

Kreis Böblingen. Es ist ein kleines medizinisches Wunder, das vielleicht seltener ist als ein Lottogewinn. In der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Kliniken Böblingen sind Ende August eineiige Drillinge zur Welt gekommen. Weltweit sind nur wenige solcher Fälle dokumentiert – eine Schwangerschaft, die höchste Aufmerksamkeit und eine professionelle Begleitung auf höchstem medizinischen Niveau erfordert. Nach mehr als zwei Monaten in der Klinik sind die drei frühgeborenen Drillingsmädchen bereit für das nächste Abenteuer, den Weg aus der Klinik ins neue Zuhause.
Eineiige Drillinge entstehen, wenn sich eine befruchtete Eizelle zunächst einmal und dann noch ein weiteres Mal teilt. So entwickeln sich drei genetisch identische Kinder, die sich in diesem Fall sogar eine gemeinsame Plazenta teilen. Eine Konstellation, die nicht nur extrem selten, sondern auch mit besonderen Risiken verbunden ist – unter anderem für Frühgeburten oder Wachstumsunterschiede.
„Solche Schwangerschaften sind extrem selten und entsprechend anspruchsvoll ist die medizinische Begleitung. Ich bin sehr stolz auf unser interdisziplinäres Team, das den Drillingen den Start ins Leben ermöglicht hat“, sagt Prof. Dr. Stefan Renner, Chefarzt der Frauenklinik in Böblingen. Eigentlich verlief die Schwangerschaft trotz aller Risiken stabil. Doch bei einer Routinekontrolle entdeckten die Ärzte plötzlich Anzeichen eines sogenannten fetofetalen Transfusionssyndroms (TTTS) – einer Komplikation, die auftreten kann, wenn sich mehrere Kinder eine Plazenta teilen. Dabei erhält eines der Kinder zu viel, ein anderes zu wenig Blut. Ein lebensgefährlicher Zustand, der sofortiges Handeln erforderte. „Bei solchen komplizierten Schwangerschaften entscheidet die enge Überwachung über Leben und Gesundheit der Kinder“, erklärt Oberarzt Tobias Schlegel, der die junge Mutter während der Schwangerschaft begleitet hat. „Als wir das Transfusionssyndrom festgestellt haben, war klar, dass wir sofort entbinden müssen – auch wenn es noch sehr früh war.“
Dass Mutter und Kinder die kritische Situation gut überstanden haben, ist dem engen Zusammenspiel von Gynäkologen, Neonatologen und Pflegekräften im Perinatalzentrum Level 1 in Böblingen zu verdanken, der höchsten Versorgungsstufe für Frühgeborene in Deutschland. Schon zuvor war die werdende Mutter engmaschig in der Pränatalsprechstunde der Frauenklinik begleitet worden. Dort arbeiten Spezialisten für Perinatalmedizin, die gemeinsam mit Hebammen, Pflegefachkräften und der Kinderklinik mit ihrer Neonatologie an der Seite der Familie standen. Wöchentliche Ultraschalluntersuchungen, unter anderem mit Dopplersonografie, ermöglichten es, die Durchblutung der Kinder genau zu überwachen – und letztlich auch, die Komplikation rechtzeitig zu entdecken.
Trotz aller Vorsicht blieb die Geburt eine Herausforderung: Eines der Kinder erlitt nach der Entbindung eine Hirnblutung und wurde besonders intensiv medizinisch betreut. „Wir wissen, dass solche Komplikationen bei Frühgeburten leider vorkommen können – gerade auch bei einem fetofetalen Transfusionssyndrom“, sagt Dr. Gerald Nachtrodt, Chefarzt der Kinderklinik. „Umso wichtiger ist es, dass die Kinder sofort nach der Geburt durch erfahrene Neonatologen versorgt werden. Glücklicherweise geht es dem betroffenen Mädchen mittlerweile sehr gut.“ Aber es stehen nicht nur die Neugeborenen im Fokus: „Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit besteht auch in der Schulung der Eltern“, so der Kinderarzt.
Um Eltern in solchen herausfordernden Situationen zusätzlich zu stärken, bietet Christina Högel, Familien-, Gesundheits- & Kinderkrankenpflegerin in den Kliniken Böblingen, seit Mitte des Jahres eine wöchentliche Elternschulung an. „Dort können wir noch intensiver auf die Fragen der Eltern eingehen und ihnen Sicherheit geben. Die Schulungen sind das i-Tüpfelchen unserer ohnehin schon sehr guten pflegerischen Versorgung“, erklärt Högel.
Auch die junge Mutter blickt voller Dankbarkeit zurück: „Es war manchmal beängstigend zu wissen, wie riskant diese Schwangerschaft ist – und als die Ärzte plötzlich sagten, dass wir sofort entbinden müssen, war ich natürlich voller Sorge. Aber ich habe mich in Böblingen von Anfang an sehr gut aufgehoben gefühlt und wir sind mit den Pflegekräften und Ärzten fast wie eine kleine Familie zusammengewachsen. Dass meine drei Kinder nun gesund sind, ist für uns das größte Glück.“
Die Drillinge wurden direkt nach der Geburt auf die Kinderintensivstation verlegt. Dort überwachen spezialisierte Teams rund um die Uhr ihre Entwicklung. Nach den aufregenden ersten Wochen steht nun der nächste große Moment bevor: Am vergangenen Mittwoch durften die drei Geschwister gemeinsam mit ihrer Mutter nach Hause. Für die Familie beginnt damit eine neue, aufregende Zeit des Kennenlernens – und für die Klinik bleibt diese Geburt ein Ereignis, das in seiner Einzigartigkeit noch lange in Erinnerung bleiben wird.


