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SZ/BZ-Bürgerbarometer (Teil 19/1): Ständiger Müllhaufen in der Friedrich-Ebert-Straße

Sindelfingen: Und täglich grüßt der wilde Müll

Illegale Müllentsorgung: Mit der Stadtreinigung auf Besichtigungstour von Brennpunkten in Sindelfingen.
Von Dirk Hamann

Sindelfingen/Böblingen. Der TV-Ansager Phil Connors muss in die Kleinstadt Punxsutawney in Pennsylvania, um dort widerwillig zum vierten Mal in Folge vom Tag des Murmeltiers am 2. Februar zu berichten. Dort angekommen, erlebt er ein und denselben Tag immer wieder aufs Neue. So wie sich Hauptdarsteller Bill Murray in dem Hollywood-Streifen „Und täglich grüßt das Murmeltier“ fühlt, so geht es auch den Bauhof-Mitarbeitern, die für die Stadtreinigung zuständig sind. Kaum haben sie in Sindelfingen oder Böblingen an immer den gleichen Orten Berge von wildem Müll eingesammelt, türmt sich dort ein, zwei Tage später erneut abgelagerter Unrat auf. „50 Prozent unserer Arbeitszeit geht inzwischen dafür drauf, wilden Müll zu entsorgen“, sagt Marco Gras, bei den Technischen Betriebsdiensten stellvertretender Leiter des Bereichs Stadtreinigung.

Marco Gras bittet in sein auf dem Bauhof geparktes Dienstfahrzeug und lädt ein zu einer kleinen Besichtigungstour. Das Ziel: Orte in Sindelfingen, wo seine Mitarbeiter und er beinahe tagtäglich neuen illegal abgelegten Haus- oder Sperrmüll vorfinden. „Es gibt Hot Spots“, so Marco Gras. In Böblingen befinden diese sich in der Nähe des Hallenbads oder auf Parkplätzen an der Tübinger Straße in Richtung Holzgerlingen. Und in Sindelfingen? „Da fahren wir jetzt hin.“

Hausmüll-Stapel an der Bushaltestelle

Die Schwertstraße, wo sich bei den Altkleider-Containern gegenüber des Wertstoffhofs regelmäßig der Müll türmt, lässt er genauso aus wie die Goldbachanlage, Grillplätze oder den Skihang – alles Orte, die oft als Deponie für illegal abgelagerten Müll dienen müssen. „In der Regel ist es so, dass wilder Müll vor allem am Stadtrand und dort zumeist an versteckten Ecken abgeladen wird“, sagt Marco Gras während er in Richtung Stadtmitte fährt und in die Arthur-Gruber-Straße in Richtung Krankenhaus einbiegt. Gegenüber einer Bushaltestelle bleibt er stehen, zeigt auf einen Müll-Toni an dem sich fein säuberlich in Tüten verpackter Hausmüll stapelt.

„Dass Leute ihren Abfall einfach bei öffentlichen Mülleimern abstellen, kommt nicht nur an dieser Stelle häufiger vor“, sagt er. Was die Menschen dazu treibt? „In manchen Fällen wissen sie es nicht, dass das bei uns nicht erlaubt ist“, vermutet Marco Gras. Zudem gebe es Menschen, die sich das Geld für die Leerung der eigenen Tonne sparen wollen – vier pro Haushalt und Jahr werden automatisch berechnet, jede weitere kostet 6,50 Euro für eine 120-Liter-Tonne. „Und dann sind wir schon auf Bürger getroffen, die einfach zu bequem waren, ihren Sperrmüll zum Wertstoffhof zu bringen.“ Marco Gras setzt die Fahrt über die Hohenzollernstraße in Richtung Eichholz fort. Einen Müllhaufen, der auf dem Friedhofsparkplatz thront, lässt er links liegen. in der Sommerhofenstraße an der Einmündung zur Friedrich-Ebert-Straße parkt er, deutet auf einen Sperrmüllberg am Straßenrand und steigt aus. Dann greift er zum Handy, ruft zwei Mitarbeiter an, die gerade in der Nähe im Einsatz sind. „Dieser Sperrmüll ist illegal abgelegt worden, dem Landratsamt ist kein Abhol-Auftrag bekannt“, sagt er.

Spielplatz-Reinigung hat oberste Priorität

Wenig später fährt ein Transporter vor, zwei Männer klettern heraus, machen sich sofort ans Werk und laden Gartenstühle und Schränke auf. „Eine Fahrt wird nicht reichen“, erklärt Nurlan Zhamabyer seinem Chef und klettert mit seinem Kollegen wieder in den Sprinter. „Wir kommen gleich noch mal.“ Dann fahren sie los in Richtung Wertstoffhof. „Diese Fahrten halten unheimlich auf“, erklärt Marco Gras. Eigentlich wolle man diese lieber nutzen, um beispielsweise umherliegenden Müll an den Straßenrändern einzusammeln. Doch dafür fehlt so, trotz zwölf 2-Mann-Teams, die in Sindelfingen für die Stadtreinigung unterwegs sind, die Zeit. „Oberste Priorität hat für uns aber nicht der wilde Müll, sondern, dass die Spielplätze sauber bleiben“, stellt Marco Gras klar.

Weiter geht die Tour. Marco Gras biegt in die Friedrich-Ebert-Straße ein. Und hält nach ein paar Metern an einer Bushaltestelle vor dem Schild mit den Hausnummern 5, 7 und 9. Sein Zeigefinger geht in Richtung eines Bergs aus Unrat am Wegesrand. Tüten mit Hausmüll liegen neben einem Kühlschrank, einer Spülmaschine und einem Küchentisch. „Hier kann man täglich vorbeifahren“, sagt Marco Gras. „Kaum hat man den Abfall aufgeladen, liegt wieder neuer hier. An jedem Hauseingang befinden sich Kameras, der Hausmeister müsste wissen, wer hier sein Zeug einfach so abstellt – doch nichts passiert. Die Situation hier ist auch frustrierend für meine Kollegen. Die kommen mit dem Wegräumen nicht mehr hinterher.“

Was helfen könnte, damit sie sich nicht länger so fühlen, als wären sie Hauptdarsteller im falschen Film „Und täglich grüßt der wilde Müll“? „Manchmal reicht es, wenn man die Verursacher durch Kontrolle der Müllsäcke, in denen sich oft Adressen befinden, ausfindig macht und sie auf ihr Vergehen hinweist“, so Marco Gras. „Man muss nicht immer gleich mit der Peitsche kommen. Aber bei vielen nützt es wohl nur, wenn das Ordnungsamt Bußgelder verhängt.“