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Finanzen

Sindelfinger Räte kritiseren erneut zu wenig Zeit zur Vorbereitung

Bei Grundsatzaussprache zum Doppelhaushalt mit Gewebesteuerrekord bleibt strukturelles Defizit Dauerthema. Verabschiedung am 23. Mai.
Von Bernd Heiden

Sindelfingen. Mit errechneten Gewerbesteuereinnahmen von 220 Millionen Euro für 2023 fand die Grundsatzaussprache zum Entwurf des Doppelhaushaltes 2023/24 in einer Situation statt, in der die Stadt vermeintlich eine Sorge nicht hat: Geld. Die Summe bedeutet ein Allzeithoch in der Sindelfinger Finanzgeschichte. Dennoch muss sich die Verwaltung auch Kritik anhören.

Schon bei der Haushaltsfragerunde eine Woche zuvor hatte die Vorsitzende der Freien Wähler Dr. Dorothee Kadauke bemängelt, dass viel zu wenig Zeit sei, um den erst die Woche zuvor vorgelegten Entwurf von knapp 800 Seiten durchzuarbeiten beziehungsweise zu beraten. Bei der Grundsatzaussprache kritisiert CDU-Fraktionschef Walter Arnold vorab nun ebenfalls Zeitknappheit und unplanbare Terminfestlegungen und warnt davor, damit Menschen für die Mitarbeit im Gemeinderat zu verprellen. Sabine Kober erklärt gar angesichts der viel zu kurzen Zeit, ihre Grünen-Fraktion habe einen Boykott erwogen und diesen nur verworfen, damit es nicht noch langsamer in dieser Stadt vorangehe.

„Ein Haushalt mit Zukunft“

Nach den Reden der Fraktionssprecher, zeigt sich Erster Bürgermeister Christian Gangl erfreut, dass trotz Gewerbesteuerrekord vielfach das Problem des strukturellen Defizits angesprochen worden sei. „Hätten wir dauerhaft so viele Einnahmen wie jetzt, dann wäre das strukturelle Defizit weg“, stellt er indes fest. Und er verweist darauf, dass die Verwaltung dazu bereits ein Haushaltskonsolidisierungs-Papier vorgelegt habe, zu dem vor zwei Jahren aber keine entsprechenden Beschlüsse gefasst wurden. Sabine Duffner hatte in ihrer Rede verdeutlicht, dass das Defizit auch wegen einem „schwäbischen“ Planansatz bestehe, bei dem für die kommenden Jahre mit nur 102 Millionen Euro Gewerbesteuer gerechnet werde.

„Übereinstimmung in vielen Punkten“ mit den Fraktionen stellt OB Dr. Bernd Vöhringer fest. Er nimmt erfreut zur Kenntnis, dass viele Fraktionssprecher sich Gedanken machen um die Mitarbeiter in der Verwaltung. „Die Aufgaben werden mehr. Wir müssen intensiv daran arbeiten, dass wir als Arbeitgeber attraktiv werden“, sagt dazu der OB und sagt insgesamt: „Hier liegt ein Haushalt vor, der Zukunft hat.“

FDP-Sprecher Max Reinhardt und dessen „etwas anderer Tonlage“, so Dr. Vöhringer wendet er sich indes gesondert zu. Reinhardt hatte seine Kritik in drastische Worte gefasst, konkret auch „Verschleppung von Bauanträgen“ benannt. „Es gibt keinen einzigen Mitarbeiter, der Bauanträge verschleppt“, widerspricht der OB.

Sondervermögen von 50 Millionen

Auch dass der OB sich scheue, eine Gesamtschätzung für die zu erwartenden Sanierungskosten des gesamten städtischen Immobilienbestandes vorzulegen, hatte Reinhardt kritisiert und die Nachbarstadt gelobt: Böblingen habe seinen Sanierungsstau benannt mit „schockierenden“ 600 Millionen Euro. Eine seriöse Berechnung solcher Kosten daure 10 Jahre, wehrt der OB ab. Stattdessen wolle seine Verwaltung agil arbeiten. Deshalb seien erste Projekte zur Umsetzung im Masterplan Schulen bestimmt mit Bildung eines Sondervermögens von 50 Millionen.

Die Schulrücklage wird im Übrigen durchweg begrüßt von den Fraktionen und vielmehr als mögliches Vorbild gesehen für Abbau des Sanierungsstaus etwa bei Kitas oder weiteren städtischen Immobilien.

Zu Reinhardts Anpreisung von Böblingen als Vorbild, das mit 300 weniger Personalstellen als Sindelfingen seine Aufgaben meistere, erklärt Christian Gangl trocken: Böblingen plane mit einer Verschuldung von 150 Millionen bis 2026. Sindelfingen dagegen rechne mit Schulden von 0 Euro bis 2027.Nach der Grundsatzaussprache stehen in den kommenden Wochen die detaillierten Haushaltsberatungen in den Ausschüssen an, in denen auch die vielen Anträge zum Haushalt diskutiert werden. Die Verabschiedung des Doppelhaushaltes ist für den 23. Mai geplant.