Den Langfingern die Tour vermasseln
Zuvor stellte Paul Nemeth bei der Infoveranstaltung der Böblinger CDU „So halten Sie Langfinger fern“ klar: Wohnungseinbrüche seien zwar ein sensibles Thema, die Ermittlung schwierig und die Aufklärungsquoten im Vergleich zu vielen anderen Delikten gering. Mit Flüchtlingen und Asylanten aber habe die Wohnungseinbruchskriminalität nichts zu tun. Dahinter stecke vielmehr organisierte Kriminalität osteuropäischer Herkunft.
Bei allen Widrigkeiten der Aufklärung, die Einbruchszahlen seien dennoch deutlich rückläufig. Stiegen die Fallzahlen bis 2014 landesweit auf über 13 000, sanken sie bis 2016 unter die 12 000er-Marke. Im Kreis Böblingen sank die Zahl der Einbrüche 2016 um 26 Prozent auf 356, für 2017 gebe es einen weiteren Rückgang im zweistelligen Prozentbereich.
Bevor Kriminalhauptkommissar Gerhard Hollenweger, dessen Schreibtisch in der sicherungstechnischen Beratungsstelle des Ludwigsburger Polizeipräsidiums Bereich Böblingen auf der Hulb steht, Tipps gibt, wie man sich vor Einbrechern schützt, schärft er dem halben Hundert Zuhörern eines ein:
„Lassen Sie ihn springen“, warnt er vor Versuchen, einen Einbrecher aufzuhalten, wenn er im Haus oder der Wohnung angetroffen wird. „Sie wissen nicht, wie er reagiert“, sagt er zu Kurzschluss-Reaktionen, die bei einem Täter auftreten können, selbst wenn der, wie das Gros aller Einbrecher, nie beabsichtigt hat, jemanden zu verletzen. Springen lassen und unter 110 Polizei verständigen - so lautet Hollenwegers Faustformel.
Der Kriminalhauptkommissar führt freilich anderes im Schilde: „Lass’ Einbrecher erst gar nicht in die eigenen vier Wände kommen.“ In dieser Mission ist er vor allem unterwegs.
Viele seiner Empfehlungen zielen auf Nachrüstung oder Erneuerung des mechanischen Grundschutzes. Dabei geht es nicht darum, einen Einbruch völlig unmöglich zu machen. „Absoluten Schutz kann niemand garantieren“, räumt er ein. Es geht darum, den Tätern das Leben durch den Faktor Zeit möglichst schwer zu machen. Denn je länger ein Einbrecher benötigt, um in ein Objekt zu kommen, umso höher ist sein Entdeckungsrisiko. Nach ein, zwei, vielleicht auch drei Minuten eines vergeblichen Einbruchsversuchs brächen die Täter in der Regel ab und suchten das Weite.
Guten Schutz bieten neue Türen ab der Widerstandsklasse 2 mit Hinterbandsicherung oder Bolzen und einer Schutzrosette für den Schließzylinder. Bei neuen Fenstern sind es Beschläge, acht bis zwölf Verriegelungspunkte, abschließbarer Fenstergriff und Sicherheitsverglasung. Bei Kennzeichnung RC 2 N - „N“ wie normal – handelt es sich um Standard-, bei RC 2 um besonders widerstandsfähiges Sicherheitsglas.
Statt ganze Elemente zu erneuern, lassen sich Türen und Fenster meist nachrüsten. Bei der Wohnungstür bietet sich der Anbau eines Querriegels an, ein Kastenriegelschloss oder eine hintere Zusatzsicherung. Zusätzlich kann ein Türspion installiert werden. Als Nachrüstelemente für Fenster kommen Fenstergriffschloss oder Stangenverriegelung oder Zusatzschlösser oder eine Hinterbandsicherung in Betracht. Bei neueren Fenstern können auch die Beschläge ausgewechselt werden. Von außen aufgesetzte und sichtbare Sicherungsmechanismen seien ohnehin nicht schlecht, weil das Täter schon vom Versuch abschrecke.
Weitere Möglichkeiten sind Fenstergitter, die Sicherung der Lichtschachtkästen, eventuell eine Rollladensicherung und Bewegungsmelder. „Den löst aber auch die Katze aus“, gibt er zu bedenken.
Der Bewegungsmelder zählt indes schon mehr zum Feld der Alarmanlagen und des elektronischen Schutzes. „Der kann den Täter aber nicht draußen halten.“ Auch habe die Polizei selbst bei funktionierendem Alarm immer gewisse Interventionszeiten. Aber wenn elektronischer Schutz den Einbruch schon nicht verhindert, er kann Tätern das Zeitfenster verengen.
Abschreckend auf potenzielle Langfinger wirke überdies der Eindruck, die Bewohner seien zu Hause. Dies können bei tatsächlicher Abwesenheit beispielsweise Fernsehsimulatoren oder Dämmerungslichter vortäuschen.
Viele der genannten Maßnahmen werden staatlich gefördert durch die KfW. Voraussetzung dafür sei allerdings Einbau oder Nachrüstung durch den Fachbetrieb, erklärt Hollenweger. Auch muss der Zuschussantrag vor dem Ein- oder Umbau gestellt werden.
Vor allem bietet die Polizei selbst einen kostenlosen Service. Gerhard Hollenweger und Kollegen kommen auf Wunsch zum Hausbesuch, um individuelle Sicherungsmöglichkeiten vor Ort zu begutachten und zu besprechen.
Info
Die sicherungstechnische Beratungsstelle des Polizeipräsidiums Ludwigsburg Bereich Böblingen ist telefonisch erreichbar unter 0 70 31 / 13 26 17. Die Polizei-Internetseite www.k-einbruch.de bietet weitere detaillierte Infos. Unter www.kfw.de/455E finden sich ausführliche Infos zu Konditionen von Förderbedingungen und -fähigkeit für Maßnahmen des Sicherungsschutzes gegen Einbruch. Eine Einbruchschutz-Messe ist am Samstag, 10. März, von 10 Uhr bis 18 Uhr und am Sonntag, 11. März, von 11 Uhr bis 18 Uhr in der Sindelfinger Messehalle. Der Eintritt ist frei. Informationen im Internet unter www.einbruchschutzmesse.de