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Wenn das Geld für Schuhe oder den Ausflug nicht reicht

Sindelfingen: VfL-Jugend hilft sozialschwachen Kindern

Finanzielle Unterstützung, wenn das Geld für die Fußballschuhe oder die Teilnahme am Trainingslager nicht reicht. Wegen des Ukraine-Kriegs und der Flüchtlings-Welle stockt der Jugendvorstand den im Januar eingerichteten Fonds auf 2500 Euro auf.
Von Jürgen Wegner

Sport und Gesellschaft. Wie stark der Sport verbindet, weiß Endrit Syla aus eigener Erfahrung. „Mein erstes deutsches Wort war Hintermann“, sagt der Mittelfeldspieler des VfL Sindelfingen. Mit Fußball-Fachbegriffen ging es also los, acht Jahre später spricht er nicht nur akzentfrei, sondern kann über seinen Weg eine beeindruckende Geschichte erzählen. Er kam 2014 aus dem Kosovo nach Deutschland, packte das Abitur, studierte vier Semester Latein und Geschichte auf Lehramt und hat am Donnerstag seine Prüfung als Versicherungskaufmann abgelegt. Er gehört außerdem zum Jugendvorstand des VfL Sindelfingen – der wiederum einen Fördertopf eingerichtet hat, der Kinder und Jugendliche zum Sport bringen soll, die sonst keine Chance darauf hätten.

Genau dafür möchte der VfL auf möglichst unkomplizierte Art sorgen: Max Reinhardt rannte als Sprecher des Jugendvorstands bei seinen Mitstreitern Endrit Syla, Jessica Bastian, Levent Özgür und Amelie Schmid mit der Idee des „Unterstützungsfonds Jugend“ offene Türen ein. Im Januar richteten sie den Fonds ein, aktuell motiviert durch die Vielzahl der aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen packten sie weitere 1000 Euro hinzu, womit jetzt 2500 Euro zur Verfügung stehen. „Sport beim VfL ausüben zu können, soll nicht am Geldbeutel der Eltern scheitern“, sagt Max Reinhardt.

Beispiele

Beispiele gibt es genug. Der eine kann sich die Kickstiefel nicht leisten, der anderen Familie fehlt das Geld für die Teilnahme am Trainingscamp. Das führt zu sozialer Ausgrenzung – auch bei denjenigen, die schon im Verein sind. „Zum einen ist das schlecht für die Gruppendynamik, es geht aber auch um Sportförderung und darum, dass Talente nicht verloren gehen. Wir dürfen keinen hinten runter fallen lassen“, sagt Max Reinhardt, der beim VfL über den Kindersport und Aikido zum Tennis kam und als Vereinsjugendsprecher die Nachfolge von Anne Köhler antrat, die jetzt Geschäftsführerin ist.

Formlose E-Mail reicht

Um an die Förderung von maximal 150 Euro pro Kind oder Jugendlichen zu kommen, braucht es nur einen Antrag, in dem glaubhaft gemacht wird, dass tatsächlich Bedarf besteht. „Wir wissen, dass es Sprachbarrieren gibt, deshalb kann diese Begründung auch sehr formlos sein. Es reicht zum Beispiel nachzuweisen, dass man Flüchtling ist. Sei es aus der Ukraine oder aus einem anderen Land“, sagt Max Reinhardt. Die jungen Menschen oder deren Eltern können durch formlose Mail an das Jugendreferat ihren Unterstützungsbedarf angeben, der Jugendvorstand entscheidet schnellstmöglich über die Bewilligung der Anträge. Weitere Bedingungen: Es braucht einen Beleg dafür, dass das Geld dem Zweck entsprechend eingesetzt wurde. Außerdem muss man Mitglied in einer VfL-Abteilung sein.

Auch wenn die aktuelle Situation mit immer mehr Kindern aus der Ukraine dazu führte, den Fonds aufzustocken, verweist der Jugendvorstand ausdrücklich darauf, dass es nicht nur um diese geht. Max Reinhardt: „Wir hatten in der Pandemie eine extreme Bewegungskrise, unter anderem weil Sportunterricht ausgefallen ist. Auch schon vor Corona haben immer weniger Kinder den Weg in den Sportverein gefunden. Fettleibigkeit ist ein großes Problem, besonders bei Kindern. Und es fällt auf, dass sich ärmere Kinder noch einmal weniger bewegen und keinen Zugang zum Sportverein haben, weil es ihnen nicht vorgelebt wird.“

"Es ist egal, woher du kommst"

Dabei gehe es beim Sport nicht nur um Wettbewerb und Körperschulung, sondern vor allem auch um soziale Komponenten. „Sport im Verein hat eine unschätzbare Integrationskraft“, sagt Endrit Syla, der seine ersten Fußballspiele in Deutschland nicht beim VfL, sondern im Bolzplatz-Käfig am Calwer Knoten machte. Im Verein fand er dann Anschluss: „Beim Fußball ist es egal, wo du her kommst und welche Sprache du sprichst.“ Doch der Fußball half ihm, die neue Sprache zu sprechen, Anschluss zu finden und Teil einer Gemeinschaft zu werden.

Über den Unterstützungsfonds investiert der Jugendvorstand zehn Prozent ihres Budgets, das sie unter anderem durch Glühweinverkäufe auf dem Weihnachtsmarkt erwirtschaftet oder in der Vergangenheit durch die Vermietung des mittlerweile abgerissenen Jugendcafés. Dazu kommen Mittel aus dem Hauptverein. Mit diesem Geld finanziert die VfL-Jugend abteilungsübergreifende Veranstaltungen, aber auch Angebote zu Jugendschutz und Jugendbildung im Verein und Gewaltprävention. Der Jugendvorstand trägt eigene Verantwortung für das Budget und braucht kein grünes Licht vom Hauptverein.

Hier gibt es Informationen zum Unterstützungsfonds Jugend und die genauen Förderrichtlinien (auch auf Ukrainisch)