

Kreis Böblingen. Die Empörung war groß, als das Landratsamt verkündet hat, dass 2024 keine gedruckten Abfallkalender mehr verteilt werden. Die SZ/BZ erreichten Leserbriefe, die diese Entscheidung als Unverschämtheit betitelten und analoge Lösungen forderten. Und immer wieder tauchte die Frage auf: „Was ist mit der älteren Bevölkerung?“
Für diejenigen, die digital nicht fit seien, brauche es einen analogen Weg, sagt die Vorsitzende des Kreisseniorenrats Böblingen, Gabriele Wörner. Sie habe bereits vor Monaten vom Konzept des Landratsamts erfahren, den digitalen Weg zu beschreiten. Hierzu wurden der Kreisseniorenrat, die Lebenshilfe und die Behindertenbeauftragte eingeladen. Bereits damals habe Gabriele Wörner angeregt, dass der Abfallkalender in einer gewissen Anzahl in den Kommunen ausgelegt werden müsse. Sie habe ebenfalls vorgeschlagen, den Abfallkalender in den Amts- und Nachrichtenblättern abzudrucken.
„Dafür müssen keine Massen gedruckt werden“, so Gabriele Wörner, „aber die Behörden sind in der Pflicht, eine analoge Lösung für Senioren anzubieten, die überhaupt nicht digital unterwegs sind.“ Solch eine Lösung brauche es für die nächsten fünf bis zehn Jahre.
Sie betont, dass es auch viele ältere Menschen gebe, die digital fit seien und auch mit digitalen Lösungen umgehen können. Wer Unterstützung braucht, findet sie bei den PC- und Internetteams des Kreisseniorenrats. Die Mitarbeiter erklären, wie der Abfallkalender online zusammengestellt und ausgedruckt wird und wie die App auf dem Smartphone heruntergeladen wird.
Grundsätzlich befürworte Gabriele Wörner die Digitalisierung: „Wir fordern immer Digitalisierung und Bürokratieabbau – und wenn dann jemand den Vorstoß macht, gibt’s den Aufschrei.“
Die Städte Sindelfingen und Böblingen bieten niederschwellige, analoge Lösungen an. Auf Initiative der Stadtseniorenrat-Vorstände Thomas Schulz und Wolfgang Trefz und in Kooperation mit der Seniorenbeauftragten Friederike Korölus hat Sindelfingen entschieden, in den Bezirksämtern Maichingen und Darmsheim Abfallkalender auszulegen, die abgeholt werden können. Das teilt Yvonne Schott von der Pressestelle Sindelfingen auf Anfrage der SZ/BZ mit.
Senioren aus der Kernstadt können sich an die Seniorenbeauftragte Friederike Korölus wenden, um einen Abfallkalender zu bestellen. Sie ist bis zum 12. Dezember und dann wieder ab dem 4. Januar 2024 unter der Telefonnummer 94-432 oder per Mail unter f.koroelus@sindelfingen.de erreichbar.
Wer einen Abfallkalender bestellen möchte, muss seinen Namen und seine Adresse, die wichtig für den Abfuhrbezirk ist, nennen. Der Kalender kann dann drei Werktage später am Servicepunkt im Rathaus zu den Öffnungszeiten (Montag bis Freitag 8-12 Uhr, Donnerstag 14-17.30 Uhr) abgeholt werden.
In Böblingen haben sich die Offene Städtische Seniorenarbeit, die Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement und die Fachstelle Leben im Alter (LiA) der Stadt Böblingen dazu entschieden, dass Menschen ohne digitalen Zugang den Abfallkalender in gedruckter Form in den Stadtteiltreffs wie beispielsweise beim Treff im Grund und Treff am See erhalten können.
Auch bei anderen städtischen Anlaufstellen, zum Beispiel im Tetragon im Rahmen der Sprechstunde von LiA, dem Allgemeinen Sozialen Dienst ASD und der Formularhilfe, ist das möglich, so der Pressesprecher der Stadt Böblingen, Fabian Strauch. Allerdings: Kalender werden dort nur auf direkten Wunsch ausgedruckt, sie werden nicht in größerer Menge ausgelegt. Beim Café Emil auf der Diezenhalde und beim Treff am Murkenbach muss vorab angefragt werden.
Ab der kommenden Woche (KW 48) werden gedruckte Abfallkalender beim Bürgerreferat im Alten Rathaus im Zimmer 207 zu den üblichen Öffnungszeiten bereitgehalten, teilt Fabian Strauch mit. Auch im Bezirksamt Dagersheim gibt es gedruckte Exemplare. Zusätzlich werde geprüft, ob ein Abdruck im Amtsblatt vor Weihnachten möglich ist.
Die Offene Städtische Seniorenarbeit gebe außerdem Schulungen für Ältere, wie beispielsweise die Abfall-App funktioniert, so der Sprecher der Stadt.
Bisher wurden jedes Jahr 200 000 Abfallkalender an die Haushalte verteilt. Mit der Abschaffung der gedruckten Form werden rund 70 000 Euro eingespart, so Benjamin Lutsch, Pressesprecher des Landratsamts Böblingen. „Aber wichtiger noch als die finanzielle Einsparung ist für uns, Holz für die Papierproduktion und CO2 einzusparen.“
Seit Jahren habe es immer wieder den Hinweis gegeben, dass die gedruckte Version des Kalenders vielfach nicht benötigt werde und sofort in der Papiertonne lande. „Wir wollen als Abfallwirtschaftsbetrieb nicht eine Auflage von 200 000 Kalendern produzieren, die zu großen Teilen nicht genutzt wird. Das ist nicht im Sinne der Abfallvermeidung, sondern Ressourcenverschwendung“, so der Pressesprecher.
Für ältere Bürger ohne Internetzugang sei „die erste, beste und einfachste Möglichkeit, sich durch sein Mitmenschen helfen zu lassen, entweder bei der Anwendung der digitalen Lösungen oder beim Ausdrucken eines Kalenders“, so Benjamin Lutsch. Das Landratsamt Böblingen bietet seine Hilfe unter der Hotline 07031 663 1550 an „Wir finden für jeden Fall eine passgenaue Lösung.“
Link zum digitalen Abfallkalender
Unter https://www.awb-bb.de/start/entsorgen/Abfuhrtermine.html kann der Abfallkalender zusammengestellt und ausgedruckt werden.
Kreisseniorenrat Böblingen
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