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Holzgerlingen: Beweisaufnahme im Prozess gegen einen Mann, der seine Vermieter ermordet haben soll

Viel Blutvergießen beim Dreifach-Mord

Es war ein unheimlicher Gewaltausbruch: Das zeigen die Fotografien der Expertin für Blutspuren, die nach dem Dreifachmord in Holzgerlingen den Tatort untersuchte. Seit fünf Verhandlungstagen schon befasst sich die Erste Große Strafkammer am Stuttgarter Landgericht mit der Beweisaufnahme. Der Angeklagte hat zwar ein Geständnis abgelegt, sich zum Tathergang in der Nacht zum 18. März aber nicht geäußert.
Von unserer Mitarbeiterin Katrin Haasis
Holzgerlingen: Vermutliches Gewaltverbrechen im Wohngbebiet

Holzgerlingen: Vermutliches Gewaltverbrechen im Wohngbebiet

Die Bilder schaute er sich ohne jede Gemütsregung an. Drei Menschen sind in dem Mehrfamilienhaus erstochen worden. Sie wehrten sich offensichtlich noch gegen ihren Mörder, der zahlreiche Schuhabdrücke in ihrem Blut hinterließ.

Der Fall wirkt auch nach vielen Zeugenaussagen noch unerklärlich. Streitigkeiten zwischen den Vermietern und dem 31 Jahre alten Angeklagten sind dem Blutvergießen vorausgegangen. Der junge Informatiker war erst sechs Monate zuvor in die Dachgeschosswohnung des Hauses mit seinem Hund eingezogen.

Unterschiedliche Vorstellungen über Sauberkeit in der gemieteten Wohnung sowie dem gemeinschaftlich genutzten Treppenhaus sorgten für die Konflikte mit dem 33-jährigen Hauseigentümer, seiner 27 Jahre alten Freundin und dem 62-Jährigen Vater. „Ab morgen ist Krieg im Haus“, schrieb beispielsweise im Januar der Senior an den Sohn. Doch so dominant scheint der hausinterne Streit nicht gewesen sein: Die anderen Familienmitglieder der drei Opfer hatten davon wenig mitbekommen.

„Sozialmuffel ohne Freunde“

Die Schwester des Angeklagten hatte ihn vier Tage vor der Tat zu sich nach Winnenden geholt, um die Situation zu entschärfen. Sie und ihr Mann sollten sich um das Problem mit den Vermietern kümmern, habe er ihr gesagt. Als „Sozialmuffel ohne Freunde“ beschrieb sie ihn gegenüber einem Polizisten, und als friedlich. Die Ärztin unterstützte den 31-Jährigen dabei, eine Behandlung für seine Depression zu bekommen. Am Tattag hatte er eine Wohnungsbesichtigung in Sindelfingen und richtete sich sein Zimmer bei der Schwester ein. In der Nacht hörte sie ihn gegen 23 Uhr noch einmal, am nächsten Morgen rief sie ihn an. Er habe nicht schlafen können und sei in seine alte Wohnung gefahren, sagte er.

Zu dem Zeitpunkt befand sich der Angeklagte bereits auf der Flucht, die nach wenigen Tagen in Italien mit der Festnahme endete. Als er sich in sein Auto setzte und losfuhr, muss er zunächst nicht gewusst haben, wohin: Ein Polizist berichtete, dass er mehrfach in Holzgerlingen in Hofeinfahrten anhielt, sehr langsam auf einer Landstraße fuhr, auch auf Parkplätzen an der Autobahn längere Pausen machte. Überall suchten die Ermittler das Gelände und sämtliche Mülltonnen nach der Tatwaffe und der Kleidung ab, die bislang nirgends aufgetaucht sind.

Laut der Blutspurenexpertin hat der Angeklagte vermutlich den 33-Jährigen zuerst angegriffen. An welcher Stelle im Haus konnte sie nicht sagen, offensichtlich ist allerdings, dass in der Wohnung im ersten Stock auch mehr oder weniger gleichzeitig seine Lebensgefährtin tödliche Stiche versetzt bekam. Ihr Freund flüchtete stark blutend zwei Treppen hinunter und brach dann zusammen. Sein Vater wurde in der von ihm bewohnten Erdgeschosswohnung im Schlafzimmer stehend attackiert. Eine Nachbarin sei nachts um drei Uhr aufgewacht, weil sie Schreie gehört hatte, berichtete einer der Ermittler. Sie dachte, es wären Jugendliche gewesen.

Eine Rechtsmedizinerin und ein Psychiater werden in dem Verfahren als nächstes ihre Gutachten erläutern. Der Angeklagte hatte über seinen Anwalt erklären lassen, dass er wegen seiner Depression im Affekt gehandelt habe.