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Böblingen: Der scheidende OB Wolfgang Lützner auf Abschiedstour in der Partnerstadt Alba / Anfragen für Beratertätigkeit / Schwerpunkt des Lebens nicht mehr in Böblingen

Lützner plant Rückzug ins Privatleben

Einen knappen Monat ist Böblingens OB Wolfgang Lützner offiziell noch im Amt, davon hat er noch zwei Wochen Urlaub. Bei einer kurzen Abschiedstour verabschiedete er sich in Alba von den Freunden der Städtepartnerschaft – und sprach mit der SZ/BZ über seine Zukunft.
Von unserem Redakteur Hansjörg Jung

Rot bezogene Polstersessel, Möbel, die sich in jedem Antiquitätengeschäft gut machen würden, lindgrüne Tapeten mit goldenem Muster, alte Bilder an der Wand – stilvoll empfängt Albas Bürgermeister Maurizio Marello seinen Böblinger Amtskollegen Wolfgang Lützner zum letzten offiziellen Treffen in seinem Dienstzimmer an der Piazza Risorgimento in Böblingens Partnerstadt. Zwei Kollegen, die sich gut verstehen, nehmen Abschied. Zumindest was die offizielle Seite angeht. Wolfgang Lützner hat die OB-Wahl Anfang Februar verloren und scheidet zum Monatsende auf dem Amt aus.

Grund genug, um sich vom Kollegen und den Freunden der Famija Albeisa zu verabschieden. „Ich habe die Verbindung zu Alba und zur Famija Albeisa in meiner Amtszeit schätzen gelernt. Ohne diese acht Jahre würde mir etwas fehlen“, sagt Wolfgang Lützner.

Auch Maurizio Marello dankt seinem Böblinger Amtskollegen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Pflege der Städtepartnerschaft. Auch seine Tage als Sindaco, als Bürgermeister, sind gezählt. In der piemontesischen Partnerstadt stehen im nächsten Jahr die Bürgermeisterwahlen ins Haus. Doch nach zwei Amtsperioden darf er nicht mehr kandidieren und muss deshalb 2019 seinen Schreibtisch räumen.

„Ihr könnt doch eine gemeinsame Kanzlei eröffnen eine europäische Kanzlei“, scherzt Antonio Tibaldi, Präsident der Famija Albeisa, nachdem sowohl Lützner als auch Marello Juristen sind. Der Präsident wollte den Abschied Lützners nicht gelten lassen. „Als Bürgermeister gehst Du, aber als Freund bist Du uns stets willkommen“, sagt er. Beispielsweise bei den nächsten Kulinarischen Genüssen, die die Famija Albeisa in diesem November zum 14. Mal ausrichten.

Die Vorbereitungen laufen schon und noch in diesem Monat steht auch ein Arbeitstreffen in Böblingen auf dem Programm, bei dem es vor allem um die Küche in der Kongresshalle, aber auch um die Unterbringung der vielen ehrenamtlichen Helfer geht. Bei dieser Gelegenheit wollen die Vorstände dieses umtriebigen Heimat- und Kulturvereins auch den künftigen Böblinger OB kennenlernen. Alt-Präsident Giovanni Bressano, der das Gastmahl mit Spezialitäten aus Alba 1991 aus der Taufe gehoben hat, macht sich ein wenig Gedanken, ob die Kulinarischen Genüsse auch mit Dr. Stefan Belz als Oberbürgermeister eine Zukunft haben. Für ein solches Treffen sagt Wolfgang Lützner seine Unterstützung zu.

Wie bei der europäischen Kanzlei winkt der scheidende Böblinger auch bei einem anderen Vorschlag für eine künftige Tätigkeit ab: Auch bei der Famija Albeisa stehen Präsidentschaftswahlen an. Am 21. März wird OB Wolfgang Lützner im Gemeinderat aus seinem Amt verabschiedet – danach stehen erst einmal ein wenig Ferien an, denn der OB hat noch zwei Wochen Resturlaub auf seinem Zettel. Bis dahin steht vor allem eine Zeit des Verwaltens auf seiner Tagesordnung. „Es macht ja wenig Sinn, jetzt noch grundlegende Entscheidungen zu treffen, man muss sie danach ja auch umsetzen. Auch die Mitarbeiter orientieren sich schon auf den neuen OB. Das muss ja auch so sein. Nach 19 Jahren am Anschlag als Bürgermeister und Oberbürgermeister ist das etwas ungewohnt“, sagt Wolfgang Lützner.

Mit seiner Zukunft, sagt er, hat er sich nicht erst seit der Wahl beschäftigt. „Essen, Trinken, die Arbeit – dies ist nur ein Teil der Wahrheit“, sagt Lützner. Denn am Ende stehe immer noch die zentrale Frage: Was gibt dem Leben Sinn? Darüber nachzudenken und danach zu streben will er sich zunächst keine Zeitvorgabe auferlegen. „Ich bin ab dem 1. April Ruhestandsbeamter. Alles andere wird sich ergeben.“

Reisen und Ruhe sind zwei Stichworte, die seine Auszeit in der nahen Zukunft bestimmen könnten. Dazu gebe es noch einige Rückstände in der Familie auszuarbeiten und die Theorieprüfung die den Küsten-Segelschein will auch noch abgelegt werden. Sicher sei für ihn jedoch: Die Füße auf die Dauer hochzulegen, so der scheidende OB, sei seine Sache nicht. Und: Er wird seinen Lebensmittelpunkt von Böblingen wegverlagern, um näher bei seiner Lebensgefährtin Dr. Ursula Matheis-Mödinger zu sein.

„Ich werde mich ins Privatleben zurückziehen“, sagt Wolfgang Lützner. Und der künftige Job? „Außer einem Amt in der Öffentlichkeit würde ich nichts ausschließen, wenn es zu meinem inneren Wertesystem passt“, sagt er. Zurück in den Anwaltsberuf zu gehen, ist jedoch eine Frage des Rahmens, in den er sich begeben würde. „In einer Kanzlei mit großer Bandbreite wollte ich nicht mehr arbeiten. Ich kann aber meine Erfahrung an den Schnittstellen von Immobilien, Unternehmen und Öffentlichem Recht einbringen. Da kenne ich mich aus.“ Verschiedene Anfragen nach seinen Beraterdiensten, so sagt er, lägen bereits vor.

„Ich habe die acht Jahre in Böblingen positiv in Erinnerung. Ich hatte eine tolle Mannschaft im Rathaus und wir hatten schöne Projekte. Eine gute Zeit. Dass ich es dabei nicht immer allen recht machen kann, das weiß ich. Das ist so in diesem Beruf.“ Diese positive Rückschau wird jedoch vom Kartellverfahren zur Fernwärme getrübt. „Dass mein lieber Parteifreund Paul Nemeth, das Verfahren in Gang gebracht hat, ohne mit mir zu reden“, ist eine Sache die Lützner stört. „Es hätte sicher andere Wege gegeben, das Problem zu lösen.“

Gruppenbild mit Damen bei der Famija Albeisa: Dolmetscherin Sylvia Lüllmann, Roland Stolz, OB Wolfgang Lützner und Famija-Präsident Antonio Tibaldi.