

Böblingen/Sindelfingen. Um 22 Uhr ist die Autobahn gesperrt und das Gebiet geräumt, danach wird der Zeitplan sogar übertroffen. Neun Minuten früher als vorgesehen machen sich die Spezialisten des Kampfmittel-Beseitigungsdienstes ran an die 50 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Es wird heute besonders knifflig. Erneut hatten Arbeiter ein stilles Überbleibsel von den Luftangriffen auf Stuttgart und die Region von vor über 80 Jahren entdeckt.
Bei routinemäßigen Sondierungsarbeiten im Zuge des Autobahn-Ausbaus auf der A81 war im Laufe des Montags klar: Zwischen den Anschlussstellen Böblingen/Sindelfingen und Böblingen/Hulb steckt ein Kampfmittel im Boden. In der Nina-Warn-App ist ab 21 Uhr von einer Bombe aus dem Weltkrieg die Rede. Spezialisten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KMBD) aus dem Regierungspräsidium Stuttgart schätzen die Lage als unkritisch ein.
Für die Entschärfung ist ein fester Zeitplan vorgesehen: Ab 22 Uhr wird die Autobahn in beide Fahrtrichtungen voll gesperrt, die eigentliche Entschärfung soll um 22.30 Uhr erfolgen. Bereits ab 21.30 Uhr müssen Autofahrer mit erheblichen Verkehrsbehinderungen rechnen. Der Verkehr wird an den Anschlussstellen Böblingen/Sindelfingen und Böblingen/Hulb abgeleitet und anschließend wieder auf die Autobahn geführt.
Die Stadt Sindelfingen steht nach eigenen Angaben in engem Austausch mit dem Regierungspräsidium, dem Landratsamt Böblingen, der Stadt Böblingen, der Autobahn GmbH, der Deutschen Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), der Mercedes-Benz AG, der Polizei sowie den beteiligten Bauunternehmen. Außerdem richtet die Stadt eine Hotline ein.
Die Stadt Böblingen ist nicht betroffen, für die meisten Teile Sindelfingens gilt das ebenfalls. Lediglich wenige Personen im Bereich des Flugfelds müssen laut Stadtverwaltung vorsorglich Maßnahmen beachten und werden entsprechend informiert.
Gesperrt wird auf dem Flugfeld der Bereich zwischen der Flugfeldallee und der Melli-Beese-Straße sowie der Lisa-Döhle-Straße. Der ÖPNV ist dieses Mal nicht tangiert, und es gibt auch keine Sammelstellen für evakuierte Personen. Um 22 Uhr ist das Gebiet geräumt, die Polizeiabsicherung steht und die Drohne überfliegt das Gebiet. Um 22.21 Uhr beginnt die Entschärfung – neun Minuten vor dem Zeitplan, die Rädchen greifen ineinander.
Ab jetzt wird es aber eine knifflige Angelegenheit. Der Sprengkörper sträubt sich. Fast eine Stunde später wartet der Krisenstab noch immer auf Rückmeldung der Entschärfer. Beim letzten Fund vor rund zwei Monaten ging das alles viel schneller. 55 Minuten dauert es dieses Mal, um 23.15 Uhr ist der Spuk vorbei.
„Unter der erstmaligen Führung von Oberbürgermeister Markus Kleemann haben wir wie gewohnt professionell zusammengearbeitet“, sagt Rainer Just als Leiter des Amts für Feuerwehr und Bevölkerungsschutz. OB und Krisenstab-Chef Markus Kleemann: „Ich danke den zahlreichen beteiligten Behörden und Personen, insbesondere Mathias Peterle und seinem Team vom Kampfmittel-Beseitigungsdienst, sowie den Mitgliedern des städtischen Krisenstabs für die Bewältigung dieser besonderen Herausforderung.“
Am Montagabend werden Erinnerungen wach. Erst am 3. Juli hatte es einen Bombenfund auf der Autobahn-Baustelle gegeben. Spezialisten des Kampfmittel-Beseitigungsdienstes rückten an, um eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg zu entschärfen. Der gefährliche Sprengkörper war am Nachmittag auf einer Baustelle an der A81 in Höhe der Wolfgang-Brumme-Allee entdeckt worden. Kurz nach 23 Uhr gab der Bomben-Entschärfer Entwarnung: Die Bombe war unschädlich gemacht.
Diese Aktion hatte für einen Großeinsatz von Polizei, Feuerwehr und weiteren Einsatzkräften gesorgt. Rund um den Fundort wurde ein Sperrbereich mit einem Radius von 400 Metern eingerichtet, der vollständig geräumt werden musste. Betroffen waren unter anderem das V8 Hotel, die Motorworld sowie die Außenstelle der Hochschule für Polizei in der ehemaligen Wildermuth-Kaserne. Auch die Gebäude an der Charles-Lindbergh-Straße, Flugfeldallee, Graf-Zeppelin-Platz und Wolfgang-Brumme-Allee in Böblingen sowie mehrere Adressen in Sindelfingen mussten evakuiert werden. Mercedes-Mitarbeiter beendeten in angrenzenden Bürogebäuden frühzeitig die Arbeit.
Die Autobahn wurde auch am 3. Juli gesperrt, zusätzlich kam es damals zu erheblichen Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr. Der S-Bahn-Verkehr der Linien S1 und S60 sowie der Regional- und Fernverkehr zwischen Böblingen, Sindelfingen und Stuttgart-Vaihingen wurden während der Entschärfung eingestellt. Im Vergleich dazu ist es dieses Mal ein ruhiger Montagabend, auch wenn es sich bis Feierabend gezogen hat.