

Überholt, überflüssig, ein Auslaufmodell – ausgerechnet vor Ostern, dem wichtigen, christlichen Fest im Jahr, kommt die Nachricht, dass weniger als die Hälfte der deutschen Bevölkerung Mitglied in einer der beiden großen Kirchen (römisch-katholisch und evangelisch) ist. Es ist das Ergebnis einer rasanten Zunahme der Kirchenaustritte in den letzten Jahren. Kirchen sind hier noch nicht verkauft und zu Lofts ungebaut worden, doch alleine in Böblingen fällt dem Beobachter auf, dass die evangelischen Gemeindehäuser in der Zeppelinstraße und am Murkenbachweg plattgemacht worden sind. Zuvor waren sie gefragte und beliebte Treffpunkte für Gruppen und Begegnungen in den jeweiligen Stadtteilen.
Es mag im Großen eine Randnotiz sein, aber jedes Haus, jeder Ort, der aufgegeben wird, ist auch ein Symbol dafür, dass Kirche ihren festen Platz in der Bevölkerung mehr und mehr verliert. Die spärliche Zahl der Gottesdienstbesucher verstärkt die Frage, wozu es die Institution Kirche noch gibt. Und gerade jetzt, wo Menschen wegen der Pandemie, wegen des Krieges in der Ukraine mehr Halt und mehr Werte brauchen, und Orte, wo man ohne Angst hingehen kann, nehmen die Zweifel zu.
Man schüttelt sich, ob des unsäglichen Umgangs der Kirchen-Oberen mit den Missbrauchsfällen. Man konnte es nicht glauben, dass der frühere EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und der katholische Kardinal Reinhard Marx bei ihrem Besuch auf dem Tempelberg das christliche Kreuz abgelegt haben. Man reibt sich die Augen, wenn man überlegt, dass eine vermeintlich humanitäre Aktion wie der Kauf eines Rettungsschiffes für Bootsflüchtlinge gleichzeitig auch das Geschäft von Schleusern befördert.
Kirche wird gebraucht, aber nur dann wieder von mehr Menschen akzeptiert, wenn die Widersprüchlichkeiten ein Ende haben.