

Sindelfingen. Der Gemeinderat debattierte von Pommes und Ketchup bis zu Eigenkapitalanteilen. Am Ende findet sich eine klare Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag, die 100-Millionen-Variante der Sanierung und Erweiterung des Badezentrums mit Sport- Familien- und Saunawelt vertieft weiter zu planen und vor einem Baubeschluss einen Bürgerentscheid vorzubereiten.
24 Ja-Stimmen bei 14 Neins erhält der zentrale Punkt 2 der Beschlussvorlage: Das Projekt Konzeption Badezentrum mit dem ursprünglich geplanten und dem hochbauwettbewerblichen Verfahren zu Grunde liegenden Raum- und Angebotsprogramm (Sportwelt, Familienwelt mit Wellen- und Außenbecken und der Saunawelt) wird weiter geplant.
Die Abstimmung ist allerdings unübersichtlich. Nur wenige Fraktionen sind geschlossen. Die Anwesenden der CDU stimmen mit Ja, die FDP mit Nein. Eine klare Ja-Mehrheit findet sich bei den Freien Wählern, eine klare Nein-Mehrheit bei den Grünen. Bei den Grünen stimmt allerdings Maxmilian Pfeffer mit Ja, Helmut Hofmann und Sabine Kober enthalten sich. Bei der SPD stimmen nur Axel Finkelnburg und Christine Rebsam-Bender mit Nein, Manfred Stock, Alina Kroschwald, Sabine Duffner, Sarah Kupke und Birgit Wohland-Braun mit Ja. Die Linke zeigt sich gespalten mit Ja von Richard Pitterle und Nein von Ursula Merz. Winfried Meffert (AfD) votiert mit Nein.
Gleichzeitig beauftragt der Gemeinderat die Verwaltung, den bisherigen Entwurf mit den 3 Welten inklusive Rutschenturm, Wellen- und Außenbecken auf Einsparpotenziale hin zu prüfen. Klare Mehrheiten bekommt die Verwaltung im Anschluss ebenfalls für die Vergabe der Fachplanungen bis Leistunsphase 3 im Umfang von 1,14 Millionen Euro. Dazu gehört eine Kostenberechnung.
Durch verschiedene Fraktionen hindurch meldeten sich Stimmen, die ihr Ja genau mit diesem Paket begründen: „Wichtig ist, dass wir Klarheit bekommen“, sagt etwa Dr. Ingo Sika (Freie Wähler) und ergänzt: „Wir müssen auch der Bevölkerung Informationen zukommen lassen, wenn es einen Bürgerentscheid gibt.“ So macht der Gemeinderat mit dem jetzigen Beschluss auch den Weg frei für einen möglichen Bürgerentscheid: Den soll die Verwaltung vorbereiten, nachdem die Ergebnisse der vertieften Planungen vorliegen.
Der von Ulrich Hensinger vorgetragene Antrag der Grünen, diesen Bürgerentscheid auf den 9. Juni 2024 und damit auf den Tag von Kommunal- und Europawahl zu legen um mit einiger Wahrscheinlichkeit das notwendige Abstimmungsquorum von 20 Prozent zu erreichen, findet keine Mehrheit.
Zum Auftakt der Debatte hatte OB Dr. Bernd Vöhringer an die Entstehung der Badkonzeption erinnert: Basis sei ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss gewesen. Mit dem sei 2019 die große Variante mit Investor verworfen worden ebenso wie die kleine mit bloßer Sanierung des bestehenden Hallenbads. So sei die jetzige 100-Millionen-Variante nicht die große, sondern die mittlere Variante. Erster Bürgermeister Christian Gangl relativiert die Außerordentlichkeit des 100-Millionen-Moments. Er erinnert an große Investitionsbeschlüsse der Vorgänger-Generationen. Der Bau des Hallenbades 1976 etwa habe 29 Millionen D-Mark gekostet, entsprechend heute 63 Millionen Euro. Für den Bau des Glaspalastes 1977 wurden 23 Millionen ausgegeben, entsprechend heute 48 Millionen Euro.
Die Gegner der Weiterplanung der 100-Millionen-Variante sprechen sich in der Diskussion gegen „Luxusbad“, „Spaßbad“ und „Prestigeobjekt“ aus. „Man versucht, Stimmung zu machen“, sagt dazu der OB. „Aber es ist ihr Projekt“, erinnert er das Gremium an den zu Grunde liegenden Gemeinderatsbeschluss von 2019. „Ich bin der Meinung, dass ein Familienbad auch Spaß machen darf“, sagt er aber selbst.
Axel Finkelnburg, der in seiner Rede gegen die 100-Millionen-Euro Konzeption daran erinnert, dass die Verwaltung einst den Abriss des Glaspalastes vorgeschlagen habe, fängt sich eine Parade ein. „Fake News“, sagt dazu OB Dr. Bernd Vöhringer: das habe ein einzelnes Mitglied, nicht die Verwaltung vorgeschlagen. Den Vorschlag Glaspalastabriss zu machte offenbar der damalige Baubürgermeister Johannes Mescher.
Max Reinhardt (FDP), der ebenfalls gegen die 100-Millionen-Variante argumentiert, stellt die Behauptung auf, bei den anzunehmenden Eintrittspreisen für das Familienbad sei ein Türkei-Urlaub günstiger. Das identifiziert der OB als „Gipfel“ und gesteht: „Ich weiß nicht, was für ein Reisebüro die FDP hat.“ Walter Arnold (CDU) meldet sich zwischendrin ebenfalls. Die Leute würden schon jetzt nach Eingangssituationen im Bad und nach Pommes und dem dazugehörigen Ketchup fragen. „Das müssen wir uns alles anhören“, erzählt Arnold und erhofft sich vom beschlossenen Paket endlich mehr Klarheit.
Die Befürworter der Weiterplanung am 100-Millionen-Konzept folgen der Argumentation der Verwaltung: Diese Variante mache das Bad deutlich attraktiver und erweitere so den Nutzerkreis um alle Generationen. Der zu erwartende jährliche Abmangel, den Kapitalaufwand mit eingerechnet bei einer Eigenkapitalquote von 35 Millionen, belaufe sich auf 5,7 Millionen. 5,7 Millionen jährliches Ergebnis-Minus aber falle auch bei der Minimalvariante Sanierung Hallenbad ohne Erweiterung an bei Investitionskosten von 31,5 Millionen, der Nutzerkreis bleibe auf Schulen, Vereine und Sportler zentriert.