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Aktuelle Infos zum Trinkwasser-Alarm

Verunreinigtes Trinkwasser: Böblinger Altstadt ist nicht betroffen

Abkochgebot gilt laut Stadtwerken für mindestens zwei Tage. Die Ursache für die Verschmutzung mit Bakterien ist noch unklar.
Von Esther Elbers

Böblingen. Trinkwasserverschmutzung, „extreme Gefahr“: Die Meldung, die am Mittwochnachmittag über Warn-Apps von der Integrierten Leitstelle Böblingen herausgegeben wurde, sorgt für Verunsicherung in Böblingen und Dagersheim. „Wir proben aktuell täglich“, erklärt Christine Tomschi, kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtwerke Böblingen, im Gespräch mit der SZ/BZ.

Müssen die Bürger das Wasser über das ganze Wochenende - oder sogar darüber hinaus - abkochen? Eine klare Angabe kann Christine Tomschi dazu nicht machen. Aktuell geht sie davon aus, dass das Abkochgebot mindestens zwei Tage bestehen bleibt. „Es müssen zwei Proben hintereinander unauffällig sein“, verdeutlicht sie. Die Proben werden ins Labor geschickt und die Ergebnisse dem Gesundheitsamt gemeldet. Dieser Ablauf dauere zwei bis vier Tage.

Klar ist derweil mittlerweile, dass sich die Bakterien nicht im gesamten Leitungsnetz in Böblingen breit gemacht haben. „Die Altstadt ist nicht betroffen“, sagt Alfred Kappenstein, technischer Geschäftsführer der Stadtwerke. Auch das Krankenhaus und das Freibad liegen in Gebieten, die nicht tangiert sind. Grund dafür, dass manche Bereiche von den Keimen befallen sind, andere aber nicht: Das Wasser in Böblingen stammt aus vier Hochbehältern, an die sich unterschiedliche Netze anschließen. „Die Leitungssysteme sind voneinander getrennt“, verdeutlicht Kappenstein.

Von der Verunreinigung sind die Gebiete betroffen, die über den Hochbehälter Brand versorgt werden. Das sind die Versorgungsgebiete Ost, West, Diezenhalde und Dagersheim. In diesen Gebieten sollte derzeit das Wasser abgekocht werden. Der Hochbehälter Brand selbst weist keine Verunreinigungen auf. „Die Leitungen werden fortlaufend durchgespült und dann gechlort“, sagt Christine Tomschi.

Die Bakterien wurden an vier von fünf Probeentnahme-Stellen nachgewiesen. Es handelt sich vor allem um coliforme Bakterien und an einer Entnahmestelle um E.Coli-Bakterien (Escherichia Coli). Die Keime können Harnwegs- und Darminfektionen auslösen. Was ist, wenn man bereits von dem verunreinigten Wasser getrunken hat? Die Stadtwerke können dazu keine „verallgemeinernde Aussage“ machen und empfehlen, sich bei medizinischen Fragen an den Hausarzt zu wenden.

Wie die Keime ins Wasser gelangt sind und woher sie stammen, wird derzeit untersucht. „Die Erfahrung zeigt aber, dass es manchmal schwierig ist, die Ursache zu identifizieren“, erläutert Christine Tomschi.

„Kein Problem beim Duschen“

Die Stadtwerke empfehlen, vorsorglich Gemüse, Salat wie auch Geschirr mit abgekochtem Wasser oder Wasser aus der Flasche zu waschen oder zu spülen. Zum Duschen könne das Wasser ohne Probleme verwendet werden. Beim Zähneputzen solle wiederum vorsorglich abgekochtes Wasser oder Wasser aus der Flasche verwendet werden. Beim Geschirrspüler sei es ratsam, kein Sparprogramm zu wählen, damit beim Spülgang ausreichend hohe Temperaturen erreicht werden. Den Betrieb von Raumluftreinigern auf Wasserbasis empfehlen die Stadtwerke vorerst nicht.

Haustiere sollten das verunreinigte Wasser ebenfalls nicht zu sich nehmen. Auch hier raten die Stadtwerke zum Abkochen oder zum Wasser aus der Flasche.

Betreiber von Aquarien sollten bis auf Weiteres das chlorierte Wasser nicht zum Befüllen verwenden. Werden größere Wassermengen gebraucht, gelte es, diese gegebenenfalls über Nacht in der Badewanne stehen zu lassen, damit sich das Chlor verflüchtige. Danach könne das Wasser verwendet werden. Sollte ein Aktivkohlefilter vorhanden sein, sei dagegen das Befüllen bedenkenlos möglich.

Getränkemärkte, Klinikverbund, Altenheime und Gastronomen reagieren

In Getränkemärkten steht Wasser seit der Warnmeldung hoch im Kurs. Fotios Grammatopoulos, Filalleiter des Benz Wein- und Getränkemarkts im Röhrer Weg in Böblingen, spricht sogar von einem Rekordtag am Mittwoch. Die Filiale rüstet sich für eine anhaltende Nachfrage: „Wir bekommen palettenweise Nachschub“, sagt er.

Der Klinikverbund Südwest reagierte am Mittwochnachmittag und sperrte vorsorglich die Duschen für die Patienten in den Böblinger Kliniken. Für die Mundhygiene der Patienten wurde Mineralwasser in Flaschen bereitgestellt. „Die Warnung wurde am Mittwoch für das gesamte Böblinger Stadtgebiet ausgesprochen“, erklärte Tiziana Schuster, Pressesprecherin des Klinikverbunds, am Donnerstagvormittag. Wenn das Krankenhaus nicht betroffen sei, würden die Maßnahmen wieder aufgehoben.

„Wir benutzen stilles Wasser zum Zähneputzen oder kochen es sieben Minuten ab“, sagte Eva Sommer, Pflegedienstleiterin im Alten- und Pflegeheim Haus am Maienplatz in Böblingen am Donnerstag. Geduscht wurde nach der Warnung - die zunächst das ganze Stadtgebiet betraf - nicht. Auch die Kaffeemaschine stand still: „Denn sie wird ja mit Leitungswasser befüllt“, so Eva Sommer.

Die Gaststätte „Seegärtle“ am Oberen See in Böblingen liegt zwar im Gebiet, für das die Warnung gilt. Doch der Betrieb kann dort laut Inhaber Uwe Hutfilz normal weitergehen. Alle Gläser, Becher und das Geschirr kommen in Industrie-Spülmaschinen, die so heiß seien, dass Bakterien keine Chance hätten. Die Eiswürfel würden im „Seegärtle“ ohnehin nicht selbst hergestellt, sondern zugekauft.

Gechlort werden nur die betroffenen Gebiete – und zwar bis auf weiteres. Dies kann zu Gerüchen führen, die aber laut Gesundheitsamt unbedenklich sind.

„Zahnarztpraxen, die Behandlungsstühle mit einer kontinuierlichen Desinfektion des zur Behandlung notwendigen Wassers einsetzen, können diese Behandlungsstühle ohne Einschränkung verwenden“, teilen die Stadtwerke mit.