Klimawandel: "Gier macht nicht glücklich, sondern unersättlich"
Sindelfingen. Wie sieht der weltweite Beitrag der Kirchen zu Klimagerechtigkeit und Frieden aus? Diese Frage wurde beim 18. Forum Ökumene in der Versöhnungskirche Sindelfingen-Goldberg diskutiert. Eingeladen hatten der Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung (DiMOE), Pro Ökumene und die Evangelische Mission in Solidarität (EMS) gemeinsam mit der Martinskirchengemeinde Sindelfingen.
Was bedeutet es, wenn eine Klimaveränderung irreversibel wird? Dr. Boniface Mabanza erklärte das anschaulich: „Das ist wie ein hart gekochtes Frühstücksei. Dieses bleibt hart, auch wenn das Wasser wieder kalt wird.“ Seit 2008 ist Mabanza Koordinator der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA) in Heidelberg. Die Stimmen aus dem Globalen Süden wirklich zu hören, das ist ihm ein Anliegen angesichts der Klimadebatte. Das 1,5-Grad-Ziel lasse sich nicht beliebig hin und her schieben, betonte er. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Handlungsproblem“, so der Theologe, Philosoph und Literaturwissenschaftler. „Es ist Torheit, immer wieder dasselbe zu tun, aber dabei andere Ergebnisse zu erwarten.“
Mabanza erinnerte an die katastrophalen Bedingungen des Platinabbaus im südlichen Afrika. „Wir können nur deshalb ein scheinbar gutes Gewissen haben, weil wir die sozialen Kosten und Umweltkosten externalisieren.“ Damit müsse endlich Schluss sein. Dem stimmte der Landtagsabgeordnete Florian Wahl aus Sindelfingen (SPD) zu: „Der Bundestagswahlkampf war nicht ehrlich. Das wird nicht zumutungsfrei funktionieren.“ Die Hauptverursacher des Klimawandels, so Wahl weiter, seien die früh industrialisierten Staaten „Wir haben die geringsten Auswirkungen und verfügen über ausreichend Mittel, um uns anzupassen.“
Vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf war die Ökonomin Athena Peralta angereist. Sie verwies auf aktuelle Studien: Der maximal anvisierte Temperaturanstieg um 1,5 Grad Celsius werde schon in etwa zehn Jahren erreicht. Das Hochwasser im Ahrtal habe sie an die immer häufigeren Taifune in ihrer philippinischen Heimat erinnert. „Als ich die Bilder der Zerstörung zum ersten Mal sah, dachte ich, nun findet der Klimawandel auch in Europa statt.“ Sie warnte vor drohenden Kippunkten wie dem Kollaps des Golfstroms. Die Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Ländern stiegen parallel mit dem Einkommen der Menschen.
Schöpfung und Erlösung dürften nicht auseinandergerissen werden, wie dies in der Kirchengeschichte oft der Fall war, sagte Professor Dr. Ulrich Heckel, Dezernatsleiter im Oberkirchenrat in Stuttgart. „Gier macht nicht glücklich, sondern unzufrieden, und sie ist unersättlich.“ Als positives Gegenstück zur Gier empfahl er die „Verantwortung aus Dankbarkeit“: Wer Gott danke, gehe sorgsamer mit seiner Schöpfung um. „Christus selbst weiß um die Bedrohung und setzt auf Bewahrung“, so Heckel in seiner Deutung des Kolosserbriefes.
Das nächste „Forum Ökumene“ findet am Mittwoch, den 8. Dezember von 18 bis 20 Uhr im Hospitalhof Stuttgart statt. Zum Thema „Das Recht auf Rechte – Wer kann Menschenrechte einfordern und einklagen?“ spricht Michael Windfuhr vom Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin. Anmeldungen unter dimoe.stuttgart@elk-wue.de.