

Holzgerlingen/Shanghai. „Wir sind als Delegation gekommen und gehen als Freunde.“ Mit diesen Worten endete die erste Austauschwoche an der Gucun High School in Shanghai für 24 Jungen und Mädchen der Jahrgangsstufen 10 und KS1 vom Schönbuch Gymnasium in Holzgerlingen. Nach sechs Jahren Coronapause machten sie sich zusammen mit zwei Lehrern auf die Reise in eine fernöstliche Welt. Die Weltmetropole Shanghai und die Gastfamilien wurden für sie eine Woche lang ihr neues Zuhause. Chinesisches Essen, Musik, Kultur und Schultag erweiterten täglich den Horizont aller Beteiligten.
Die Deutschen wurden nicht nur herzlich von ihren chinesischen Gastfamilien aufgenommen, sondern bereits am ersten Wochenende in das Alltagsleben einer Millionenmetropole eingeführt. Sie erlebten einerseits typische Familienfeste und -rituale, andererseits nahmen sie an verschiedenen Freizeitaktivitäten wie Karaoke, Kinobesuche auf Englisch, Hot-Pot-Essen, Stadtbummel und Ausflügen teil. Das Essen stellte eine besondere Herausforderung dar, die es zu meistern galt. Angefangen mit den klassischen Unterschieden, wie das Essen mit Stäbchen, war vor allem das Frühstück gewöhnungsbedürftig. Warmes Essen zu jeder Mahlzeit, süßer Reiskuchen zur Vorspeise und salzige Suppen zum Nachtisch; die Liste der neuen Köstlichkeiten war endlos. Die Jugendlichen durften in der ersten Woche den chinesischen Unterrichtsalltag an einer staatlichen High School kennenlernen, der zwar grundsätzlich dem Deutschen ähnlich ist.
Generell aber haben Schule, Leistung und Fleiß einen anderen Stellenwert in der chinesischen Gesellschaft, sodass Schule und Unterricht einen Großteil des Teenageralltags einnehmen, anders als das in Deutschland der Fall ist. Der Schultag endet täglich erst am späten Nachmittag und Hausaufgaben werden bis in die Nacht erledigt. Das Tragen einer Schuluniform und die Klassengröße von durchschnittlich 40 bis 50 Schülern fanden sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Holzgerlinger Lehrer ungewöhnlich. Täglicher Fahnenappell Befremdlich war vor allem der tägliche Fahnenappell in der großen Pause und die gemeinsame Sportübung der 2000 Schülerinnen und Schüler auf dem schuleigenen Sportplatz, bei der nicht nur Nationalstolz, sondern auch Einheitlichkeit, der Stellenwert von Disziplin und die Bedeutung von Ordnung und Gleichklang zu spüren war.
Mit einer bemerkenswerten Neugier nahmen die Deutschen an allen Schulaktivitäten teil, gingen aufgeschlossen auf die chinesischen Schülerinnen und Schüler zu und überwanden mit einer Leichtigkeit Sprachschwierigkeiten, indem sie gemeinsam nach der Schule Fußball spielten, Übersetzungsprogramme einsetzten und mit Gesten in einen regen Austausch mit den chinesischen Mitschülerinnen und Mitschülern traten. Stellenweise wurden die Jugendlichen wie Stars gefeiert, denn obwohl Shanghai sehr westlich orientiert ist, fielen die Deutschen mit ihrer hellen Haut, ihren blonden Haaren und blauen Augen auf. „Sie sind in den Augen von Chinesen einfach schön“, erklärte die begleitende Übersetzerin, die der Gruppe in der ersten Woche unterstützend zur Seite stand. Gleichermaßen war die deutsche Gruppe auch begeistert von der modernen Schule und der überwältigenden Gastfreundschaft, sodass der Abschied aus Shanghai allen nach der gemeinsamen Zeit schwerfiel. Einerseits flossen Tränen bei den Gasteltern, die die Jugendlichen von der ersten Minute an wie Familienmitglieder behandelt und am Ende mit vielfältigen Abschiedsgeschenken nach Hause entsandten.
Andererseits konnten sich die Tauschpartner kaum voneinander lösen und wollen weiterhin über WeChat im regelmäßigen freundschaftlichen Kontakt bleiben. Alle Beteiligten freuen sich auf ein Wiedersehen in Deutschland im Juli diesen Jahres. Der Schüleraustausch war eine intensive Reise mit allen Sinnen. Vor allem auf der anschließenden sechstägigen Rundreise von Shanghai über Hangzhou nach Beijing tauchte die Gruppe tiefer in Land und Leute ein. Nicht nur historisch, sondern auch kulturell bietet das Land eine Vielfalt, die überwältigend ist. China steht zwischen Tradition und Moderne, zwischen Millionenstädten und einsamen Provinzen, die es zu entdecken galt. Taoistische Tempelanlagen beeindruckten genauso wie das Freilichtmuseum in der Wasserstadt Wuzhen und die Zeremonie des Drachenbrunnen-Tees in Hangzhou. Nach einer nächtlichen Überfahrt im Zug war das größte Highlight der Reise der Besuch der Hauptstadt Beijing. Der Platz des Himmlischen Friedens, sowie die Verbotene Stadt standen im Kontrast zum spektakulären Besuch der Großen Chinesischen Mauer.