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Klinikverbund Südwest sieht Sonderbeitrag kritisch

Böblinger Chefarzt ist gegen Notfallgebühr für Kinder

Verband der Kinderärzte will Sonderbeitrag. Dr. Gerald Nachtrodt und Alexander Schmidtke vom Klinikverbund sehen das kritisch.
Von Esther Elbers
Die Notdienste sind überlastet und die Wartezeiten oft sehr lang. Bild: Die Kerkez Photography.com /Adobe Stock

Die Notdienste sind überlastet und die Wartezeiten oft sehr lang. Bild: Die Kerkez Photography.com /Adobe Stock

Kreis Böblingen. Eltern sollen in bestimmten Fällen eine Gebühr zahlen, wenn sie mit ihren Kindern die Notfallambulanz aufsuchen – das fordert der Verband der Kinderärzte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) lehnt eine solche Sondergebühr indes ab. Beim Klinikverbund Südwest sieht man das ähnlich wie die DKG: „Patienten über finanzielle Sanktionierungen zu steuern, kann immer nur die Ultima Ratio sein und zeugt nicht von großer Reformkreativität“, erklärt Alexander Schmidtke, Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest auf Anfrage der SZ/BZ.

Für Schmidtke ist aber auch klar, dass sich grundsätzlich etwas ändern muss. Die Überlastungssituation der Notaufnahmen im Klinikverbund Südwest, auch in der Kindernotfallambulanz, mache keine Ausnahme: „Man geht davon aus, dass momentan bundesweit für über ein Drittel der Patienten die Notaufnahmen nicht die erste Anlaufstelle hätten sein müssen“, sagt Schmidtke. Dabei müsse aber selbstverständlich das Gesamtsystem betrachtet werden. Die Versorgung im niedergelassenen Bereich sei dabei genauso mit einzubeziehen wie die Steuerung und Lenkung der verschiedenen Dringlichkeiten in den Notaufnahmen.

Verzweifelte Eltern

Wie komplex sich die Situation in der Klinik darstellt, weiß Dr. Gerald Nachtrodt, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Böblingen, nur zu gut. Zwar habe sich die Lage durch die Sommerferien momentan etwas entzerrt. Vor den Ferien aber lag die Wartezeit in der Regel bei zwei bis drei Stunden, so Nachtrodt. Und das, obwohl für die Notfallambulanz schon zusätzliches Personal aus anderen Bereichen des Klinikbetriebs abgezogen worden sei. „30 bis 40 Prozent sind keine Notfälle. Sie müssten nicht zu uns kommen“, sagt Nachtrodt. Wobei er Verständnis für besorgte Mütter und Väter hat: „Für sie ist das durchaus ein Notfall.“ Der Mediziner weiß auch, dass teilweise verzweifelte Eltern in die Notfallaufnahme kommen, weil sie keinen Kinderarzt finden, der ihr Kind als Patient aufnimmt. Denn die Praxen im Kreis Böblingen sind überlastet (die SZ/BZ berichtete).

Wartezeiten variieren

Und dann gibt es da eben auch Mütter und Väter, „die wegen jeder Kleinigkeit zu uns kommen“, verdeutlicht Dr. Gerald Nachtrodt. Zeit binden auch Eltern, die schlecht Deutsch oder Englisch sprechen: „Da ist es oft schwierig und langwierig, herauszufinden, was das Kind hat. Auch dadurch kann es zu längeren Wartezeiten kommen.“ Wobei die Wartezeiten je nach Dringlichkeit von Fall zu Fall variieren können. Durch diese sogenannte „Triagierung“ sei die Situation für die Patienten im Moment nicht gefährdend.

Eine Sondergebühr hielte der Chefarzt für fatal: „Dann bestünde die Gefahr, dass gerade Bürger, die wenig Geld haben, zu spät zu uns kommen. Und die große Mehrheit der Eltern wird sich dadurch ohnehin nicht abschrecken lassen, so dass es keine Auswirkungen auf die Frequenz haben würde.“