„Schwerer Fehler“ und „Tabubruch“
Der Bundestagsabgeordnete der FDP, Dr. Florian Toncar (Bild: Inga Haar/z), kommentierte gegenüber der SZ/BZ: „„Thomas Kemmerich hat mit der AfD nichts am Hut, eine Zusammenarbeit mit dieser völkisch-nationalistischen Partei hat er stets kategorisch ausgeschlossen. Er wollte dem Landtag durch seine Kandidatur eine Alternative zu den Kandidaten der Linken und der AfD bieten, nachdem die anderen Parteien der Mitte nicht bereit oder in der Lage waren, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Sein Ziel war dabei immer eine Koalition der Parteien der politischen Mitte gegen die Ränder“.
Und weiter sagte Toncar: „Allerdings war es ein schwerer Fehler, die Wahl anzunehmen, nachdem klar war, dass sie auch durch AfD-Stimmen zustande gekommen ist. Die heutige Entscheidung von Thomas Kemmerich, das Amt des Ministerpräsidenten zurückzugeben, war daher unausweichlich. Nun stehen alle demokratischen Parteien in der Verantwortung, zur Sacharbeit zurückzukehren. Nur so lässt sich ein weiteres Anwachsen der politischen Ränder vermeiden.“
Eine klare Position zu den Vorgängen in Thüringen vertritt der Böblinger CDU-Abgeordnete Marc Biadacz (Bild: Tobias Koch/z). „Die FDP hat hier einen Riesenfehler gemacht. Für die FDP ist es ein Desaster, eine Katastrophe“, sagt er. „Und wir als CDU, so offen muss man sein, haben auch keine gute Rolle gespielt.“ Er sei kein Freund der Linken, da sehe er kein politisches Zusammentun. „Aber noch viel, viel weniger geht es, sich auf eine Kooperation mit der AfD einzulassen. Und schon gar nicht in Thüringen mit Herrn Höcke. Das kann man nicht dulden. Hier gilt: Wehret den Anfängen.“
Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, gehe es nur noch darum, Scherben wieder zusammenzukehren. „Ich bin kein Fan von Neuwahlen. Aber in der jetzigen vertrackten Situation sehe ich keine andere Lösung. Es geht nur noch so – und dann sieht man, wie der Wähler entscheidet.“
Und auch in der CDU müsse Klartext gesprochen werden. Dass sich die Fraktion im Thüringer Landtag mit ihrem Abstimmungsverhalten nicht an die Parteilinie gehalten habe, jede Kooperation mit der AfD auszuschließen, sei nicht zu akzeptieren. „Hier wird es in den kommenden Tagen viel Klärungsbedarf geben“, sagt Biadacz, der sich ansonsten wünscht, dass der Fokus künftig endlich wieder mehr in Richtung Sachpolitik gerückt wird, wo „wichtige, zukunftsweisende Entscheidungen getroffen werden“ müssen.
Zu den Geschehnissen rund um die Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen sagt die Grünen-Landtagsabgeordnete Thekla Walker (Bild: z): „Die Wahl war ein Tabubruch, der mich fassungslos gemacht hat. CDU und FDP in Thüringen haben bewusst einen Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD ins Amt gewählt. Niemand kann sagen, davon habe er nichts gewusst. Der Rücktritt war die einzig richtige Konsequenz. Ich hätte mir selbstverständlich gewünscht, dass es von vorn herein nie dazu gekommen wäre.“ Die Grünen hätten als Partei immer wieder auch Koalitionen unterstützt, die „schmerzhafte Zugeständnisse“ abverlangt haben. Damit hätten die Grünen bewusst verhindert, dass die AfD in Machtpositionen kommt. „Dieselbe Verantwortung hätten CDU und FDP in Thüringen von Anfang aufbringen müssen“, so Thekla Walker. „Gerade hier in Baden-Württemberg wären entschiedene Distanzierungen von allen in CDU und FDP von diesem verantwortungslosen politischen Abenteuer angebracht gewesen.
Thomas Kemmerich ist vorübergehend mithilfe einer AfD ins Amt gekommen, die in Thüringen von einem Neonazi geführt wird. Das ist ein Pakt mit Rechtsextremen.“
Thekla Walker erinnert daran, dass der Thüringer AfD-Chef Ende Januar beim Neujahrsempfang der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag zu Gast war: „Damit ist klar, wo die AfD in Baden-Württemberg inhaltlich steht. Nächste Woche wird auf dem Parteitag in Böblingen der Rechtsruck weitergehen. Es zeigt sich immer klarer, diese AfD ist eine rechtsradikale Partei.“
Die SPD-Kreisvorsitzende Jasmina Hostert (Bild: z) registrierte kopfschüttelnd die Ereignisse in Erfurt. „Ich war zunächst fassungslos und entsetzt, dass die FDP, eine liberale Partei, aber auch die CDU mit der demokratiefeindlichen Höcke-AfD paktierte. Dabei hatten die Liberalen mit einem Wahlergebnis von fünf Prozent nicht mal einen Anspruch auf den Ministerpräsidenten-Posten. Wenn die Liberalen in Thüringen ein Demokratieverständnis haben, dann ist es doch ein sehr merkwürdiges.“ „Auch die Relativierungsversuche des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner am Abend nach der Wahl wirkten für mich nicht aus der Überzeugung heraus, dass seine Parteifreunde in Thüringen politisch falsch gehandelt haben, sondern eher als eine Reaktion auf den Druck der Öffentlichkeit. Deshalb bleibt für mich die Frage, was wäre, wenn der Druck nicht so groß gewesen wäre? Die CDU hatte sich da vor allem auch mit der Bundeskanzlerin viel deutlicher positioniert. „
Jasmina Hosterts Fazit: „Es ist gut, dass die FDP die Notbremse gezogen hat. Aber es ist viel Vertrauen verloren gegangen. Es ist nicht nur ein erheblicher Schaden für die FDP entstanden, sondern auch für die Demokratie.“

„Wenn wir unsere Wünsche jetzt nicht vorbringen, ist es vorbei“

Polizei stoppt aggressiven Mann am Böblinger Bahnhof

Sindelfinger Wochenmarkt: Frische und Genuss direkt vor der Haustür
