Hirsauer Tunnel: Platz für Zug und Fledermaus
Calw/Weil der Stadt. Am öffentlichen Besuchstermin wurde nicht nur das 150 Jahre alte Gewölbe unter sachkundiger Führung erkundet, auch der neu erbaute Ersatzstollen für die Fledermäuse durfte begangen werden.
Rund 50 Gäste, die teils von weit her angereist waren, nutzten die seltene Gelegenheit. Eingeladen hatten die Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn (BAUS) und die Calwer Sektion des Naturschutzbundes (Nabu). „Wir wollen zeigen, dass das Miteinander von Eisenbahn und Naturschutz funktionieren kann“, so Hans-Joachim Knupfer (Leonberg) von der Bürgerinitiative. Holger Schwolow, Technikchef des kommunalen Zweckverbandes Hermann-Hesse-Bahn beim Landratsamt Calw erläuterte die Sanierungsarbeiten in dem über einen halben Kilometer langen Tunnelgewölbe aus Hirsauer Buntsandstein, wo nun Steinquader für Steinquader und Fuge für Fuge abgeklopft und durch einen Fachbetrieb wieder ergänzt wird.
Eine Kammer für die Fledermäuse
Schwolow zeigte auch die so genannte Fledermauskammer: Dabei wird etwa ein Drittel des Tunnelquerschnitts bis unter den Gewölbescheitel druckdicht abgegrenzt, so dass dieses Raumvolumen weiter komplett den Fledermäusen vorbehalten bleibt. Dort werden sie vom Zugverkehr nicht gestört. Zahlreiche weitere Vorbereitungen, wie wieder geöffnete Mauerfugen oder nun eingebaute Hohlblocksteine, sollen den Tieren in diesem Längsabschnitt des Tunnels noch besseren Lebensraum bieten als bisher. Holger
Schwolow betonte, dass für den heute vorgeschriebenen Fluchtweg aus dem Tunnel immer noch genügend Platz besteht, sogar für eine mögliche spätere Elektrifizierung der Bahnstrecke mit Hilfe einer Deckenstromschiene im Tunnel.
Laut Renate Fischer vom Nabu Calw, der mit Hilfe seines Landesverbandes und des Stuttgarter Verkehrsministeriums die jetzige „Vorzeigelösung“, wie Fischer es nannte, erreicht hat, bildet ein alter Eisenbahntunnel, vor allem mit dieser Dimension wie in Hirsau, nicht nur ein sehr wertvolles Winterquartier, sondern im Frühjahr auch „einen phantastischen Schwärmplatz für die Fledermäuse, das ist wie eine Art Fledi-Disco!“
Entsprechend erwartungsvoll wird das eigens in den Hang gebohrte Ersatzquartier betrachtet, das einige Steinwürfe entfernt vom alten Tunnel am Hang des Hirsauer Welzberges liegt – eine Art Mischung zwischen Eiskeller, Weinlagergewölbe und Bergwerksstollen. Auch wenn Fledermäuse „sehr standorttreu“ sind, so Fischer, seien die Jungtiere auch neugierig und hätten das Ausweichquartier bereits erkundet. Es handel sich um ein spannendes Experiment: „Die tierkundliche Fachwelt blickt auf Calw.“
Hans-Joachim Knupfer, seit 35 Jahren um die Wiederbelebung der Bahnstrecke engagiert, ergänzte. dass die Flugtiere seit jeher auch zur Zeit des aktiven Eisenbahnbetriebes in den Tunneln hausten, selbst zur Epoche der Dampflokomotiven: „Das haben uns die alten Calwer Bahnmeister schon vor zig Jahren bestätigt.“