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Ab 1. März werden die Kontrollen verstärkt

Böblingen: 10.000 Falschparker im letzten Jahr

Diese beiden Zahlen dokumentieren die Problematik, die auf Böblingens Verkehrswegen herrscht: Im Jahr 2021 verzeichnete das Ordnungsamt 12 000 Falschparker, im vergangenen Jahr waren es 10 000. Die Dunkelziffer liegt weit darüber, das Amt erwischt nur einen geringen Teil derjenigen, die ihr Fahrzeug nicht regelgerecht abstellen.
Von Thomas Oberdorfer
Der Behindertenparkplatz auf dem Postplatz wird in seltensten Fällen von Autofahrern mit Berechtigungsschein genutzt. Bild: Oberdorfer

Der Behindertenparkplatz auf dem Postplatz wird in seltensten Fällen von Autofahrern mit Berechtigungsschein genutzt. Bild: Oberdorfer

Böblingen. Der Rückgang von 2000 verkehrswidrig geparkten Fahrzeugen wirkt auf den ersten Blick positiv, das Gegenteil aber ist der Fall: Das ist nur dem Umstand zu verdanken, dass Amtsleiterin Gisa Gaietto im Bereich des Gemeindevollzugsdiensts (GVD) 2022 im Vergleich zu 2021 weniger Personal zur Verfügung stand. Wer mit offenen Augen in der Stadt unterwegs ist, erkennt: Falschparken grassiert.

Falschparken beeinträchtigt jeden: Eltern, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind und auf die Straße ausweichen müssen, da der Gehweg zugeparkt ist. Menschen, die auf einen Rollstuhl oder einen Rollator angewiesen sind und ein im Weg stehendes Auto nicht passieren können. Verkehrsteilnehmer, die berechtigt sind, einen Behinderten-Parkplatz zu nutzen, der aber unbotmäßig belegt ist. Kinder, die mit ihrem Roller oder ihrem Rad nicht sicher den Gehweg nutzen können, da dieser blockiert ist. Nicht zuletzt Fußgänger, die einen Zebrastreifen nicht wie gedacht betreten können, da just auf einem Zebrastreifen ein Wagen steht.

Vier Mitarbeiter standen Gisa Gaietto im vergangenen Jahr im Bereich des GVD zur Verfügung. In diesem Jahr muss sie ebenfalls mit vier Mitarbeitern auskommen, dennoch werden die Kontrollen ausgeweitet: „Wir werden ab dem 1. März mehr in die Abendstunden gehen und auch an den Wochenenden verstärkt kontrollieren“, sagt Gaietto. „Wir können nicht flächendeckend überall sein. Ab März wird für die Falschparker aber das Risiko sehr viel höher, aufgeschrieben zu werden.“ Das Stichwort heißt Kontrolldruck. „Die Wirkzusammenhänge zwischen Kontrolldruck, Sanktionshöhe und Verhaltensänderung sind wissenschaftlich erwiesen“, schreibt das Baden-Württembergische Verkehrsministerium in seinem „Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr“ aus dem Jahr 2020. Sprich, steigt die Gefahr, erwischt zu werden, parken weniger Autofahrer falsch.

Derzeit allerdings müssen sich die Fahrzeuglenker in Böblingen sehr sicher sein, ungeschoren davon zu kommen. Ein Gang durch die Innenstadt lässt jedenfalls darauf schließen: So wird der Behindertenparkplatz am Postplatz auf Höhe des Restaurants Platzhirsch intensiv genutzt, in den seltensten Fällen von Berechtigten. In Richtung Käppele werden rechter Hand regelmäßig Autos in den Buchten zwischen den Laternen abgestellt. Intensiv als Parkplatz missbraucht wird der Gehweg vor dem Schnellrestaurant Subway. Wie selbstverständlich stehen dort insbesondere in den Abendstunden Autos, inzwischen wird auch am Zebrastreifen gehalten. Es ist nicht nur ein Automobil, es sind oft zeitgleich mehrere Wagen, die den Weg versperren. „Ein Falschparker zieht den anderen an, es gibt diesen Nachzugseffekt“, sagt dazu Gianluca Biela, Pressesprecher der Stadt Böblingen. Was auffällt: Immer mehr unzulässig parkende Fahrer schalten das Warnblinklicht ein. „Es wirkt so, als ob damit das Falschparken legitimiert werden soll“, sagt Biela. Die Verkehrsteilnehmer begehen damit allerdings eine weitere Ordnungswidrigkeit, denn die missbräuchliche Nutzung des Warnblinklichts kostet laut Bußgeldkatalog fünf Euro.

Aus den Fugen geraten sind auch die Zustände an der Kreuzung Bären-Kino und Hotel Wanner. Kunden der angrenzenden Betriebe stellen ihre Autos ab, kreuz und quer, auf den Gehwegen, den Zebrastreifen. Wer beispielsweise dort Falschparker anspricht, wird zunehmend in eine Diskussion verwickelt. Von Einsicht keine Spur, Ausfälligkeiten sind dafür an der Tagesordnung. „Was geht dich das an?“, ist eine der freundlichen Formulierungen. „Hau ab“, ist ein Klassiker. Weniger druckreife Beleidigungen werden gerne genutzt. „Die Uneinsichtigkeit hat zugenommen, es wird mehr diskutiert“, ist auch die Erfahrung von Gisa Gaietto. Das gelte ebenso für andere Bereiche der Ordnungswidrigkeiten und nicht nur für das falsche abstellen von Fahrzeugen.

Werden in diesem Jahr ab dem 1. März die Kontrollen intensiviert, so soll ab dem kommenden Jahr der besagte Kontrolldruck deutlich erhöht werden: Weitere vier Personen werden dann im GVD tätig sein. Für diejenigen, die keinen Parkplatz finden oder keinen suchen wollen, bietet sich eine Lösung an, um einem Strafzettel zu entkommen: In den Böblinger Parkhäusern ist die erste halbe Stunde kostenfrei.