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Maskenskandal erschüttert Wahlkampf

Union versucht Maskenaffäre einzudämmen

Eine Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben CDU und CSU am Sonntag massiven Druck auf die Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel und Georg Nüßlein ausgeübt.
Von Christopher Ziedler
Nikolas Löbel hat eine Viertel Million Euro Provision mit Werbung für Schutzmasken kassiert. Foto: dpa/Lino Mirgeler

Nikolas Löbel hat eine Viertel Million Euro Provision mit Werbung für Schutzmasken kassiert. Foto: dpa/Lino Mirgeler

Berlin - Um eine weitere Beschädigung des Ansehens der Partei und der Politik insgesamt abzuwenden, haben hochrangige Vertreter von CDU und CSU am Sonntag den sofortigen Rücktritt der beiden Unionsbundestagsabgeordneten Nikolas Löbel und Georg Nüßlein gefordert. Beiden wird vorgeworfen, im vergangenen Frühjahr an von ihnen eingefädelten Geschäften mit Corona-Schutzmaskenviel Geld verdient zu haben. Damit hätten sie im einen Fall gegen den parlamentarischen Verhaltenskodex und im anderen sogar gegen das Gesetz verstoßen – was der Mannheimer Parlamentarier Löbel zugegeben hat und sein Günzburger Fraktionskollege Nüßlein noch bestreitet.

„Ämter ruhen zu lassen, reicht nicht“, schrieb die frühere CDU-Chefin, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, am Sonntagnachmittag auf Twitter: „Löbel und Nüßlein müssen vollständig zurücktreten und ihre Mandate im Bundestag umgehend niederlegen.“ In eine ähnliche Richtung äußerte sich CSU-Chef Markus Söder: „Es ist nicht zu tolerieren, wenn Volksvertreter die Krise zum Geschäft machen.“ Die Betroffenen sollten „umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen“. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet sagte am Abend in der ARD. „Wer sich daran persönlich bereichert, der ist kein Volksvertreter und muss das Parlament auch schleunigst verlassen.“

Löbel erklärt Rücktritt aus der Unionsfraktion

Der Fraktionsvize Andreas Jung, der auch der Gruppe der CDU-Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg vorsteht, berichtete unserer Zeitung nach einem Gespräch mit seinem Fraktionskollegen am Sonntagvormittag: „Ich habe Nikolas Löbel aufgefordert, sein Mandat im Deutschen Bundestag unverzüglich niederzulegen.“ Dieser habe „das Abgeordnetenmandat genutzt, um in dieser Krise mit dieser Krise hohe Provisionen zu verdienen. Dafür können wir keinerlei Verständnis aufbringen. Konsequenzen und ein harter Schnitt sind deshalb unumgänglich“.

Vorausgegangen war eine persönliche Erklärung Löbels am Sonntagvormittag, in der er seinen sofortigen Austritt aus der Unionsfraktion, die Niederlegung seines Abgeordnetenmandats zum 31. August und seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bei der Bundestagswahl im September ankündigte. „Mitglied des Deutschen Bundestages zu sein und meine Heimatstadt Mannheim dort vertreten zu dürfen, ist eine große Ehre und besondere moralische Verpflichtung“, schrieb der 34-Jährige, der den Verkauf von Schutzmasken einer Firma aus der Nähe von Tuttlingen an andere Unternehmen vermittelt hatte und dafür insgesamt 250 000 Euro an Provisionen verdiente: „Diese Ansprüche habe ich mit meinem Handeln verletzt.“ Dafür bitte er die Bürger um Entschuldigung.

Krisensitzung in Mannheim

Bereits am Freitag hatte Löbel seinen Rückzug aus dem Auswärtigen Ausschuss angekündigt. Aber auch die weitergehenden Schritte vom Sonntag wurden in der Partei – vermutlich auch wegen der Landtagswahl im Südwesten am kommenden Sonntag – als unzureichend empfunden. Nach einer Krisensitzung seines Kreisverbandes, der Löbel bereits als Kandidaten nominiert hatte, wurde in einer Erklärung die Erwartung formuliert, den „Rückzug von allen Ämtern und Mandaten bis spätestens 31. März 2021 zu vollziehen“. Man sei „schockiert und fassungslos“ und werde nun „eine personelle Neuaufstellung des CDU-Kreisverbandes Mannheim“ einleiten. Nachrückerin aus Baden-Württemberg wäre Kordula Kovac, falls Löbel dem Druck nach einer schnelleren Mandatsniederlegung nachgeben sollte.

Georg Nüßlein aus Günzburg, der in Berlin den Wahlkreis Neu-Ulm vertritt, teilte am Sonntagabend über seinen Anwalt seinen Austritt aus der Unionsfraktion mit. Er werde nicht erneut für den Bundestag kandidieren. Sein Mandat wolle er aber bis zum Ende der Wahlperiode behalten. Er hatte bereits am Freitag mitgeteilt, dass er das Amt des für die Gesundheitspolitik zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden abgebe. Er soll insgesamt 660. 000 Euro kassiert haben.

Nüßleins Fall ist ernster

Die beiden Fälle sind unterschiedlich gelagert. In Nüßleins Büros hat eine Polizeirazzia stattgefunden, es geht um strafrechtlich relevante Vorwürfe der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung, Nüßleins Immunität als Abgeordneter wurde vom Bundestag aufgehoben. Das ist bei Löbel nicht der Fall. Er wiederum hat gegen den internen Verhaltenskodex für Bundestagsabgeordnete verstoßen, indem er als Unternehmer in Schreiben mit seinem offiziellen Bundestagsbriefkopf für die Maskengeschäfte geworben hat.