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SZ/BZ-Podcast „Willi und Dödel“

Vom Oberarzt am Klinikum Sindelfingen zum Star-Moderator bei SWR1 Leute

Nabil Atassi war bis 2021 als Urologe tätig, dann wechselte er zum Radio. Zu Gast im SZ/BZ-Podcast „Willi und Dödel“.
Von Dirk Hamann
Nabil Atassi war bis 2021 vier Jahre lang als Oberarzt im Klinikum Böblingen-Sindelfingen tätig. Dann wechselte er den Job und ist heute Moderator der Sendung SWR1 Leute.       Bild: z

Nabil Atassi war bis 2021 vier Jahre lang als Oberarzt im Klinikum Böblingen-Sindelfingen tätig. Dann wechselte er den Job und ist heute Moderator der Sendung SWR1 Leute. Bild: z

Sindelfingen. Nabil Atassi war bis bis 2021 als Geschäftsführender Oberarzt an der Urologischen Klinik am Klinikum Sindelfingen. Dann folgte er dem Ruf, seiner Leidenschaft hauptberuflich nachzugehen und wechselte den Job. Und wurde Star-Moderator im Radio. In der Sendung SWR1 Leute interviewt er seit eineinhalb Jahren regelmäßig spannende Gesprächspartner. Als Gast im SZ/BZ-Podcast „Willi und Dödel“ wurde er jetzt selbst zum Befragten. Hier geht es zum Podcast. Und hier ein Auszug:

Sie waren Oberarzt am Klinikum Sindelfingen, für viele ist das ein Traumberuf. Warum haben Sie diesen aufgegeben und sind zum Radio gegangen?

Nabil Atassi: „Es ist in jedem Fall eine ungewöhnliche Wendung. Es hängt nicht damit zusammen, dass man den alten Beruf nicht mehr machen will. Aber wir sprechen hier über SWR1 Leute – und das ist wirklich einen tolle Sache, wenn man das machen darf. Arzt zu sein ist eine Berufung, man macht diesen Beruf auch wahnsinnig gerne. Ich habe ihn nicht aufgegeben, weil er mir nicht mehr gefallen hätte. Aber manchmal gibt es eben Wendungen im Leben, die man nicht voraussehen kann.“

Was hat diese Wendung ausgelöst?

Nabil Atassi: „Viele haben zu mir gesagt: 'Jetzt verlässt Du diese bequeme Position und gehst auf den Holzstuhl und wirst Freiberufler. Das ist alles Richtig, diese Einwände stimmen so. Aber Radio zu machen, ist ein alter Kindheitstraum von mir, den ich mir erfüllen durfte. Letztendlich war aber Corona schuld.“

In wiefern?

Nabil Atassi: „Ich habe da früher ganz, ganz strikt zwischen der Medizin und dem Radio getrennt. Radio war Leidenschaft und Hobby. Die Medizin Beruf. Beides habe ich mit voller Kraft gemacht – Medizinjournalismus kam aber für mich nicht in Frage.

Bis März 2020. Das war eine Ausnahmesituation. Lockdown, es gab eine Krankheit, die wir nicht einschätzen konnten – und das ging durch alle Bereiche. Und der Bereich, in dem ich tätig war, das war das Krankenhaus Sindelfingen. Es gab Zugangsbeschränkungen, die geplanten Operationen wurden abgesagt und es ging plötzlich um Menschen, die Corona hatten. Die lagen bei uns auf der Intensiv- oder auf der Normalstation – und irgendwer musste sie behandeln. Und auch der Herr Atassi aus der Urologie musste mithelfen. Ich musste dann als Personal-Oberarzt auch im Kollegium fragen, wer denn da mitarbeitet. Und ich fand das eine unheimlich schwere Entscheidung. Ich habe alle Kollegen bewundert, die gesagt haben, dass sie dahin gehen, sich den Mundschutz und drei Visiere anziehen, um die Leute zu behandeln.

