auch viele Bedürftige leer ausgehen mussten: „Es hat mir geholfen zu wissen, dass es nicht das letzte Mal war“, sagt Michelle Fischer, als sie die Situation des Abschieds beschreibt. Nach den Erlebnissen vor Ort steht für sie und Deniz Tekin fest, dass sie das Gebiet auf jeden Fall weiter unterstützen wollen.
Ein langfristiges Engagement für betroffene Dörfer wie Pınarbaşı sei auch von Anfang an das Ziel der Schulleitung und Lehrkräfte gewesen, erklärt Tekin. Daher ist geplant, die bestehende Verbindung zu der Schule in Pınarbaşı zu stärken, indem man Brieffreundschaften unter den Schülern beider Schulen anregen möchte. Auch weitere Spendenaktionen soll es geben. Für eine größere Reichweite, will man hier unter anderem mit bekannten Persönlichkeiten wie etwa dem Comedian Özcan Coşar kooperieren. Auch eine Zusammenarbeit mit anderen Schulen in der Umgebung kann sich Deniz Tekin gut vorstellen: „Wir haben hier den Vorteil, dass wir einen direkten Kontakt zu Hilfsbedürftigen haben“, sagt er. Sollten andere Schulen daher ebenfalls Aktionen starten wollen, sei man gerne bereit deren Spenden in die betroffenen Gebiete zu bringen.