

Renningen. Anfang 2021 fing alles an. Der elfjährigen Kim ist übel, ihren Eltern fallen ungewöhnliche blaue Flecken auf. Der Kinderarzt schließt auf einen Eisenmangel und schickt sie mit Tabletten nach Hause.
Als die vierköpfige Familie am 6. April in den Urlaub aufbrechen möchte, liegt Kim weinend mit Brustschmerzen und Krämpfen im Bett. Der Notarzt kann nichts feststellen. Im Krankenhaus dann die niederschmetternde Diagnose: Kim hat Blutkrebs. „Das Thema scheint ja immer so weit weg. Plötzlich waren wir mitten drin. Dann aber sofort der Gedanke: Wir schaffen das!“, so Kims Vater Ralph Geyer.
Die Familie hält zusammen
Für die Chemotherapie die nun folgt, muss Kim ständig ins Stuttgarter Krankenhaus "Olgäle". Lena bekommt ihre kranke Schwester kaum zu Gesicht. Normalerweise sind die beiden unzertrennlich. Sie schauen gemeinsam Disney-Filme und lieben es zu reiten. „Als Eltern von Zwillingen konnten wir von Anfang an nur als Team funktionieren“, sagt Papa Ralph.
Als Team müssen sie auch diese Herausforderung meistern. In den 20 Wochen der Chemotherapie kann Kim sporadisch für ein paar Tage nach Hause nach Renningen. Auch dort findet die Familie keine Ruhe: „Sobald irgendwas nicht stimmte, mussten wir zurück ins Krankenhaus. Einmal bekam Kim hohes Fieber. Sie hatte einen Infekt und durfte zehn Tage nicht nach Hause. Zwei Tage später musste sie schon wieder zum nächsten Chemo-Block ins Krankenhaus“, erzählt Ralph Geyer von Kims Therapie.
Künstliche Ernährung und Morphintherapien
Zu den ganzen Strapazen durch die Krankheit kommt Corona dazu. In die Klinik dürfen nur die Eltern. Die müssen strenge Testauflagen befolgen. In der Hochzeit der Pandemie waren für das Krankenhaus nur klinikeigene Tests zulässig. Außerdem bekommt Kim im April 2021 einen Katheter in die Schulter gesetzt. Als dieser verkeimt, muss er operativ entnommen und eine Woche später neu eingesetzt werden. Im Oktober sollte er endgültig entfernt werden. Kims Papa erinnert sich an die damit verbundenen Schwierigkeiten: „Das Krankenhaus war wegen Corona ausgelastet. Die Entnahme des Katheters wurde verschoben und verschoben. Dabei wollte Kim doch einfach nach Monaten mal wieder ins Schwimmbad.“
Er erzählt, dass es für Außenstehende unvorstellbar sei, was so eine Diagnose bedeutet: „Wir haben mittlerweile alles durch. Künstliche Ernährung und Morphintherapien.“ Trotzdem sei er dankbar für die Arbeit des Klinikpersonals, das trotz Pandemie hervorragende Arbeit geleistet habe.
Erneute Schockdiagnose
Nach der Chemotherapie muss Kim ab September 2021 ein Jahr in Dauertherapie. Sie bekommt weiterhin Chemo-Spritzen, ihre Blutwerte werden laufend kontrolliert. Die Behandlung soll im August enden. Im Januar 2022 ergeben sich leicht veränderte Blutwerte: Der Krebs ist zurück. Eine Stammzellspende ist damit unausweichlich. Kims Eltern und die zweieiige Zwillingsschwester wurden nach einer ärztlichen Untersuchung als Spender ausgeschlossen. „Wir sind davon überzeugt, dass wir einen Spender finden. Kim geht es momentan ganz gut. Deswegen haben wir die Zusammenarbeit mit der DKMS aufgenommen.“
Mithilfe der DKMS und einer kleinen „Task Force“, wie Ralph Geyer die Helfer der Familie beschreibt, wird ein umfassender Internetauftritt hochgezogen. Eine gute Freundin erstellt Accounts bei Facebook und Instagram. Bei der DKMS bekommt Kim eine eigene Infoseite. Mittlerweile haben sich über 800 Menschen für Kim bei der Spenderdatei registriert.
In Deutschland erhält alle zwölf Minuten ein Patient die Diagnose Blutkrebs. Dabei sind nur sechs Millionen Bundesbürger registriert. Kims Familie möchte das ändern: „Wir haben diese Aktion aus zwei Gründen begonnen. Erstens wissen wir nicht, ob für Kim schon ein passender Spender in der Kartei ist. Zweitens ist es erschreckend, wie wenige Menschen über die DKMS Bescheid wissen. Mit dem Aufruf können wir für viele etwas verändern.“
Allseitige Unterstützung
Freunde und Familie verbreiten Kims Geschichte so gut wie möglich. Aber auch bei allen anstehende Aufgaben des Alltags kann sich die Familie auf deren Hilfe verlassen. „Es ist wirklich Glück im Unglück, wie viel Unterstützung wir erfahren“, sagt Ralph Geyer dankbar. Die Leiterin des Vereins der Palliativ-Care-Teams im Kreis Böblingen, Martina Steinbrenner, hat für Kim eine Aktion gestartet. Die Elfjährige bekommt Post von Menschen aus der ganzen Welt, die ihr Mut zusprechen.
Noch wichtiger als die Unterstützung ist für Kim nun eine Transplantation. Im Moment ist sie in Augsburg in ambulanter Therapie. Alle 28 Tage fährt sie mit ihrer Mama fast 200 Kilometer, um sieben Tage hintereinander per Transfusion ein Medikament zu bekommen, das verträglicher sein soll, als eine erneute Chemotherapie. Während der Behandlung leben Kim und ihre Mutter im Elternhaus an der Klinik. Lena und Vater Ralph kommen immer übers Wochenende zu Besuch, um zumindest etwas Zeit zu viert zu verbringen. Die Familie hofft in den nächsten drei Monaten einen Termin für eine Transplantation zu bekommen. Dazu muss aber der passende Spender her.
Werden Sie Spender
Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann Kim und anderen helfen und sich mit wenigen Klicks über www.dkms.de/kim die Registrierungsunterlagen nach Hause bestellen. Wer bereits registriert ist, muss nicht erneut teilnehmen. Erfasste Daten stehen auch weiterhin für Patienten auf der ganzen Welt zur Verfügung. Jeder Teilnehmer sollte seine Daten aktuell halten. Nur so können mögliche Spender kontaktiert werden.