Bilder: Dettenmeyer/Hamann
Böblingen. Seit rund einem Jahrzehnt löst in der Böblinger Unterstadt eine Großbaustelle die nächste ab. Dieser Komplett-Umbau hinterlässt, wenig überraschend, sichtbare Spuren. Und drückt zunehmend auf die Stimmung der Böblinger. Denn in vielen Bereichen haben sich die Umfrageergebnisse für das SZ/BZ-Bürgerbarometer im Langzeitvergleich verschlechtert.
Auch die Frage „Wie gerne leben Sie in Ihrer Stadt?“ wurde von den Böblinger Einwohnern etwas zurückhaltender beantwortet. Gejammert werden muss bei 76 Prozent, die mit „sehr gerne“ und „gerne“ geantwortet haben, dennoch nur auf sehr hohem Niveau.
Doch offene Baustellen, die in Böblingen geschlossen werden müssen, das zeigen die Umfrage-Ergebnisse zum SZ/BZ-Bürgerbarometer deutlich, gibt es dennoch zu Genüge. Zum Serien-Finale gibt es hier noch einmal fünf davon.
Für 66 Prozent der Böblinger ist die Verkehrs- und Baustellensituation das größte Ärgernis in der Stadt. Kein Wunder: Seit bald einem Jahrzehnt läuft inzwischen der Umbau der Unterstadt – damit einhergehen seitdem Staus, die zunehmend an den Nerven zehren. Oberbürgermeister Dr. Stefan Belz spricht über die Baustellensituation in Böblingen vom „Tal der Tränen“ und schwört die Einwohner darauf ein, sich weiter in Geduld zu üben – denn mit Besserung wird erst Ende der 2020er-Jahre zu rechnen sein. „Dann dürften die Großbaustellen in der Unterstadt fertiggestellt sein“, so Dr. Stefan Belz.
→ Lesen Sie hier: "Darüber ärgern sich Sindelfingen und Böblingen: Verkehr, Verwaltung, wilder Müll"
„Wo sollen wir denn hin?“, fragt die 17-jährige Böblinger Jugend-Gemeinderätin Dorina Gllareva – sie vermisst alternative Treffpunkte für Jugendliche in der Stadt. Was laut Bürgerbarometer-Umfrage auch rund 30 Prozent der Einwohner so sehen. Treffen sich Jugendliche in Gruppen, werden sie laut Dorina Gllareva von öffentlichen Plätzen meist schnell vertrieben. Um solchen Konflikten aus dem Weg zu gehen, machen sich viele Jugendliche stattdessen in Kleingruppen auf den Weg und laufen mehr oder weniger ziellos durch die Stadt. Unterm Strich wünscht sie sich vor allem – so wie viele andere in ihrer Altersgruppe – Orte, an denen sich Jugendliche aufhalten dürfen. Treffpunkte zum Chillen. „Es muss gar nicht viel sein“, sagt sie „Einen Platz, vielleicht mit einem kleinen Dach, wo man niemanden stört.“ So ein Ort ist in Böblingen allerdings erst mal nicht in Sicht. Im Gegenteil. Zuerst muss ein neuer Standort für den Skatepark gefunden werden. Denn selbst am Baumoval gilt die Jugend inzwischen als Ruhestörer, ohne Erneuerung samt Installation von Schallschutzwänden darf der Park nicht mehr lange betrieben werden.
→ Lesen Sie hier: "Sindelfingen/Böblingen: "Wo sollen wir Jugendlichen denn hin?""
Nur noch 23 Prozent der Böblinger geben dem Erscheinungsbild ihrer Stadt bei der Bürgerbarometer-Umfrage die Noten „Sehr gut“ oder „Gut“ – vor drei Jahren waren es noch 70 Prozent. Im Langzeitvergleich seit 2010 wurde das Erscheinungsbild noch nie so schlecht von den Einwohnern benotet. Ein Ergebnis, das OB Dr. Stefan Belz nicht überrascht. „Wir leben gerade mitten im Umbau der Innenstadt mit all seinen Baustellen, Baugruben, mit Lärm und Schmutz“, sagt er. Und fügt hinzu, dass bei dieser schlechten Beurteilung auch dabei sei: „Sie heißt nicht gerade, dass wir in der Stadt beispielsweise alles verfallen lassen. Sondern es ist das Ergebnis für die negativen Begleiterscheinungen eines Umbaus. Ein Umbau, der im Ergebnis dazu dient und den wir geplant haben, um unsere Stadt zukunftsfähig zu machen, lebenswert und attraktiv zu gestalten.“
→ Lesen Sie hier: "Sindelfingen und Böblingen: Für das Erscheinungsbild gibt es ein dickes Minus"
Die Bürgerbarometer-Bewertungen in Böblingen für die Bereiche Ganztagesbetreuung, Kinderkrippen und Kindergärten gehen in Richtung Schulnote 4 – zu wenig für eine Stadt, die 2016 noch stolz darauf gewesen ist, mit dem Prädikat „Familienfreundliche Kommune plus“ ausgezeichnet zu werden. Zwar hat die Stadt seit 2019 eine Kita-Offensive mit dem Ziel, bis zu 600 weitere Betreuungsplätze zu schaffen – und baut seitdem auch eine neue Kita nach der anderen. So wie in der Breslauer Straße (Bild: Hamann), wo erst vor Kurzem eine neue in Betrieb gegangen ist. Das allerdings nur mit zwei anstatt geplanter fünf Gruppen – denn dafür fehlen die Fachkräfte. Insgesamt sind bei der Stadt Böblingen zurzeit rund 50 Vollzeit-Stellen im Kinderbetreuungsbereich unbesetzt. Eine offene Baustelle, die sich kurzfristig nicht schließen lässt.
→ Lesen Sie hier: "Sindelfingen und Böblingen kämpfen um mehr Kita-Personal"
Die Böblinger Stadtverwaltung hat für ihre Digitalisierungsfortschritte bei der Umfrage für das SZ/BZ-Bürgerbarometer von den Einwohnern die Note 4,1 erhalten – und schnitt damit ebenso dürftig ab wie Sindelfingen. Inzwischen dürfte die sich die Note etwas verbessert haben, denn im Böblinger Rathaus ist seit August 2022 das Team Digitalisierung am Start und arbeitet seitdem sowohl an der Einführung von Online-Bürgerdiensten wie der digitalen Beteiligungsplattform als auch der verwaltungsinternen Digitalisierung wie der Einführung der E-Ausländerakte oder der E-Bauakte. Gleichwohl ist diese Böblinger Baustelle zwar in Arbeit. Fertiggestellt ist sie aber noch lange nicht.
→ Lesen Sie hier: "Note 4: Mit Ach und Krach das Klassenziel erreicht"
→ Hier geht es zu den offenen Baustellen in Sindelfingen
Alle 33 Folgen des SZ/BZ-Bürgerbarometers gibt es im Dossier unter www.szbz.de im Internet.
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