Kreis Böblingen: Landrat Roland Bernhard schreibt Bundesgesundheitsminister Lauterbach
Kreis Böblingen / Berlin. Der Landrat Roland Bernhard hat einen offenen Brief an den Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach verfasst. Darin bringt es Roland Bernhard auf den Punkt: „Die Reform ist notwendig, doch sie darf nicht zur Revolution werden“.
In dem Brief heißt es unter anderem: „Die Krankenhausreform, wie sie momentan zur Debatte steht, wird drastische Auswirkungen haben. Berechnungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) zeigen: Von den in Baden-Württemberg untersuchten 186 Krankenhäusern wären lediglich 33 in den angedachten Versorgungsstufen 2 und 3; für bis zu 136 Häuser (fast 3 von 4) wäre die Zukunft ungewiss. Das sind gewaltige Ankündigungen, die mir als Landrat und Aufsichtsratsvorsitzendem der Kreiskliniken Böblingen gGmbH in der Trägerschaft des Landkreises Böblingen größte Sorgen bereitet.“
Die Kreiskliniken Böblingen gGmbH ist Teil des Klinikverbunds Südwest (KVSW), dessen Träger die beiden Nachbarkreise Böblingen und Calw sind. Bei dessen Fusion 2006 war es das Ziel, eine wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten; heute ist der KVSW mit sechs Standorten (vier davon im Landkreis Böblingen) und rund 6000 Mitarbeitenden eine der größten und leistungsfähigsten kommunalen Gesundheitseinrichtungen in Süddeutschland. Wie wichtig auch kleinere Häuser sind, das haben insbesondere die vergangenen Pandemiejahre gezeigt; in den vier Kliniken im Landkreis Böblingen wurden über 6000 stationäre Corona-Patienten versorgt, rund ein Drittel in den kleineren Standorten Herrenberg und Leonberg. Durch diese Entzerrung konnten die großen Versorger zum Beispiel in den onkologischen Zentren zeitkritische Tumorpatienten behandeln.
Ferner schreibt Roland Bernhard (Bild: z): „Würden die aktuellen Pläne nun 1:1 umgesetzt, wären gerade diese kleineren Häuser wie der Klinikverbunds Südwest (KVSW), und damit millionenschwere Investitionen in Klinikstrukturen und die wohnortnahe Versorgung der Bürgerschaft gefährdet. Erst vor wenigen Tagen haben wir einen Stopp geplanter Arbeiten am Standort Leonberg ausgesprochen. Dort laufen Modernisierungsarbeiten für geplante 87 Millionen. Wir haben die nächsten Vergaben nun gestoppt, weil die Auswirkungen der Reform auf einzelne Klinikstandorte derzeit nicht absehbar sind. Dies geht jedoch zu Lasten einer modernen, medizinischen Versorgung. Eine Reform ist richtig und wichtig; ein „Weiter-So“ kann es schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht geben.“
Des Weiteren heißt es in dem offenen Brief: „Getätigte Millioneninvestitionen in medizinische Infrastruktur müssen berücksichtigt werden und wir brauchen zügig Klarheit für anstehende Investitionen in laufende Bau- und Sanierungsmaßnahmen. Bei der anstehenden Reform muss sich der Blick zwingend auf die unterschiedlichen regionalen Versorgungsbedarfe richten; diese lokalen Gegebenheiten müssen in den anstehenden Bund-Länder-Gesprächen einbezogen werden. Stand heute müssten sich aufgrund der Levelneuzuordnung und der angewandten 30-Minuten-Regel bundesweit 52 Prozent aller werdenden Mütter einen neuen Standort für die Geburt suchen.“
Ferner heißt es: „Aber auch auf anderen Gebieten muss es aus unserer Sicht angesichts einer überaltern-den Bevölkerung regional Freiräume geben, beispielsweise in der geriatrischen oder auch palliativen Versorgung. Hier ist Wohnortnähe oberstes Gebot, für Patienten und auch Angehörige. Wir haben schon jetzt die klare Vorgabe, dass sich laufende und künftige Baumaßnahmen perspektivisch an der Medizinkonzeption unserer Häuser orientieren müssen, die aktuell auch fortgeschrieben wird. Die Fortschreibung wiederum orientiert sich an den neuen bundesweiten Rahmenbedingungen. Mit den aktuellen Reformplänen wäre jedoch die medizinische Versorgung unserer Region nicht mehr sichergestellt. Insbesondere sorgen die Pläne auch sowohl unter Patienten als auch innerhalb der Belegschaft der Kliniken für enorme Verunsicherung. Hochqualifizierte Fachkräfte bangen um die Zukunft ihrer Standorte.“
Der Landrat endet: „Ich appelliere an Sie, sich für ein gerechtes und schlüssiges medizinisches Zielbild einzusetzen, das sowohl einen vernünftigen Reformprozess als auch eine flächendeckende Versorgungssicherheit gewährleistet, und das die lokalen Gegebenheiten und Unterschiede unter den Ländern berücksichtigt.“

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