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Jährlich bis zu zwei Millionen Besucher

25 Jahre Ikea in Sindelfingen: erst römische Siedlung, dann schwedisches Möbelhaus

Wie vor einem Robbie-Williams-Konzert: Als Ikea am 28. August 1997 in Sindelfingen sein erstes, großes Möbelhaus in der Region Stuttgart eröffnet, drängelt sich eine riesige Menschentraube vor dem Eingang an der Hanns-Martin-Schleyer-Straße, im Inneren gibt es vor den Kassen lange Schlangen.
Von Jürgen Haar

Sindelfingen. Ikea in Sindelfingen war nicht nur am Eröffnungstag ein Publikumsmagnet. Jährlich kommen heute bis zu zwei Millionen Kunden und Besucher ins schwedische Einrichtungshaus. Das zweite Ikea-Haus in der Region, in Ludwigsburg, gibt es seit 1998.

Reste einer römischen Siedlung

Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, den sich der schwedische Möbelkonzern in den 1990er Jahren als Standort für ein neues Möbelhaus in Sindelfingen ausgeguckt hatte. Beim Bau entdeckte man auf dem Areal zwischen der Böblinger- und der Hanns-Martin-Schleyer-Straße Reste einer römischen Reste einer römischen Siedlung. Ungefähr dort, wo die Spindel zur Ausfahrt aus dem Ikea-Parkhaus steht, wurde bei den Gründungsarbeiten ein in dicken Holzbohlen gefasster Brunnen entdeckt. Eine nähere Untersuchung des Holzes ergab, dass die Eiche im Jahr 205 gefällt wurde. In einem Brunnen an der anderen Seite des Grundstücks, sicherte der Sindelfinger Hobbyarchäologe Hagen Digel ein Reliefbild der Göttin Minerva.

Später gab es an dieser Stelle eine Fabrik, die von 1927 an als katholische Notkirche genutzt wurde. „Nach der Daimler-Ansiedlung im Jahr 1915 zog eine größere Zahl von Katholiken nach Sindelfingen“, so Sindelfingens langjähriger Stadtarchivar Horst Zecha. Vor Ikea aber war das Gelände viele Jahre Standort des städtischen Bauhofs. Den Platz an der Schadenwasen- und Hanns-Martin-Schleyer-Straße gibt die Stadt Sindelfingen nach der Gründung des gemeinsamen Zweckverbands Technische Betriebsdienste mit der Stadt Böblingen auf und damit den Startschuss für die Ikea-Pläne.

Sindelfingen brauchte Geld

Die Schweden suchten schon länger nach einem Platz, weil das kleine Ikea-Haus in der Stuttgarter Innenstadt, längst aus allen Nähten platzte. In Sindelfingen kommen die Absichten des Konzerns gerade recht, denn die Stadt steckte wieder in einer Finanzkrise und brauchte den Erlös aus dem Grundstücksverkauf dringend.

Ikea wollte sich bei diesem Projekt nicht auf die grüne Wiese ansiedeln, sondern in der Stadt und hatte damals nicht nur das Bauhof-Areal im Blick, sondern auch das Grundstück am Busbahnhof, wo später das Stern-Center gebaut wurde. Weil das zu erwartende Verkehrsaufkommen für die Innenstadt als Problem gesehen wird, switchten die Verantwortlichen bei Ikea auf das Bauhof-Areal um und beauftragten das damals in Sindelfingen ansässige Architekturbüro Hinrichsmeyer & Bertsch mit der Planung.

„Unsere Pläne haben gefallen“, erinnert sich Randolph Hinrichsmeyer (Bild: z), obwohl sich die Sindelfinger Architekten nicht ganz an die Vorgaben der Schweden („blaues Haus, gelbe Schrift“) gehalten haben. „Wir wollten von der standardisierten Planung wegkommen und haben unsere Auftraggeber davon überzeugt, dass nicht das ganze Haus blau sein muss“, so Hinrichsmeyer.

Rückendeckung von der Stadt

So wurde Sindelfingen das erste Ikea-Haus mit Aufzügen aus Glas, mit einem grauen Trapezblech am Eingangsportal und mit Auffahrtsrampen aus Sichtbeton. Rückendeckung für diese Planung kommt aus dem Rathaus. „Unser Anliegen wurde von der Stadt Sindelfingen unterstützt“, sagt Architekt Hinrichsmeyer. Herausgekommen ist ein „gutes Ergebnis“ und auch über 25 Jahre später sprechen die Architekten von dem „besonderen Gefühl, ein Ikea-Haus planen zu dürfen“. Randolph Hinrichsmeyer: „So eine spannende Aufgabe macht man schließlich nicht alle Tage.“

Zehn Jahre nach der Eröffnung wird das Haus von 15 800 auf 19 000 Quadratmeter Fläche erweitert, hauptsächlich um Lagerfläche zu schaffen. Und bei Ikea denkt man weiter. An der Böblinger Straße hat Ikea ein weiteres Grundstück erworben, doch die Pläne für eine weitere Ausdehnung liegen derzeit auf Eis.

→ SZ/BZ-Chefredakteur Jürgen Haar hat die Geschichte von Ikea in Sindelfingen von Anfang an journalistisch begleitet.