

Sindelfingen. Am 1. Januar 2023 um 1.10 Uhr gehen mehrere Notrufe bei Polizei und Rettungsdienst ein. Im 12. Stock eines Hochhauses in der Sommerhofenstraße in Sindelfingen brennt ein Balkon. Durch die starke Hitzeentwicklung gehen die Fenster kaputt und Rauch gelangt in die Wohnung, in der sich zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise niemand befindet. Die Feuerwehr löscht den Brand, es gibt keine Verletzten. Der Sachschaden am Gebäude sowie dem Inventar: rund 80 000 Euro. Der Täter: eine verirrte Silvesterrakete.
Der Vorfall ist nun mehr als einen Monat her. Doch auch in den Tagen und Wochen nach dem Jahreswechsel verschießt so mancher seine Restbestände. Erst vor ein paar Tagen gingen in Schönaich wieder Raketen in die Luft. Doch wer haftet eigentlich bei Schäden, die durch Feuerwerkskörper verursacht werden? „Wenn das Haus, die Wohnung oder der Balkon durch Raketen, Böller und Co. Feuer fangen, übernimmt in der Regel die Gebäude- oder die Hausratversicherung den Schaden“, sagt Torsten Widmann, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei der Württembergischen Gemeinde-Versicherung (WGV). „Wenn der Schaden von jemand anderem verursacht wird, kann unter Umständen auch eine Haftpflichtversicherung herangezogen werden.“ Trotzdem wäre eine Sachversicherung von Vorteil, denn die Gebäudeversicherung reguliere den Schaden zum Neuwert und nicht nur zum Zeitwert. Einschränkungen der Leistung sind bei grob fahrlässigem Handeln möglich.
Manchmal kommt es aber auch vor, dass eine Rakete durch ein offenes Fenster oder eine Tür in die Wohnung gelangt und dort Schäden anrichtet. „Die Gefahren Brand und Explosion können über die Hausratversicherung versichert werden“, sagt Torsten Widmann. Anders verhalte es sich bei Schmorschäden, also kleinflächigen Schäden, die durch Hitze – aber ohne einen Brand – entstanden sind. Nicht alle Verträge würden hier ohne Mehrbeitrag einen Versicherungsschutz bieten.
Auch durch Feuerwerk beschädigte Autos sind in der Silvesternacht keine Seltenheit. Egal ob Brand oder Delle – die Kaskoversicherung deckt Schäden am versicherten Fahrzeug ab. „Wenn das Fahrzeug durch einen Feuerwerkskörper in Brand gerät oder durch den Aufprall einer gezündeten Silvesterrakete beschädigt wird, besteht Versicherungsschutz über die Teilkaskoversicherung“. Auch hier sind Schmorschäden nicht inbegriffen.
Neben Gebäuden und Autos werden jedes Jahr einige Menschen durch Feuerwerk verletzt. Raketen oder Böller können bei falscher Nutzung oder Unfällen zu starken Verbrennungen führen. „Wird ein Mensch verletzt, werden die ärztlichen Behandlungskosten zunächst von dessen Krankenkasse übernommen. Diese wendet sich dann an den Verursacher. Sofern eine Haftpflichtversicherung besteht, werden die Kosten von dieser übernommen“. Nur wer privat versichert ist, könne sich direkt an den Verursacher wenden, um die Kosten geltend zu machen.
In einer Privathaftpflichtversicherung ist das Abbrennen eines Kleinfeuerwerks mitversichert. „Dabei handelt es sich um Feuerwerkskörper der Kategorie F2, also das klassische Silvesterfeuerwerk. Illegal sind Feuerwerkskörper der Kategorien F3 (Mittelfeuerwerk) und F4 (Großfeuerwerk), die nur von Personen erworben werden dürfen, die eine behördliche Erlaubnis dafür haben“, sagt Torsten Widmann. „In Deutschland sind ausschließlich Artikel mit CE-Zeichen erlaubt. Auch Kleinfeuerwerkskörper ohne dieses sind somit illegal.“ In diesen Fällen zahlt die Privathaftpflichtversicherung also nicht. Um festzustellen, ob ein Feuerwerkskörper legal war oder ein Verstoß gegen das Sprengstoffrecht vorliegt ermittelt in vielen Fällen neben dem Versicherer auch die Polizei. „Zum Beispiel werden Nachweise über den verwendeten Feuerwerkskörper und dessen Erwerb oder Zeugenaussagen angefordert“, sagt Torsten Widmann.
Tischfeuerwerk, Wunderkerzen und Knallerbsen dürfen ab einem Alter von 12 Jahren verwendet werden. Raketen und Böller sind ab 18 Jahren erlaubt. „Verursachen Kinder ab 12 Jahren oder Jugendliche Schäden, können diese bereits schadenersatzpflichtig sein.“ Eltern sind nur bei einer Verletzung ihrer Aufsichtspflicht zum Schadenersatz verpflichtet.
Nach einem Schaden sollte die Versicherung schnellstmöglich informiert werden. Am besten mündlich oder telefonisch. Versicherte sind zudem zur Schadensminderung verpflichtet. Sie müssen dafür sorgen, dass ein Schaden so klein wie möglich bleibt. Dokumentieren Sie in einem solchen Fall den ursprünglichen Schaden möglichst genau mit Fotos und am besten einem Zeugen.