

Sindelfingen. Wer die Augen schließt, kann den Duft der in Öl gegrillten Sepien schon riechen. Vor der Bühne zur Rockmusik nicken, zum Samba an der Martinskirche die Hüfte schwingen oder zur Stadtkapellenmusik den Tanzschulen-Diskofox auspacken. Ein einziges Hallo wird es in zwei Wochen geben, gerne unterbrochen von den Straßenmusikern, die schon in der Mittagssonne Geige-fidelnd durch die Gassen gehen.
Der Straßenfestverein hat einen großen Teil der Orga-Arbeit geleistet, das Feld ist weitgehend bestellt für die 45. Ausgabe Sindelfingens liebsten Festkindes, das der Gründervater Friedrich Fausten 1977 ins Leben rief. Damit Gastarbeiter und Eingesessene lernen, welche Süppchen die anderen kochen. Miteinander reden, essen, feiern, so lernt man sich kennen und so wuchs die Stadt zusammen, als sie in den Boom-Jahren immer größer wurde. Und das wird in bald wieder gefeiert.
Traditionell beginnt die Planung des internationalen Straßenfestes am ersten Oktoberwochenende und damit neun Monate vor dem großen Angrillen. Ehrenamtlich setzen sich die Staßenfestvereins-Vorsitzende Andreas Santana, ihre Stellvertreter Rainer Frank und Mesut Özsönmez, Schatzmeisterin Marion Marino und Schriftführer Christian Kaufmann ab da zusammen, um nach ihrem eigentlichen Feierabend reichlich Herzblut und noch mehr Arbeitsstunden in das Mammutprojekt zu stecken. Sie würden sich saumäßig freuen über weitere Köpfe und Hände, die dabei helfen, Sicherheitskonzepte abnehmen zulassen, Amtsgänge zu erledigen, Mitglieder anzuschreiben und Bands zu suchen und zu buchen, die auch noch bezahlt werden wollen.
Über 200 000 Euro werden insgesamt umgesetzt, und ohne die Sponsoren – in erster Linie ist das Kulturamt zu nennen – wäre das alles nicht möglich. Jeder Tag braucht 30 Ordner, jede Nacht eine Nachtwache, der Strom verlegt sich nicht von selbst, der Rettungsdienst muss her, „und alleine das Müllentsorgen kostet mal so richtig was“, sagt Marion Marino. Die Arbeit geht dabei auch auf der Zielgeraden nicht aus, erst recht nicht am Fest selbst, an dem der Verein ganz nebenbei auch noch einen eigenen Stand betreut. Andrea Santana bringt es auf den Punkt: „Wir suchen immer noch dringend noch Helfer“, wobei sie an Anpacker und auch an Springer für Botengänge denkt, die einfach mal irgendetwas von A nach B tragen.
Dabei gibt es in diesem Jahr nach dem Comeback nach der Pandemie erneut Neuerungen. Eine ganz wichtige: Der Wochenmarkt wird dieses Mal komplett in die Vaihinger Straße verlegt, wodurch auch der Obere Marktplatz frei wird und deshalb die Hauptbühne nach oben rückt. Früher standen hier professionelle Schausteller oder der Süßigkeitenwagen, das konnte man schnell und unkompliziert auf-, ab- und dann wieder aufbauen, damit der Samstagmarkt flutscht, aber irgendwie klaffte die Lücke Richtung Ziegelstraße. Und auch der Donnerstagmarkt kommt deshalb dem Aufbau nicht in die Quere. Sechs weitere Bühnen für Folklore und Musik gibt es auf dem Rathausvorplatz, an der Martinskirche, auf dem Schaffhauser Platz, dem Grünen Platz und auf dem Wettbachplatz.
Das internationale Straßenfest wächst derweil von zuletzt etwas über 90 auf 111 Stände an. Auch eine Paella gibt es wieder, allerdings nicht am früheren Platz am Übergang von der Ziegelstraße in die Planie, sondern in der Unteren Vorstadt. Hier tischt Julia Ceballos auf, die Sindelfinger aus der ehemaligen Tapas-Bar kennen. Zurück sind auch die Gözleme-Spezialistinnen des Fördervereins für Gürpinar. Der nationale Verein türkischer Arbeitnehmer ist dagegen ein Neuzugang, der nicht nur mit Beuteln voller Şerbet – einer Mischung aus Zuckerwasser und Eis – durch die Straßen läuft, sondern am Samstag auch mit der einer Folkloregruppe von ihrem Stand am Hirsch durch das Partnerschaftsdorf zieht.
Dort wiederum bauen sich die Stände der Sindelfinger Partnerstädte Schaffhausen, Torgau, Dronfield, Corbeil-Essonnes und Sondrio auf, dazu der Ispas-Verein und der Arbeitskreis Asyl. Der ursprüngliche Gedanke lebt hier besonders, während er beispielsweise auf dem Elsässer-Parkplatz von Isa Boletini fast drei Tage nonstop tänzerisch getragen wird – und auf dem Wettbachplatz dagegen tatsächlich ein DJ auflegt und sich sowieso alles mischt.
Apropos mischen: Damit die Kinder nicht verloren gehen, gibt es an den Eingängen wieder Armbädchen, auf die sie die Handynummern der Eltern schreiben können. Und in der Altstadt baut das Spielmobil auf. Gefühlt könnte es eigentlich losgehen. Der Countdown läuft, und der Straßenfestverein freut sich schon auf Leute, die gerne mit anpacken.
Info
Alles zum Straßenfest steht auf der Internetseite isf-sifi.de. Dort gibt es auch Kontaktadressen für Leute, die beim Fest helfen wollen. Öffnungszeiten: Freitag, 16. Juni, 18 bis 24 Uhr, am Samstag von 11 bis 1 Uhr und am Sonntag von 11 bis 20 Uhr.