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Mit einem Opel Rekord nach Brüssel

Der Böblinger Roland Braun spielt eine wichtige Rolle in der Landesmeister-Doku des FC Bayern

1974 gewannen die Münchner ihren ersten Landesmeister-Titel

Von Thomas Oberdorfer
Der Böblinger Roland Braun mit Uli Hoeneß

Der Böblinger Roland Braun mit Uli Hoeneß

Bild: z

Fußball. Der 15. Mai 1974 geht in die Geschichte des deutschen Fußballs ein, Hans-Georg Schwarzenbeck sei Dank. Bayern München steht im Finale des Europapokals der Landesmeister dem spanischen Vertreter Atlético Madrid gegenüber. In der 114. Minute erzielt Luis Aragonés per Freistoß das 1:0 für die Spanier, Bayern München scheint geschlagen. „Mein Vater und ich haben im Wohnzimmer schon die Sessel zusammengeschoben und dann kommt der Katsche vor“, erzählt Roland Braun. Der „Katsche“ ist jener Schwarzenbeck, er schießt in der 120. Minute aus bald 30 Metern Entfernung das 1:1, ein Wiederholungsspiel ist nötig.

Wer ist Roland Braun? Der 67-Jährige Böblinger ist seit Jahrzehnten Bayern-Fan. „Nächstes Jahr feiere ich Jubiläum. 60 Jahre Bayern-Fan und 40 Jahre Mitgliedschaft“, erzählt der Rentner. Nach dem Tor der Münchner gibt es für ihn kein Halten mehr. „Ich weiß noch, ich bin auf dem Sessel herumgehopft“, schildert Braun, den dann ein Gedanke treibt: Beim Wiederholungsspiel muss er dabei sein. Damals hat er aber keinen Führerschein, er ist 16 Jahre alt. Gemeinsam mit seinem Freund Jürgen Bogner, er hat einen Opel Rekord Olympia, fährt er am 17. Mai nach Brüssel. Auf dem Schwarzmarkt ergattern sie zwei Stehplatzkarten für insgesamt 50 Mark. Braun: „Das war einiges für uns, das war mir aber damals egal.“

Der FC Bayern München hat eine Dokumentation anlässlich des Jubiläums des Landesmeister-Siegs gedreht, René Domke und Mario Kottkamp sind dafür verantwortlich. An dieser Stelle kommt Roland Braun ins Spiel. Die Idee der Filmemacher ist, auch einen Fan zu Wort kommen zu lassen, der in Brüssel bei der zweiten Begegnung der Bayern gegen die Madrilenen vor Ort war. Alexander Groß ist Fanbeauftragter beim FC Bayern, er kennt Josef Fischer. Der ehemalige Böblinger Sportamtsleiter ist Bayern-Fan und europaweit bei allen großen und weniger großen Spielen in den Stadien dabei, nicht nur bei denen des Rekordmeisters. Er und Roland Braun kennen sich seit Jahrzehnten. Josef Fischer stellt den Kontakt her, Alexander Groß meldet sich bei Braun, und so wird der ehemalige Kicker der SV Böblingen Teil der Dokumentation.

Zu Wort kommen neben Braun in dem gut halbstündigen Film Sepp Maier, Paul Breitner, Uli Hoeneß und Schwarzenbeck. Wer den vier Kickern zuhört, die in den Tagen vor dem Endspiel mit dem FCB die Deutsche Meisterschaft gewonnen haben und im Juli noch den WM-Titel erringen, der fühlt sich in die damalige Zeit zurückversetzt. „Dann habe ich Gott sei Dank nicht lange nachgedacht und habe das Richtige gemacht“, so beschreibt der 76-jährige Schwarzenbeck die Sekunden vor dem Ausgleich im ersten Endspiel. „Wir haben uns dann auf das zweite Spiel gefreut“, sagt Sepp Maier, „die Spanier waren konditionell nicht so gut drauf früher.“ Uli Hoeneß: „Das ist auch interessant, In den zwei Tagen von Mittwochabend- oder Nacht bis Freitagabend ist die Mannschaft so richtig zusammengewachsen. Das war so ein richtiger Jungbrunnen für uns alle, obwohl wir völlig kaputt waren.“ Paul Breitner: „Wir sind in das zweite Spiel gegangen mit ganz klar dem Wissen und dem Bewusstsein, so blöd sind wir kein zweites Mal. Und wir lassen uns auch kein zweites Mal das Spiel von Atlético aufzwängen. Wir machen die nieder.“

Roland Braun hat Gardemaß. Er steht beim Wiederholungsspiel in der Kurve des Heysel-Stadions, im Hintergrund befindet sich das Atomium. „Ich war groß, ich habe das gesehen“, sagt Braun, der sich an alle vier Treffer der Bayern beim 4:0-Erfolg erinnert, als würden sie heute erzielt: Hoeneß schießt in der ersten Hälfte das 1:0, Gerd Müller trifft zweimal nacheinander, den Schlusspunkt setzt Hoeneß, er schließt ein Dribbling über den halben Platz erfolgreich ab. „Seine Läufe von der Mittellinie ab, die waren sensationell“, sagt Braun, der nach der Siegerehrung und der Ehrenrunde der Spieler mit Jürgen Bogner zum Auto zurückkehrt. Braun: „Wir haben vor dem Stadion ein Bier getrunken, dann sind wir heimgefahren die 500 Kilometer und haben dann richtig gefeiert.“

Die Dreharbeiten zu der Dokumentation finden am 19. April im Museum des FCB statt. Roland Braun unterhält sich am Rande mit den Altstars des FC Bayern. „Das war einfach nur gigantisch, die Klub-Legenden zu sehen. Ich habe nach der ersten Anfrage nicht gedacht, dass es funktioniert. Erst als ich dann im Stadion war, habe ich es geglaubt“, sagt Braun, „ich habe mich riesig darüber gefreut.“ Die Freude war fast so groß wie die Freude beim Ausgleich durch Georg Schwarzenbeck 1974.