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Buchtipp

Pinos Bar und die Schule des Lebens

Pino schenkt in einer jener kleinen und unscheinbaren Bars aus, wie es sie in ganz Italien gibt. Zum Glück. Denn dort ist nicht nur der Kaffee besser als daheim. Eine gute Bar ist auch Wohnzimmer, Nachrichten- und Kontaktbörse. Man kennt irgendwann den Chef persönlich und natürlich auch die Stammgäste. In diesen Kosmos entführt Stefan Maiwalds Buch "Meine Bar in Italien".
Von Tim Schweiker

Pinos Bar steht in Grado, der kleinen, feinen Lagunenstadt an der Küste des Friaul. In der "Enoteca da Pino" geht es zu wie unter einem Brennglas: Hier treffen sich Menschen verschiedensten Talents und ganz unterschiedlicher Herkunft.

Wo also könnte man mehr übers Leben erfahren wie in einer guten Bar? Man muss nur zuhören, sich Zeit nehmen, die Menschen nehmen, wie sie sind. Stefan Maiwald tut das. Er gehört zu den Stammgästen der Bar, gibt die Rolle des Beobachters aber nicht auf. Und zu beobachten gibt es einiges bei Pino.

Da ist zum Beispiel Roby. Er gilt als einer der besten Köche Grados und er wüde einen Teufel tun, sich fest in einem Restaurant engagieren zu lassen. Roby würde nie von Work-Life-Balance reden, er hat sie einfach. Da ist Bruno, der sich als Gärtner mit seinen 72 Jahren um eine der Inseln in der Lagune kümmert. Stefan Maiwalds Fazit: "Bruno arbeitet unermüdlich. Aber nie gestresst. Er zuckt einfach die Achseln und legt los."

Pinos Bar ist immer offen. Zu Weihnachten und Neujahr, Ferragosto und am Ostersonntag. Ab sechs Uhr morgens, wenn die ersten Fischer aus der Lagune zurückkommen und der Bäcker von nebenan schon sehnsüchtig auf seinen ersten Kaffee wartet. Bis tief in die Nacht, denn Pinos Gäste erzählen Geschichten über unvergessliche Begegnungen, über Zeit, Geld, Glück und Genuss.

Der Tipp fürs nächste Geschäftsessen

Entspann dich mal, sagen uns Pinos Gäste durch die Blume und ganz im Vertrauen. Mach nicht aus jeder Mücke einen Elefanten. Nicht bei der Arbeit, die nicht immer ein Traumjob sein muss. Erst recht aber in der Freizeit. Tripadvisor ist nicht die Bibel, das Glück ist häufiger um die Ecke zu finden als in einem möglichst weit entfernten Winkel der Welt.

Und einen wichtigen Tipp fürs nächste Geschäftsessen gibt es von Giuseppe: Beim Essen wird übers Essen geredet. Übers Geschäft redet man am besten bei einem Spaziergang.

Das alles und noch viel mehr verpackt Stefan Maiwald in unterhaltsame Porträts und Anekdoten, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Die Lektüre macht Lust darauf, sofort ins Auto oder in den Zug zu steigen und in den Süden zu düsen. Grado oder Venedig? Hauptsache Italien.

Und wenn das nicht geht, dann passt "Meine Bar in Italien" dank des praktischen Kleinformats in jede Westentasche. Eine kleine Zwischenmahlzeit italianità hat schließlich noch niemandem geschadet.

Info

Stefan Maiwald: Meine Bar in Italien. Warum uns der Süden glücklich macht. Molden Verlag. ISBN 978-3-222-15105-7.

Das Buch erscheint am 2. März. Bestellen kann man es unter anderem hier

Stefan Maiwald lebt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in Grado. Den Kaffee am Morgen und den Aperitivo am Abend trinkt er gerne bei Pino. Und das jeden Tag. Der Bestsellerautor ist 1971 in Braunschweig geboren und inzwischen Italien-Kenner. Unter www.postausitalien.com schreibt er erfolgreich einen Italien-Blog.