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Ukraine-Hilfe für polnische Partnerstadt

Helfer-Bus aus Sindelfingen ist unterwegs nach Chelm

Die SZ/BZ begleitet diese Hilfsmission, ist im Bus mit dabei und berichtet hier in einem Ticker von unterwegs - inklusive interaktiver Karte.
Von Dirk Hamann

Sindelfingen/Chelm. 22 Uhr an der Sindelfinger Klosterseehalle: Ein Reisebus des Magstadters Jürgen Stäbler ist mit Hilfsgütern von der Sindelfinger Initiative "Helfen statt Hamstern" beladen und startklar für einen weiteren Hilfstransport an die ukrainische Grenze in die polnische Partnerstadt Chelm. Eine ganz besondere Reise: Denn diesmal werden von Jürgen Stäbler und dem Ehninger Bauunternehmer Bela Stahl nicht nur dringend benötigte Hilfsgüter ins Krisengebiet Geschickt, sondern auch 11 ehrenamtliche Helfer, die den Helfern in Chelm unter die Arme greifen wollen.

Interaktive Karte: Hier könnt ihr die Hilfsmission begleiten

Ankunft in Chelm

Karten: Volker Teufel

Zustande gekommen ist dieses spezielle Hilfsangebot vergangenes Wochenende, als Sindelfingens Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer selbst in Chelm, wo täglich rund 10000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ankommen und versorgt werden müssen, gewesen ist, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Dabei stellte er fest, dass die unermüdlich arbeitenden Helfer in Chelm am Ende ihrer Kräfte sind und dringend Unterstützung brauchen. Sofort brachen die beiden Feuerwehrmänner Chris Steibli und Peter Neumann nach Chelm auf, um dort für die ehrenamtlichen Kräfte alles was nötig ist, zu organisieren. "Mein Dank geht an alle ehrenamtlichen Helfer, die jetzt nach Chelm aufbrechen, um die Menschen vor Ort zu unterstützen und natürlich an die Initiative 'Helfen statt Hamstern', die seit Wochen unglaubliches leistet", sagte er.

Kurz nach Mitternacht in Franken

Kurz nach Mitternacht ist der Reisebus am Rasthof Frankenhöhe. "Die ersten 150 Kilometer haben wir schon geschafft", sagt Bela Stahl, der die ersten Stunden hinterm Steuer sitzt. "1300 Kilometer haben wir aber noch vor uns." Der guten Stimmung im Bus tut das keinen Abbruch: Die Helfer und Helferinnen nutzen die Zeit, um sich kennen zu lernen - und sind gespannt darauf, was in den kommenden sieben Tagen in Chelm auf sie zukommt.

Helfer folgt Helferbus

Auf dem Rasthof Fränkische Schweiz legt der Helfer-Bus um 1.45 Uhr einen ersten Stopp ein. Kurz darauf hält ein Auto hinter dem Bus, vollbeladen mit Hilfsgütern. Aus dem Auto steigt ein Mann, der in Böblingen aufgewachsen und in Fußballerkreisen bekannt ist: Markus Kröll fährt auf eigene Faust nach Chelm. Warum? "Ich konnte einfach nicht mehr zuhause sitzen und nichts tun, diesen armen Menschen muss man doch helfen - und jedes bisschen hilft", sagt er. Also hat er in der vergangenen Woche Läden abgeklappert, Lebensmittelspenden und Geld gesammelt und hat sich auf den Weg gemacht.

"Außerdem habe ich eine Familie in Aalen gefunden, die vier Flüchtlinge aufnehmen will, wenn ich sie abhole. Das mache ich natürlich", so Markus Kröll, der sich auf dem weiteren Weg nach Chelm hinter den Bus aus Sindelfingen klemmen will. "Dadurch komme ich vor Ort auch zu den richtigen Ansprechpartnern", sagt er.

Noch 721 Kilometer

Um 6 Uhr ist die polnische Grenze erreicht. Die elf Helfer und Helferinnen im Bus sind noch immer gut gelaunt, die Fahrer Bela Stahl und Jürgen Stäbler entspannt - auch wenn es erst einmal nicht so schnell weitergeht, wie erhofft. Der Grund: Vor der Weiterfahrt muss zuerst eine Maut-App installiert und aktiviert werden. Und das dauert. Nach einer halben Stunde ist die komplizierte Prozedur beendet, weiter geht's in Richtung Chelm. "Die halbe Strecke haben wir geschafft", sagt Bela Stahl, der die nächste Etappe hinterm Steuer sitzt. "Das Glas ist also halb voll oder halb leer."

Kurz vor Lodz

Der Helfer-Bus aus Sindelfingen befindet sich jetzt kurz vor Lodz, Ankunft in Chelm ist am späteren Nachmittag. Von dort meldet sich Chris Steibli, Sindelfinger Feuerwehrmann der bereits vor Ort ist, um den Einsatz der 11 ehrenamtlichen Helfer vorzubereiten. "Als erstes werden wir sie zu ihrer Unterkunft bringen, uns kennen lernen und das weitere Vorgehen besprechen", sagt er. Und stellt sich dazu selbst auf eine kurze Nacht ein: "Am späten Abend geht's zum Bahnhof, wo wieder viele Flüchtlinge aus der Ukraine eintreffen - am frühen Morgen zu einer Unterkunft, um Flüchtlinge abzuholen, die am Sonntagmorgen mit zurück nach Sindelfingen fahren wollen."

300 Kilo Brot im Gepäck

Noch 70 Kilometer bis Warschau sind es noch für den Helferbus, der jetzt wieder von Jürgen Stäbler gefahren wird. Der Bus wurde übrigens nicht nur beladen mit dem Gepäck der elf Helfer, sondern auch mit Hilfsgütern. Unter anderem befinden sich im Laderaum 300 Kilo Brot, die die Bäckerei Sehne und die Weil der Städter Bäckerei Tiefenbach gespendet hat. Bela Stahl hat Konservendosen dazu gepackt, die Initiative "Helfen statt Hamstern" zwei Hubwägen, Kisten mit Bananen und Wasser sowie Medikamente und Babynahrung.

Helfende Hände

Noch 200 Kilometer: Jürgen Stäbler hat den Helferbus inzwischen an Warschau vorbeigeführt und steuert ihn in Richtung Lublin. Von dort aus geht es direkt nach Chelm - und dort nicht zuerst zum Übernachtungsquartier, sondern zu einer Lagerhalle, um die Hilfsgüter abzugeben. "Hier sitzen 26 zusätzlich helfende Hände im Bus", sagt Bela Stahl. "Auf die verzichten Jürgen und ich beim Ausladen nicht."

Kloß im Hals

Kurz vor Lublin wird es still im Helferbus. Denn beim Überholen von Lastern aus Großbritannien, die Panzer und anderes Militärgerät transportieren, wird jedem klar: Wir befinden uns ganz nahe an der Grenze zur Ukraine, ganz nahe am Kriegsgeschehen. Mit einem dicken Kloß im Hals geht's weiter Richtung Chelm. Weiter in Richtung Grenze.

Endspurt

Das Ziel ist in Sicht, in 45 Minuten soll der Helferbus in Chelm ankommen. Nach 17 Stunden Reisezeit sind alle Helfer erschöpft aber nach wie vor gut gelaunt. Und vor allem: hoch motiviert.

Die SZ/BZ begleitet diese Hilfsmission, ist im Bus mit dabei und berichtet in einem Ticker von unterwegs. Dazu berichten wir in unserer Montagausgabe direkt aus Chelm.