Dann gingen draußen die Menschen auf die Balkone und begannen zu klatschen. Da ich ja um die Zustände in der Pflege ja schon Lange weiß, kam bei mir so manches zusammen und ich dachte mir, dass das nicht nachhaltig sein wird. Dass das nicht gut ist. Schließlich habe ich beschlossen, meine beide Fähigkeiten zusammenzutun und den Kollegen, die da in der ersten Reihe standen, mit einem Podcast eine Stimme zu geben.“

Für den Podcast 'Covid19 – Was Ärzte und Helfer wirklich erleben' haben Sie den Deutschen Radiopreis erhalten. Waren Podcast und Preis am Ende dafür ausschlaggebend, dass Sie Moderator von SWR1 Leute geworden sind?

Nabil Atassi: „Ja, das hängt direkt zusammen. Ich war zuvor zwar schon als freier Mitarbeiter bei Radiosendern tätig, hatte aber noch nie etwas beim SWR gemacht. Da kannte ich niemand. SWR 1 war aber schon immer ein Sender, der mich angesprochen hat. Und natürlich SWR1 Leute, das war schon zu Jugendzeiten meine Lieblingssendung. Also habe ich einfach mal ins Blaue hinein wegen des Corona-Podcasts angeklopft, durfte ihn machen und daraus folgte schließlich der Wechsel zu SWR1 Leute.“

Zurück zu Ihrer Arbeit als Oberarzt? So bequem wie Sie sagen, ist es doch nicht im Krankenhaus zu arbeiten, oder?

Nabil Atassi: „Ja, das stimmt. Aber es ist der sicherste Job aller Zeiten. Es gibt keinen sichereren Job als Mediziner zu sein, der wird immer gebraucht. Fachkräftemangel ist in der Medizin kein neues Wort, den gibt es hier schon lange – als Arzt keinen Job zu finden, ist unheimlich schwer.“

Wie sind Sie als Arzt überhaupt nach Sindelfingen gekommen?

Nabil Atassi: „Ich bin Urologe und Sindelfingen ist in meinem Fachbereich ein Leuchtturm, eine ziemlich herausragende Klinik. Ich bin damals den weiten Weg aus Berlin hierher gekommen, um in dieser Klinik zu arbeiten, weil die Abteilung in der urologischen Welt einen Ruf hat, der weit über Sindelfingen hinaus strahlt.“

Wie war es denn außerhalb dieser urologischen Welt, in Sindelfingen anzukommen? Was war denn Ihr erster Eindruck?

Nabil Atassi: „Ja, da muss man unerschütterlich sein, wenn man so etwas macht. Im Ernst: Ich kam mit dem Auto zum Bewerbungsgespräch und war tatsächlich erstmal ein wenig ernüchtert. Sindelfingen ist, bei aller Liebe, die ich inzwischen zur Stadt entwickeln konnte, kein Ort, der einen sofort abholt. Über meine Patienten habe ich meine Meinung dann auch revidiert, weil die Menschen hier total verwurzelt sind in der Region – und das ist schon ein bisschen ansteckend. Dazu gibt es natürlich auch wahnsinnig schöne Ecken – wenn auch nicht die Ausfallstraße in Richtung Autobahn.“

Sie sind in Lüdenscheid geboren, sind aber im Schwäbischen verwurzelt. Hat Ihnen das geholfen in Sindelfingen Fuß zu fassen?

Nabil Atassi: „Ich habe in Eislingen an der Fils gelebt, habe dort von der fünften bis zum Abitur nach der 13. Klasse das Erich-Kästner-Gymnasium besucht. Deswegen war es für mich war es kein ganz so großer Schock aus Berlin ins Schwäbische zu kommen. Ich kenne die Menschen hier und kann sie ganz gut einschätzen.“

Zur SWR1-Leute-Sendung. Wer sucht eigentlich die Gäste aus, die Sie dabei moderieren?

Nabil Atassi: „Wir, also die drei Menschen, die man bei SWR1 Leute am Mikrofon hören kann – Nicole Köster, Jens Wolters und ich – wir planen unsere Sendungen komplett von A bis Z, wir suchen auch die Gäste aus. Manche findet man, manche kommen zu einem, andere Themen liegen ganz offensichtlich auf der Hand, manche ergeben sich zufällig. Das ist wie im echten Leben.“