

Sindelfingen. „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“. Das galt in gewissem Sinne auch beim Gastspiel von Matthias Klink, Nathalie Karl und dem Magnus Mehl Quartett im Rahmen der Biennale im Odeon.
Der in Teamarbeit sorgfältig zusammengestellte Abend begann recht süffig und heiter mit vielen bekannten und beliebten Songs. Doch wer Brecht, Weil und Eisler etwas besser kennt, weiß, dass den Herren vordergründige Unterhaltung ein Graus war. Und so verdüsterte sich die Stimmung bereits am Ende des ersten Teils deutlich.
Haben Teile der Dreigroschenoper schon fast Volksliedstatus, so sind etwa „Mahagonny“ oder das „Berliner Requiem“ eher unpopulär. Am Schluss aber steht doch wieder die Hoffnung: Im utopischen Youkali beschwört Natalie Karl mit biegsamer Stimme Hoffnung, Liebe und Freiheit.
Damit hat das Ensemble das Biennale-Motto „Freiheit und Verantwortung“ voll getroffen. Es wurde sehr nuanciert musiziert. Insbesondere Matthias Klink kann seine Qualitäten als Sänger der internationalen Extraklasse mit oder ohne Mikrofon voll ausspielen. Immer wieder überrascht auch das bestens besetzte Magnus-Mehl-Quartett mit originellen Arrangements und Improvisationen.
Natürlich setzt sich hier besonders der Namensgeber mit Saxofon oder Bassklarinette besonders in Szene, lässt aber den Kollegen an Klavier (Frank Eberle), Bass (Yaron Stavi) und Schlagzeug (Ferenc Mehl) ebenfalls viel Freiheit.
Überhaupt wirkt der Abend durch seine Geschlossenheit: Ein großer inhaltlicher Spannungsbogen zieht das Publikum auch an den vermeintlich schwierigeren Stellen mit und die Spielfreude, ja der schon fast freundschaftlich wirkende Spirit aller Mitwirkenden, überträgt sich vom ersten Moment an auf den Saal.
Das schließt auch Stefan Grießhaber ein, der Konzeption und Technik mitverantwortet. Er inszeniert mit minimalen Mitteln, setzt ein paar kleine, aber wirkungsvolle Lichteffekte ein und macht das Odeon zur Spelunke, zur Stadt oder zum Kriegsschauplatz.
Bleibt als Bilanz ein stimmiger Abend mit beängstigender Aktualität. Wenn es in Brechts Kanonensong von 1928 heißt: „Für die Armee wird jetzt wieder geworben“, wird einem angesichts der Diskussionen um die Wehrfähigkeit Deutschlands doch ganz anders.