Vernebelte „Querdenker“

Anti-Corona-Bewegung: Das Recherchezentrum „Correctiv“ deckte ein bundesweites Netzwerk von Corona-Gegnern auf. Die Anti-Corona-Bewegung hat ihren Ursprung dort, wo viele während der Corona-Pandemie Zuflucht fanden: im Internet. Das Rechercheteam nahm über die Webseite der „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“ (MWGFD e. V.) mit Sitz in Passau Kontakt zu einem Berliner Heilpraktiker auf. Dieser erteilt per E-Mail Atteste: „Aus schwerwiegenden Gründen von der Gesichtsmaskenpflicht befreit“ steht darauf. Der Passauer Verein stellt laut „Correctiv“ online mehr als 35 Kontakte zu Ärzten und Heilpraktikern in ganz Deutschland bereit, an die man sich wenden könne, wenn man ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht braucht. Schließlich wäre man durch das Tragen einer Maske in seinen Grundrechten eingeschränkt.

Vollstes Verständnis für viele Selbstständige, die die Corona-Maßnahmen kritisieren. Schließlich sind sie durch die Folgen des mehrwöchigen Lockdowns in ihrer Existenz bedroht. Die selbst ernannten Querdenker und Co. hingegen, die sich hierzulande in ihren Grundrechten massiv eingeschränkt fühlen, sollten in Richtung europäisches Ausland schauen, um den Blick zu schärfen. Solche wütenden Proteste wie am vergangenen Samstag in Berlin sind in Italien, Frankreich und Spanien Fehlanzeige. Und dort durften die Menschen während des Lockdowns über mehrere Wochen lang ihre Wohnungen nur in Notsituationen stundenweise verlassen. Auch Regierungsgegner erinnern sich dort nur zu deutlich an die verheerenden Bilder vom Frühjahr, als Tausende Menschen an den Folgen des Coronavirus starben. Zu vereinzelten Demonstrationen gegen die Maskenpflicht in Madrid kamen höchstens 2000 Menschen. Auch in Italien sind protestierende Menschenmengen im Corona-Zusammenhang undenkbar. Und selbst im ansonsten so demonstrationsfreudigen Frankreich wundert man sich über die deutschen Nachbarn.

daniel.krauter@szbz.de