Zwei Frauen trotzen der Männerdomäne
Axel Krauße, der von 2007 bis 2018 Intendant und Geschäftsführer des Zimmertheaters Tübingen war, übernimmt zum 1. Juli die Intendanz des Theaters Ansbach. In Sindelfingen inszenierte Axel Krauße die Eigenproduktionen der Stadt „Kabale und Liebe“ im Jahr 2009, „Sekretärinnen“ im Jahr 2011, „Was ihr wollt“ im Jahr 2013 und „Im weißen Rössl“ im Jahr 2016. Mit den talentierten und ambitionierten Amateur-Darstellern in Sindelfingen zusammenzuarbeiten, habe ihm großen Spaß gemacht, erzählt Axel Krauße: „Es ist reizvoll, mit Darstellern zu arbeiten, die beruflich im Leben stehen.“
Auf die lokale hochkarätige Theater-Szene könne Sindelfingen stolz sein: „Zusammengenommen stellen die verschiedenen Theatergruppen im Prinzip einen kompletten Jahresspielplan auf die Beine. Das ist beachtlich.“ Auch sei der Spielort Theaterkeller „ein Geschenk für die Kulturszene“, so Axel Krauße: „So etwas fehlt in Ansbach.“
In „Nach der Ruhe vor dem Sturm“ aus dem Jahr 2018 stellt Theresia Walser, eine der Töchter von Martin Walser, zwei Schauspielerinnen in den Mittelpunkt, die in Sindelfingen von Stefanie Joos und Sabine Duffner gespielt werden. Das Vorbild für die von Joos gespielte Irm König ist die Fernseh-Darstellerin Heide Keller, die seit 1981 die Chef-Hostess in der Serie „Das Traumschiff“ spielte und 2018 ausstieg. Sabine Duffner verkörpert die Theater-Schauspielerin Liz Hansen.
In dieser Figuren-Konstellation treffen nicht nur Unterhaltung und Hochkultur aufeinander, sondern auch zwei völlig unterschiedliche Konzepte weiblicher Karriere-Planung innerhalb eines von Männern dominierten Kultur-Betriebs. „Es beginnt sich erst sehr langsam zu ändern, dass für Frauen im Kulturbetrieb mit 40 der Karriere-Knick kommt“, ordnet Axel Krauße die Figuren-Konstellation von Theresia Walser in den realen Kultur-Betrieb ein: „Die hauptsächlich von Männern geschriebenen Klassiker bieten kaum Rollen für Frauen über 40, wenn überhaupt Mütter-Rollen.“
Und in der Unterhaltungs-Industrie sei es nicht besser: „Es sind diese Metoo-Elemente, die das Stück von Theresia Walser hochaktuell machen.“ In der Vorbereitung auf eine Talkshow-Situation kommen die beiden Frauen-Figuren miteinander ins Gespräch, immer wieder unterbrochen vom Störfaktor Mann in Form der von Mathias Baier gespielten Figur, deren ominöse Funktion sich erst nach und nach offenbart.
„Es handelt sich um ein reines Schauspieler-Stück, in dem drei Darsteller glänzen können“, sagt Axel Krauße: „Im Verlauf des 60 Minuten ohne Pause dauernden Stücks wird sehr viel gesprochen. Dabei die Stimmungsschwankungen der Figuren präzise auf die Bühne zu bringen, ist eine große Herausforderung.“ Denn das Stück lebe von einander abwechselnden komischen und tragischen Momenten, die mit Tempo, aber ohne Übertreibung präsentiert werden müssten, so Axel Krauße: „Die Figuren dürfen nicht zur Karikatur werden.“
Deswegen habe das Stück während der seit Dezember laufenden Proben „intensiv trainiert“ werden müssen, „mit ein paar Durchlaufproben mehr als üblich.“ „Das Stück gefällt mir sehr gut“, sagt Stefanie Joos: „Es hat viel Substanz und nichts Oberflächliches.“ Es zu spielen, sei jedoch sehr anstrengend: „Wir stehen 60 Minuten lang ohne Ruhepause im Fokus des Publikums, müssen ständig hochkonzentriert sein. Das ist extrem fordernd.“
Info
Für die Premiere von „Nach der Ruhe vor dem Sturm“ von Theresia Walser in der Inszenierung durch das Theater Ensemble Sindelfingen am heutigen Freitagabend um 20 Uhr gibt es wegen der Zuschauer-Begrenzung wegen der Coronavirus-Vorsichtsmaßnahmen der Stadt Sindelfingen nur noch wenige Restkarten. Weitere Vorstellungen sind am 7., 8., 11., 13., 14., 15., 18., 20., 21. und 22. März um 20 Uhr im Theaterkeller Sindelfingen zu sehen, sonntags um 18 Uhr. Karten gibt es unter www.sindelfingen.reservix.de im Netz.